Wofür du stirbst
alleine leben. Dass wir regelmäßig Kontakt mit ihnen aufnehmen. Dass wir Hilfsnetzwerke innerhalb unserer Gemeinden aufbauen. Halten Sie kommende Woche nach Veranstaltungen in Ihrer Nähe Ausschau, die vom Chronicle unterstützt werden. Gehen Sie vor die Tür, und lernen Sie Ihre Nachbarn kennen!
Shelley
Manchmal passieren Dinge so langsam, dass man sie nicht rechtzeitig bemerkt. Bei mir passierte es von einem Augenblick auf den anderen. In einer einzigen Sekunde wurde mein Leben wie von einer Sense durchschnitten, ab da gab es nur noch ein Davor und Danach.
5. Mai 2011. Es war gegen drei Uhr nachmittags an einem sonnigen Tag, und obwohl es seit Wochen heiß und schwül gewesen war, schien es an jenem Tag etwas abzukühlen. Eine leichte Brise wehte, was die Hitze etwas linderte. Ich saß im Auto und war auf dem Weg zum Supermarkt, dachte an die Hochzeit einer Freundin, die nächste Woche stattfinden sollte, und fragte mich, ob das Wetter bis dahin halten würde. Außerdem war Feiertag, ein wichtiges Detail, denn an einem ganz normalen Montag wäre ich arbeiten gegangen, und es wäre vielleicht nie etwas passiert.
Ich stand im Kreisverkehr und wartete, dass ich zum Supermarkt abbiegen konnte. Als ich gerade losfahren wollte, kam von rechts mit hoher Geschwindigkeit ein Wagen auf mich zugefahren. Also bremste ich. Ich erinnere mich noch, dass ich die Zeit hatte, so was wie »zum Glück funktionieren die Bremsen gut« zu denken, als ein Lieferwagen hinten auf mich auffuhr und meinen Wagen durch den Kreisverkehr auf die andere Fahrbahn schob.
Ich hatte Glück: Meine Verletzungen waren nicht allzu schlimm. Ich hatte Schnittwunden und Schrammen, vor allem an meinem rechten Bein, das durch den Aufprall eingeklemmt worden war. Die beiden anderen Fahrer waren unverletzt geblieben. Das ganze Unglück vollzog sich in Etappen: Ich wartete auf den Krankenwagen, Menschen liefen herum und redeten durch das kaputte Fenster beruhigend auf mich ein; dann kam endlich die Feuerwehr, die eine Ewigkeit brauchte, um mich aus dem Wrack zu schneiden. Danach wurde ich ins Krankenhaus gebracht. Graham kam auch. Die Polizei stellte mir Fragen.
Am nächsten Morgen entließ man mich mit einem Rezept für Schmerztabletten und der Anweisung, zu meinem Hausarzt zu gehen und mich krankschreiben zu lassen. Ich weiß noch, dass ich dachte, was für ein Glück ich gehabt hätte. An jenem Abend genossen Graham und ich ein Glas Wein – zu medizinischen Zwecken, wie er sagte –, und ich lächelte trotz meines Schocks, als er sagte, ich müsse aus Gummi oder sonst was sein.
Es dauerte etwas, bis mir klar wurde, dass wir uns zu früh gefreut hatten. Irgendwo in meinem Körper war während des Auffahrunfalls etwas passiert, irgendetwas war beschädigt.
Danach hatte ich ununterbrochen Schmerzen. Manchmal legten sie sich ein wenig, als säße ich direkt im Auge des Zyklons, und ich funktionierte ordnungsgemäß, konnte einkaufen gehen oder die Wäsche waschen – dann brandeten sie wieder auf, sodass ich mich an schlechten Tagen kaum bewegen konnte, ohne laut aufzuschreien.
Man sagte mir, das käme von einem Schleudertrauma, weil der Schmerz sich manchmal nur auf den Nacken beschränkte, und dass es vermutlich Monate dauern würde, bis es richtig verheilt wäre. Die Versicherung genehmigte schließlich eine Physiotherapie, die allerdings nichts brachte. Außerdem wanderte der Schmerz: Zuerst saß er im Nacken, am nächsten Tag in den Schultern, dann im Kreuz, manchmal sogar in den Beinen. Doch egal wo, ich fühlte mich wie von einem Dämon besessen, der mich einer Prüfung unterzog, die kein Ende nehmen wollte.
Ich ließ alle möglichen Untersuchungen über mich ergehen: Röntgen, Therapien mit endlosen Wartezeiten dazwischen. Hörte mir Ratschläge an, wie ich besser mit dem Schmerz umgehen könne. Auch alternative Heilmethoden kamen zum Einsatz. Ich ging in die Schmerzklinik des Krankenhauses, auch wenn sie mir dort nie richtig weiterhelfen konnten, sondern mich die Medikamente nur benommen machten – ganz abgesehen von der Qual, mit dem Wagen zu den Terminen zu fahren, die jeden Therapieerfolg zunichtemachte. Mein Arzt schrieb mich auch weiterhin krank, bis ich schließlich beschloss, zu kündigen. Da hatte ich mich bereits mit einer Anwaltskanzlei in Verbindung gesetzt, um Schmerzensgeld von den beiden Fahrern einzuklagen, die dafür verantwortlich waren, dass mein Leben ruiniert war. Man warnte mich im Voraus, dass es eventuell Jahre
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