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Wofür du stirbst

Wofür du stirbst

Titel: Wofür du stirbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haynes
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»Also, vielleicht suchst du ja danach«, sagte ich.
    Ich zeigte auf eine beliebige Anzeige einer Studentenberatungsstelle auf dem Brett. Sie beugte sich sogleich näher zum Brett und damit auch zu mir vor und studierte den Papierfetzen aufmerksam.
    »Also eigentlich …«
    »Oder ist das vielleicht das Richtige?«, fragte ich und zeigte auf einen anderen.
    »Ja«, sagte sie und lächelte mich an. »Genau. Ich glaube, das ist das Richtige. Danke.«
    »Es ist so einfach, Gutes zu tun«, sagte ich.
    Sie räusperte sich. Und genau in dem Moment, als eine Träne aus ihrem Augenwinkel drang und ihre Wange herunterkullerte, stellte ich Blickkontakt mit ihr her.
    Dann berührte ich wieder ihren Arm.
    »Vielleicht solltest du dir auch überlegen, mit mir in den Pub zu gehen; das wäre doch sehr einfach, oder?«, sagte ich.
    Sie zögerte kaum. Das überraschte selbst mich.
    »Ja, in Ordnung«, sagte sie.
    Zum Glück waren Roger und Lisa bereits weg. Ich ging mit ihr zum Parkplatz hinaus und überlegte, ob es eine gute Idee war, sie so schnell in meinen Wagen steigen zu lassen. An dem Pub an der Straßenecke war meistens nicht viel los. Dort würde man uns also eher bemerken, doch ich hatte keine andere Wahl. Das Risiko, sie im Auto mitzunehmen, konnte ich nicht eingehen. Der Pub war für alte Männer, zwei unbekannte Gesichter würden also wahrscheinlich auffallen; andererseits besaß es wohl kaum eine funktionierende Überwachungskamera.
    Wir betraten das Lokal, und ich dirigierte sie auf einen Platz in der Nähe des leeren Kamins. »Wo möchtest du gerne sitzen? Hier ist es doch nett – was meinst du?«, fragte ich. Sie willigte ohne zu zögern ein. »Möchtest du eine Cola?«
    »Ja«, sagte sie.
    Ich sah zu dem älteren Kerl hinüber, der mit einem halben Pint Dunkelbier vor sich dasaß – der einzige Gast am Tresen. Aus einem anderen Raum hörte ich die klappernden Geräusche von Billardkugeln und das Gelächter junger Männer. Genau der richtige Ort.
    Die Kellnerin kam an den Tresen. Sie war jung und hatte blondiertes Haar, das in einem Zopf über ihre Schulter fiel. »Was darf es sein?«
    »Eine Cola und ein Pint John Smith’s, bitte«, sagte ich und reichte ihr einen Geldschein.
    Während sie das Pint zapfte, sah ich mich nach meiner neuen Bekanntschaft um, die immer noch am gleichen Platz saß und nervös an den Ärmeln ihrer Jacke zupfte, als habe sie gleich einen Zahnarzttermin oder stünde kurz vor einem Bewerbungsgespräch. Da hatte ich mir jahrelang überlegt, wie ich eine Frau finden konnte, und dabei war es so einfach gewesen. Man muss ihnen nur sagen, was sie tun sollen. Ich nahm die Getränke, brachte sie zum Tisch und setzte mich ihr gegenüber.
    »Wie heißt du?«, fragte sie mich.
    »Ich heiße John«, sagte ich und wählte einen zufälligen Namen. Ich suchte mir jedes Mal einen anderen Namen aus, um mich an die verschiedenen Personen erinnern zu können, die ich für sie darstellte.
    »John«, wiederholte sie versuchsweise.
    »Und du?«
    »Leah.«
    »Du heißt Leah«, wiederholte ich. »Das stimmt.«
    Sie nahm das Glas Cola, trank, fragte nicht nach und sah nach meiner recht ungewöhnlichen Wortwahl noch nicht einmal beunruhigt aus. Da wusste ich, dass ich sie hatte. Sie gehörte mir, nur mir, ich konnte mit ihr machen, was ich wollte. Leah und ich hatten viel zu besprechen. Ich wollte ihre Geschichte hören, wollte, dass sie mir alles über ihren Kummer, ihre Ängste und ihre Hoffnungslosigkeit erzählte. Und dann wusste ich, wie ich ihr helfen kann.

 
    Annabel
    »Es ist verdammt noch mal dasselbe wie in Bridgend«, sagte Trigger und knallte eine Ausgabe des Briarstone Chronicle auf seinen vollen Schreibtisch.
    »Bridgend?«, fragte ich. »Sie meinen diese Selbstmordserie unter Jugendlichen?«
    »Ja, so in der Art. Und bevor Sie damit anfangen: Ich weiß, dass unsere Leichen alle eines natürlichen Todes gestorben sind.«
    Ich sagte nichts. Genau genommen waren sie nicht alle eines natürlichen Todes gestorben; im Bericht der Gerichtsmedizin stand, dass zwei der Toten an den Folgen ihres Alkoholismus und einer an einer Überdosis Beruhigungsmittel gestorben waren. Ein paar andere hatten sich offenbar zu Tode gehungert. Dabei handelte es sich zwar in gewissem Sinne um eine natürliche Todesursache, doch hätten sie ab und zu was gegessen, wären sie vermutlich noch am Leben.
    »Jetzt haben auch die verdammten Zeitungen Wind von der Sache bekommen. Das wird uns noch eine Menge Ärger machen, Sie

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