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Wofür du stirbst

Wofür du stirbst

Titel: Wofür du stirbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haynes
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desorientiert auf. Ich lag vollständig angezogen auf meinem Bett, die Katze schlief in meinen Kniekehlen. Es war zehn nach drei und bereits dämmerig. Ich setzte mich schnell auf und kontrollierte mein Handy, das ich zum Aufladen neben mein Bett gelegt hatte. Es zeigte keine verpassten Anrufe an.
    Ich rief mit dem Handy das Krankenhaus an, und als ich endlich jemanden von der Schlaganfallabteilung ans Telefon bekam, sagte man mir nur, dass meine Mutter stabil sei und sich ihr Zustand nicht sonderlich verändert habe. Ich sagte, dass ich so bald wie möglich vorbeikäme, doch die Krankenschwester – wer immer sie war – sagte, ich könne mir Zeit lassen.
    Ich fragte noch einmal nach, ob man mich anrufen würde, falls irgendwas passierte. Und obwohl sie beteuerte, dass meine Handynummer in der Patientenakte stand, gab ich sie ihr noch einmal durch. Sie wiederholte sie so langsam, als würde sie sie tatsächlich mitschreiben.
    Danach saß ich einen Augenblick lang da und überlegte, was als Nächstes passieren würde. Die Zentralheizung war ausgegangen, die Luft war kühl und ein wenig feucht. Ich hatte das Gefühl, als wollte mich selbst das Haus nicht mehr haben und schöbe mich zur Tür hinaus. Es fühlte sich wie eine unsichtbare Hand auf meinem Rücken an, die versuchte, wieder Ordnung in ein Umfeld zu bringen, in dem keine war.
    Die Katze stand unten im Flur, maunzte an der Küchentür und bohrte ihre Krallen in den Teppich. Ich ging die knarrenden Stufen hinunter und gähnte. Als ich die Küchentür öffnete, schoss die Katze vor mir hinein, drehte sich um und wimmerte, als hätte sie seit Wochen nichts mehr zu fressen bekommen. Ich drückte ihr eine Tüte teures Futter in ihren sauberen Fressnapf, obwohl es überhaupt nicht ihre gewohnte Fressenszeit war. Dann stellte ich den Wasserkessel auf, während sie vorsichtig an der Soße leckte und dann einzeln die Stückchen verzehrte.
    Während ich wartete, dass das Wasser kochte, rief ich bei der Arbeit an und wählte direkt Kates Nummer, um die Zentrale zu umgehen.
    »Intel, Kate am Apparat.«
    Eigentlich gab es eine offizielle Begrüßungsformel, die wir laut Presseabteilung verwenden sollten, doch die fiel niemandem auf Knopfdruck ein, wenn das Telefon klingelte. Ich war meistens so in Gedanken, wenn ich ranging, dass ich nur Hallo sagte und hoffte, dass am anderen Ende der Leitung kein Vorgesetzter war.
    »Ich bin’s, Annabel«, sagte ich, nur für den Fall, dass sie vergessen hatte, wer ich war.
    »Alles in Ordnung? Wie geht’s deiner Mom?«
    »Sie ist noch immer nicht bei Bewusstsein.«
    »Soll ich mal mit Bill reden?«
    »Nein, ich muss mit meiner Arbeit vorankommen. Falls irgendwas ist, rufen sie mich an.«
    »Frosty hat nach dir gefragt.«
    »Ach?«
    »Er wollte mir nicht sagen, um was es geht, und sagte nur, du sollst zu ihm kommen, wenn du wieder da bist. Ich kann ihm aber gerne ausrichten, dass du eine Weile weg bist.«
    »Nein, ich komme so bald wie möglich. Ich sag dir später Bescheid.« Ich wollte auf keinen Fall, dass sie den Eindruck bekäme, ich würde meine Arbeit vernachlässigen oder ihr einen Grund liefern, sich über meine Arbeitsmoral zu mokieren. Am Ende würde sie noch Bereiche übernehmen, für die ich verantwortlich war.
    »Jedenfalls ist irgendwas mit deinen verwesten Leichen im Busch. Schon den ganzen Tag kamen irgendwelche Leute vorbei und haben nach dir gefragt.«
    »Echt?«
    »Mir wollten sie aber nichts sagen.«
    Ich musste plötzlich an Sam, den Reporter, denken. Er hatte einen Anruf erwähnt, und ich wollte es gerade Kate erzählen, als mir siedend heiß einfiel, dass ich eigentlich gar nicht mit einem Reporter reden, geschweige denn nach Hause fahren durfte. Was hatte er noch gleich erzählt? Dass er von irgendeiner Frau angerufen worden sei … »Wurden weitere Leichen gefunden?«
    »Na ja, heute Morgen war eine im Bericht. Soll ich Frosty sagen, dass er dich anrufen soll?«
    Ich gab auf. »Klar. Mein Handy ist aufgeladen.«
    »Ich sag ihm Bescheid.«
    »Danke, Kate. Bis bald.«
    Ich legte auf und starrte einen Moment in das kalte Wohnzimmer, doch mein Blick war glasig. Mom lag im Sterben, dachte ich. Sie würde nicht mehr lange da sein. Hätte ich nicht Dinge zu ihr sagen sollen?
    Frosty rief nicht an. Nach einer halben Stunde ertrug ich die Warterei nicht mehr. Ich fuhr zur Arbeit und parkte ausnahmsweise direkt vor dem Revier, da es schon spät am Nachmittag war. Zum Glück waren überall freie Parkplätze, trotzdem

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