Wofuer es sich zu sterben lohnt
miteinander zu tun haben?
Hatte Theos Mutter ihren Liebhaber erschossen? Konn te Theo, der damals siebzehn gewesen war, ihn erschossen haben? Sicher - da gab es keine untere Altersgrenze. Oder war Theo nur durch Zufall in den Umkreis dieser beiden überaus unterschiedlichen Morde geraten?
Sie schaute abermals Tigist an. Ob sie beide wohl ausrei chend effizient zusammenarbeiten könnten?
Theodoros’ Gedanken hatten derweil eine andere Rich tung eingeschlagen. Er sagte nachdenklich:
»Ich glaube eigentlich eher, dass es Theo war. Er hat sei ne Mutter immer so sehr geliebt …«
Monika stellte ihre erste Frage.
»Soll das heißen, dass Theo Salomon aus Eifersucht er schossen hat?« Es klang wie eine dumme psychologische Erklärung aus einer Illustrierten.
Theodoros schüttelte ungeduldig den Kopf.
»Nein, natürlich nicht. Aber er kann Salomon erschos sen haben, um seine Mutter zu beschützen. So habe ich das gemeint.«
Als Szenario war das kaum plausibler als das vorige.
Monika und Tigist schauten einander an. Sie kamen hier nicht weiter. Der Zeuge stellte jetzt Vermutungen darüber an, was möglich gewesen wäre, und damit wollten sie kei ne Zeit vergeuden.
»Theodoros, geh nach Hause und sag deiner Mutter, dass wir morgen Vormittag zu ihr kommen werden. Ge gen drei.«
»Wann kann ich meinen Pass haben?«
Die richtige Antwort, nahm Monika an, wäre wohl, dass er sich nur an die schwedische Botschaft zu wenden brauch te, um umgehend einen neuen Pass zu erhalten, aber das musste sie ihm ja nicht auf die Nase binden. Besser war es, seine Kooperationsbereitschaft zu erhalten.
»Zuerst müssen wir Theo finden. Übrigens, ehe du gehst, möchte ich deine Arme sehen. Kannst du die Ärmel auf krempeln?«
Theodoros machte ein verständnisloses Gesicht, zeigte dann aber bereitwillig seine glatten, unversehrten Unter arme.
»Ich wollte nur sicher sein«, sagte Monika. »Wieso denn sicher?«, fragte Tigist, als sie zum Auto gin gen.
»Sicher, dass es wirklich nicht mein Theo ist. Ich habe den Jungen ja nie gesehen und kann mich nur an einem schlechten Foto orientieren. Ich weiß aber sicher, dass der Theo, den ich suche, am linken Unterarm eine lange Nar be hat.«
»Wollen wir uns heute Abend treffen, damit ich dir mehr über unseren Mordfall berichten kann?«, fragte Tigist, als sie das Revier wieder erreicht hatten. »Oder bist du zu müde?«
»Heute Abend, das passt perfekt«, erwiderte Monika.
»Du musst wissen«, sagte Tigist, »ich habe Salomons Tod auf Video. Wir können sicher im Hotel einen Konferenz raum bekommen.«
Es war schon dunkel. Über Addis Abeba funkelten die Ster ne. In Schweden kam der Nachthimmel Monika oft vor wie eine bemalte Kulisse oder eine Deckenverzierung. Hier war er wie ein Fenster zum unendlichen schwarzen All. Beim Warten fröstelte sie ein wenig. Einerseits, weil es kühl geworden war, andererseits aufgrund der dunklen Weiten über ihr.
Tigist kam pünktlich um sieben in einem alten Toyota. Sie zog zwei abgegriffene Videokassetten aus ihrer Hand tasche.
»Hier sind sie. Der Vorteil ist, dass sie durchaus von pro fessioneller Qualität sind. Der Nachteil, dass sie uns trotz dem nicht verraten, was wir wissen wollen.«
Als sie das Konferenzzimmer betreten hatten, knallte sie die Kassetten mit ärgerlicher Geste auf den Tisch.
»Ich habe das Gefühl, sie auswendig zu kennen, aber trotzdem …«
Monika nickte verständnisvoll.
»Ich habe auch schon solche Fälle gehabt - man glaubt die ganze Zeit, dass es ein kleines Detail gibt, das man über sehen hat, etwas, durch das man verstehen kann, was ge schehen ist. Aber dieses Detail kann man einfach nicht ent decken.«
Tigist boxte vor sich in die Luft.
»Das macht mich so wütend. Es geht einfach nicht, dass man jemanden auf diese Weise umbringt und dann davon kommt. Pass jetzt auf. Was du hier sehen wirst, ist der An fang der Generalprobe zur Miss Ethiopia Wahl. Die fand statt im Foyer des Hilton Hotels. Wir können morgen hin gehen, wenn du willst. Wir haben außerdem alles aus zwei Perspektiven, der Kameramann hatte eine feste Kamera und eine bewegliche, und beide haben alles aufgenommen.«
Tigist ließ das erste Band laufen.
Auch für den Kameramann war es eine Generalprobe ge wesen. Er änderte den Kontrast, ließ einen Mitarbeiter ein weißes Papier hochhalten und zeigte es in Großaufnah me. Das Papier wurde beige, dann gelb und endlich weiß. Danach richtete er die Kamera auf die beleuchtete Bühne. Die schien
Weitere Kostenlose Bücher