Wofür du stirbst
der erste Datenstapel zu Colins Handy. Mehr folgt.« In der zweiten Mail lautete die Nachricht nur: »Weitere Daten für dich«. Weitere sechs Exceltabellen.
Die dritte und vierte Mail enthielten keine Nachrichten mehr, nur noch Tabellen. Mist, Mist. Es würde Wochen dauern, sie genau durchzusehen. So viel Zeit hatte ich nicht. Ich sicherte alle Tabellen in meinem persönlichen Ordner, dann würde es wenigstens eine Weile dauern, bis man sie fand – falls überhaupt jemand danach suchte. Ich öffnete die Tabelle mit den Telefonnummern, die mir bis jetzt zur Verfügung standen, und fügte all jene hinzu, von denen Colin angerufen hatte, also alle Nummern der SIM-Karten, die er eingesetzt hatte. Ich versah die Daten, die Frosty für mich recherchiert hatte, mit dem jeweiligen Datum, sodass sich eine Verweisliste ergab, nach der ich mich richten konnte, wenn es zu verwirrend wurde.
Ich verglich die Aufzeichnungen der Anrufe und hatte nun alle Anrufe von allen SIM-Karten vor mir, die Colin getätigt hatte.
Und sehr schnell entdeckte ich, was ich zu entdecken gehofft hatte.
Zusätzlich zu den ausgehenden Anrufen von Colins SIM-Karte an die Handys, die die Polizei bei den Leichen gefunden hatte, gab es noch andere Nummern, die dasselbe Anrufmuster aufwiesen. Es gab also noch mehr Personen, die man noch nicht gefunden hatte. Ich notierte sie mir. Ich machte mir eine Notiz, auch frühere Anruflisten anzufordern. Er machte das wohl schon ziemlich lange.
Und dann fiel mir doch noch etwas auf – die ausgehenden Anrufe an die Opfer waren nicht die einzigen Anrufe, die er getätigt hatte. Da war noch eine Festnetznummer, die auf drei Rechnungen auftauchte, und als ich sie in die Suchmaschine eingab, zeigte sich, dass sie einem chinesischen Schnellimbiss in der Stafford Road in Briarstone gehörte. Dann ein weiterer Festnetzanschluss, ein einziger ausgehender Anruf an das Pflegeheim Larches Residential Home in Baysbury. Und eine Mobilnummer – dieselbe Nummer tauchte auf zwei verschiedenen Rechnungen mit ausschließlich ausgehenden Anrufen auf. Die Tatsache, dass die Nummer auf mehr als einer Rechnung auftauchte, war von höchster Wichtigkeit. Wem immer dieses Handy gehörte, war eine lebende Person, mit der Colin sprach. Und der letzte telefonische Kontakt hatte am Mittwoch zur Mittagszeit stattgefunden. Egal, wer es war, vermutlich war er noch am Leben.
Ich trug die Nummer zuerst in die Suchmaschine ein, hatte aber kein Glück. Dann versuchte ich die Straftäterdatenbank, auch da ohne Erfolg. Schließlich gab ich die Nummer in die Notrufprotokollsuche ein, auch wenn ich mir nicht viel davon erhoffte und ich noch immer zwölf Rechnungsstapel durchzusehen hatte.
Doch da kam ein Treffer. Anrufprotokoll 13-0189, von heute. Die Nummer kam mir bekannt vor, und als ich darauf klickte, wusste ich auch sofort, warum.
AUDREYS FREUND, KORREKTUR, EXFREUND HEISST
VAUGHN BRADSTOCK, WOHNHAFT IN BRIARSTONE,
TELEFONNUMMER 0 76 72 39 29 13
Das war Vaughns Nummer. Colin hatte stets eifrig die SIM-Karten ausgetauscht, aber in diesem Fall darauf verzichtet. Er hatte Vaughn von seinem Handy aus angerufen.
Ich setzte ein Protokoll für all meine Suchen und Fragen auf. Natürlich durfte ich nicht länger an dem Fall arbeiten, doch falls man mir jemals Fragen zu meinem Verhalten stellen sollte, wollte ich ein nachvollziehbares Protokoll meiner Vorgehensweise vorlegen können. Ich ermittelte nicht nur aus Neugierde, oder weil ich mir irgendeinen persönlichen Vorteil davon erhoffte. Ich ermittelte wegen Audrey. Trotz dieser Rechtfertigung klopfte mein Herz immer noch wie wild in meiner Brust, als ich mich in die Telefondatenanforderungsliste im Intranet einloggte und mir die Daumen drückte. Meine Anfragen waren noch in Arbeit – hier hatten sie meine Autorisierung zumindest nicht entfernt! Zum Glück. Ich prüfte die Ergebnisliste, ob sich seit Frostys Mail noch etwas ergeben hatte, aber da war nichts.
Nichts. Ich hatte auf einen Bericht der Spurensicherung zu Colins Handy gehofft, jenem Handy, das man bei seiner Verhaftung beschlagnahmt hatte, doch falls überhaupt ein Bericht angeordnet worden war, lag er noch nicht vor. Manchmal dauerte so etwas Wochen; das hing vom Arbeitsaufkommen, den Fällen und der Dringlichkeit ab. Und da man Colin nicht unter Anklage gestellt, sondern freigelassen hatte, war die Dringlichkeitsstufe in diesem Fall ziemlich niedrig.
Die Verbindungsdaten für Colins eigene Nummer, diejenige, die er angegeben
Weitere Kostenlose Bücher