Wofuer es sich zu sterben lohnt
Sohnes.«
Halleluja starrte zu Boden.
»Sie haben gegen das Gesetz verstoßen und uns belo gen. Sie können große Probleme mit der Kebbele Polizei bekommen.«
Monika konnte Hallelujas Gesicht ansehen, dass das kei ne leere Drohung war.
»Aber«, sagte Tigist jetzt, »heute können Sie das wieder gutmachen. Sie können uns erzählen, wo Mariams Sohn Theo steckt, und wir vergessen dann, was geschehen ist.«
Halleluja schaute auf, eilig und misstrauisch.
»Sie müssen sagen, dass Mariam gewusst hat, wo Sie die Pässe aufbewahrten. Dass sie Sie gebeten hatte, etwas für sie zu besorgen. Dass sie die Pässe während Ihrer Abwesenheit gestohlen hat. Sie müssen behaupten, dass Sie den Dieb stahl erst entdeckt haben, als Sie oder Ihr Sohn auf Reisen gehen wollten. Niemand wird Ihnen glauben, aber keiner wird beweisen können, dass Sie lügen.«
Halleluja sah aus wie eine Pokerspielerin, die die Mög lichkeiten eines Full House abwägt, und Monika blickte Ti gist erschrocken an. Diese Vernehmungsmethode konnte doch nicht zulässig sein. Tigist dagegen sagte:
»Aber das alles kann nur klappen, wenn Sie uns jetzt hel fen. Erste Frage: Wir glauben, dass Mariams Sohn Theo wie der in Addis ist. Wissen Sie etwas darüber?«
Halleluja schien zu der Erkenntnis gekommen sein, dass Ehrlichkeit hier die siegreiche Strategie sein würde. Sie nickte.
Monikas Herz machte einen kleinen Sprung. Es war also ihr Theo, der nach Addis gereist war. Er war wirklich hier. Niemand würde in Stockholm nach seinem Leichnam su chen müssen.
Halleluja sprach aus eigenem Antrieb weiter.
»Ich hatte das zuerst für einen Scherz gehalten.«
Monika sah, wie Tigist sich beherrschen musste, um nicht zu schreien: Wo steckt er? Wann haben Sie ihn zuletzt ge sehen? Was ist passiert? Sie sah, dass Tigist tief Atem holte und sich dazu zwang, sich im Sessel zurücksinken zu las sen. Sie sah, wie Tigist ihre Hände daran hinderte, Hallelu jas weiche Schultern zu packen und sie energisch durchzu schütteln.
Stattdessen sagte sie leise:
»Ganz ruhig. Erzählen Sie, was passiert ist. Von Anfang an.«
Jetzt war Monika diejenige, die sich beherrschen musste. Sie hatten es eilig. Vielleicht sehr eilig. Wer konnte denn wissen, welche Gefahren auf Theo warteten, hier in die ser vulkanischen Stadt, wo kochendes Wasser zwischen den Steinen hervorquoll, wo Waffen, die sich nicht auf spüren ließen, verkauft und gekauft wurden, und wo er unter Mordverdacht oder dem Verdacht der Beihilfe zum Mord stand?
Halleluja erhob sich mühsam aus dem tiefen Sessel, in den sie gesunken war, und watschelte zur Tür.
Ihr tun die Knie weh, dachte Monika. Ihr nächster Ge danke war, dass Halleluja ihnen genau diesen Eindruck ver mitteln wollte, und dass sie jetzt wie der Blitz verschwin den würde.
Das tat sie nicht, nach einigen Minuten kam sie mit ei nem dicken Briefumschlag in der Hand zurück.
Sie zog ein Foto eines kleinen Mädchens hervor, dessen Haare zu einem komplizierten Muster geflochten waren und in etwa einem Dutzend steifer Zöpfchen vom Kopf abstanden. Ganz unten an jedem Zöpfchen saß eine klei ne rosa Haarspange. Die Kleine war im Sprung eingefan gen, lachend befreite sie sich aus dem Zugriff eines älteren Mädchens.
»Ich habe dieses Bild behalten, weil Mariam genauso war - niemals still, immer auf Entdeckungsreise. Sie se hen …« Sie hielt Tigist das Bild hin. »Sie war so süß.«
Tigist nahm das Bild vorsichtig entgegen.
»Es gibt immer eine Schwester, die unserem Herzen am nächsten steht.«
»Genau«, sagte Halleluja zustimmend. Sie drückte noch immer den Umschlag an ihre Brust und schien ihn nicht hergeben zu wollen.
»Sie haben schon alles für sie getan, was Sie tun konnten. Was wollen Sie uns zeigen?«
Hallelujas Busen hob und senkte sich, es war ein tiefer Seufzer, dann reichte sie Tigist den Umschlag.
»Das sind Mariams Briefe. Die erklären fast alles. Ich lasse Sie jetzt allein, damit Sie sie in Ruhe lesen können, möge Gott mir verzeihen. Die waren nur für meine Augen be stimmt.«
Mariam hatte ihre Briefe auf unterschiedlichem Papier geschrieben und in unterschiedlichen Umschlägen ver schickt. Tigist zog einen heraus und übersetzte laut ins Englische:
»Geliebte Schwester … jetzt sind wir also in Genf, Mika el, Theo und ich … das Spannendste, was mir in meinem Leben je passiert ist, mit Ausnahme von Theos Geburt na türlich … nein, hier steht nichts Interessantes.«
Sie griff zum nächsten.
»Geliebte Schwester …
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