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Wofuer es sich zu sterben lohnt

Titel: Wofuer es sich zu sterben lohnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Nilsonne
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gedacht, als Theo und Mariam damals ver schwunden sind?«
    »Ich habe nicht sehr viel gedacht - ich habe einfach ver sucht, sie zu finden. Die Presse dagegen dachte sich so aller lei. Zuerst glaubten sie, Mariam habe Salomon erschossen. Dann, als wir die beiden nicht finden konnten, kamen sie zu dem Schluss, dass Mariam und Theo tot sein müssten. Manche glaubten, sie hätten den Mörder erkannt und sei en deshalb ebenfalls ermordet worden. Andere glaubten, sie hätten Salomon erschossen und sich dann selbst oder gegenseitig umgebracht. Alle waren davon überzeugt, dass sie recht hatten.«
    Tigists Hände hoben sich zu einer kleinen Geste der Re signation. Sie und Monika tauschten einen verständnisvol len Blick aus. Presseleute. Überall gleich.
    »Aber natürlich habe ich mir meine Gedanken gemacht«, sagte Tigist jetzt. »Das verstehst du sicher. Die Fragen lie ßen mir keine Ruhe. Wenn Mariam und Theo doch etwas gesehen hatten - warum hatten sie dann gelogen, als ich mit ihnen gesprochen habe? Stand Mariam zu stark unter Schock? Hatte sie zu große Angst? Aber wenn ja, vor wem? Vor jemandem von denen, die um die Bühne herumgestan den hatten? Jemandem, mit dem ich gesprochen und der auch gelogen hat, ohne dass ich das gemerkt habe? Und warum ist sie nicht zu ihm gelaufen, als Salomon erschos sen wurde? Warum hat sie nur zugesehen, wie Salomon in den Armen einer anderen Frau starb?«
    Monika dachte zurück an die Szene auf dem Podium.
    »Sie sah vielleicht ein, dass sie nichts machen konnte. Sie hatten sich gestritten, hast du gesagt. Also war vielleicht Schluss zwischen ihnen. Vielleicht war es ihr egal, was aus ihm wurde.«
    Tigist musterte Monika mit ernster Miene.
    »Wenn du wüsstest, wie oft ich mir gewünscht habe, wir hätten gewusst, dass Salomon und Mariam ein Paar wa ren oder gewesen waren. Dass sie einen dermaßen drama tischen Streit gehabt hatten. Dann hätten wir sie nicht so einfach laufen lassen.«
    »Wie hast du das alles erfahren?«
    »In diesem Land hier ist man fast nie allein. In Mari ams Haus hat ein Mädchen gewohnt, das im Haushalt half. Dort gab es auch eine Köchin und eine weitere Haushalts hilfe, die nur tagsüber kam. Im Garten arbeiteten ein Gärt ner und ein Zabagna.« Tigist fing Monikas fragenden Blick auf und erklärte: »Ein Zabagna ist ein Nachtwächter. Jeder hat so einen.«
    Monikas Gehirn spielte mit dem Gedanken, auszuset zen. Nicht mehr zuzuhören, nicht mehr zu verstehen zu versuchen. Mariam und Theo hatten hier offenbar ebenso zusammengewohnt wie in Stockholm. Aber hier hatten sie einen ganzen Stab um sich gehabt - einen Wächter, eine Köchin, einen Gärtner und zwei Hausgehilfinnen. Mariam war nicht krank. Und Theo auch nicht. Was hatten alle die se Menschen zu tun gehabt?
    »Wir haben mit allen gesprochen«, sagte Tigist inzwi schen. »Und dabei haben wir erfahren, dass Mariam mit Salomon bekannt gewesen ist, dass sie ihn zu Hause be sucht hat, dass er bei ihr gewesen ist. Dass sie kurz vor Sa lomons Tod einen heftigen Streit hatten. Mariam hat die Köchin gebeten, Salomon Rattengift ins Essen zu geben, falls er sich noch einmal blicken ließe.«
    »Klingt, als sei sie stocksauer gewesen.«
    Tigist nickte.
    »Aber deshalb jemanden zu erschießen … das ist ein ziemlicher Schritt.«
    »Und die Waffe?«, fragte Monika.
    »Eine alte Makarow. Ja, die sind ja allesamt betagt, aber das hier war ein ungewöhnlich altes Exemplar. Ich habe das Foto an der Wand in meinem Büro, damit ich sie nicht vergesse.«
    »Konntet ihr feststellen, woher die Waffe stammte?«
    Tigist schüttelte den Kopf.
    »Ich glaube manchmal, dieses Land hier ist ein Wall fahrtsort für alte Waffen - sie kommen zum Sterben hier her. Sie wechseln immer wieder den Besitzer, ohne Papiere. Alle Ziffern, die sie identifizieren könnten, sind schon vor langer Zeit weggefeilt worden. Wir haben es versucht, aber das war hoffnungslos.«
    »Ist es leicht, sich solche Waffen zu besorgen?«
    Tigist blickte Monika fast beschämt an, als sei die Ver fügbarkeit von Waffen in diesem Land ihrem persönlichen Versagen zuzuschreiben. Beide Hände und die Stimme er loschen, als sie sagte:
    »Waffen können sich hier wirklich alle leisten. So ist das eben.«
    Monika seufzte.
    »In Schweden ist das auch so.«
    Tigist hob die Augenbrauen, und Monika erklärte:
    »Wir haben eine lange und offene Grenze. Waffen sind wie Zugvögel - sie gleiten einfach ins Land.«
    »Und ihr könnt sie nicht aufhalten?«
    »Wir können sie

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