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Wofür du stirbst

Wofür du stirbst

Titel: Wofür du stirbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haynes
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du nicht besonders gut mit Zahlen umgehen; du würdest die ganze Zeit nur durcheinanderkommen.«
    Das Gehalt wäre nicht viel besser gewesen als das, was ich damals in der Kanzlei verdiente, dafür hätte ich bessere Aufstiegschancen gehabt – wer damals dort erst angestellt wurde, hatte einen Job auf Lebenszeit. Vermutlich war sie deshalb dagegen, dass ich mich dort bewarb. Ich denke, sie hatte Angst, mich zu verlieren, sogar schon vor fünfzehn Jahren.
    Als ich die Stellenausschreibung der Polizei sah, erzählte ich ihr erst gar nicht, dass ich mich beworben hatte. Das tat ich erst, als ich den Brief mit der Zusage bekam. Sie war entsetzt.
    »Dann musst du eine Uniform tragen«, hatte sie gesagt. »Möchtest du das? Falls sie überhaupt eine haben, in die du reinpasst.«
    »In dem Job trage ich Zivilkleidung, Mom; da muss man keine Uniform tragen, außer man arbeitet in der Leitstelle oder am Empfang.«
    »Aber du weißt doch, was man über Polizisten sagt.«
    »Was denn?«
    »Dass das liederliche Kerle sind. Die betrügen alle ihre Frauen. Sie werden nach fünf Minuten alle hinter dir her sein.«
    Schön wär’s! Ich muss lachen, wenn ich jetzt daran denke, obwohl ich mir schon ein wenig Sorgen machte, als ich mit dem Job anfing. Ich brauchte eine Weile, um mich mit meinen Kollegen vertraut zu machen – sie schienen sich alle besser auszukennen als ich –, doch ich konzentrierte mich auf die Details, und bald wurden neue Leute angestellt, die ich einarbeiten musste.
    Ich parkte den Wagen drei Straßen von meinem Haus entfernt und lief in der Dunkelheit nach Hause. Meine Füße schmerzten, obwohl ich den ganzen Tag gesessen hatte.
    Mein Haus und das nebenan lagen im Dunklen; von der Straße gesehen unterschied sie nichts, nicht einmal das Unkraut in den Gärten. Ich würde mich am Wochenende endlich darum kümmern. Irgendwie zog mich das Haus nebenan magisch an, ich spähte durch das Fenster, sah aber nichts – kein Licht. Die Tür zum Flur war geschlossen, vermutlich so wie immer.
    Ich sah nichts und roch nichts.
    Die Katze strich um meine Beine und wunderte sich offensichtlich, warum ich im überwucherten Blumenbeet des Nachbargartens stand. Du wohnst hier nicht, du dumme Kuh, schien sie sagen zu wollen. Hast du jetzt auch noch vergessen, wo du wohnst?
    Ich verließ das Nachbargrundstück und suchte in meiner Tasche nach dem Schlüssel. Mein Flur war leer und still. Ich hatte vergessen, die Zeitschaltuhr für die Zentralheizung einzustellen, und im Haus war es eiskalt. Die Katze versuchte mir ein Bein zu stellen, als ich in die Küche ging, obwohl ich sie anschnauzte und ihr sagte, dass sie auch nichts davon hätte, wenn ich mit gebrochenem Fußknöchel im Flur läge.
    Ich knipste das Licht in der Küche an, holte die Schachtel Trockenfutter vom Regal und schüttete etwas davon in ihr Schälchen. Sie maunzte mich in den höchsten Tönen an, bis ihr die Stimme versagte.
    Die Katze war gefüttert, ich hätte mir auch etwas zu essen machen, zum Kühlschrank – noch wahrscheinlicher zum Gefrierfach – gehen und mir was Anständiges mit Gemüse und gesunden Sachen zubereiten sollen. Doch ich hatte keinen Appetit. Ich lächelte bei dem Gedanken, dass diese ganze Angelegenheit mir im Gegensatz zu allen Diäten am Ende beim Abnehmen helfen würde.
    Im Haus herrschte dröhnende Stille, und es war kalt.
    Ich machte das Radio an und hoffte, den morbiden Schleier, der sich über meine Schultern gelegt hatte, mit etwas Aufmunterndem zu vertreiben. Ein nicht identifizierbarer Song ging soeben zu Ende.
    »… falls Sie gerade erst zugeschaltet haben, wir sprachen soeben über die Aktion des Briarstone Chronicle . Eine gute Sache, finden Sie nicht auch? Sally, kennen Sie Ihre Nachbarn?«
    »Ja, allerdings! Wir sind seit Jahren gut befreundet. Aber in dem Haus, in dem ich vorher gewohnt habe, war das anders – ich habe fünf Jahre dort gelebt und hatte keine Ahnung, wer meine Nachbarn waren. Ich finde das eine Schande …«
    »Hmm, ja, und dabei ist es doch nicht so schwer – wir müssen doch eigentlich nur freundlich sein und uns die Mühe machen, die Leute kennenzulernen. Man muss ja nicht gleich Freundschaft schließen, das ist nicht jedermanns Sache – aber man weiß doch nie, ob man einander nicht einmal braucht.«
    »Außerdem werden wir immer älter. Ich glaube, in ein paar Jahren wird es viel mehr alte, alleinstehende Menschen geben, dann ist es umso wichtiger, Nachbarn zu haben, auf die man sich verlassen kann

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