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Wofuer es sich zu sterben lohnt

Titel: Wofuer es sich zu sterben lohnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Nilsonne
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setzen die Familie doch keinem Risiko aus? Wir versuchen doch nur, den Fall aufzuklären. Die Bänder können schon morgen bei unserer Spurensicherung sein.«
    Tigist nickte zögernd, hin und hergerissen zwischen der Angst davor, etwas zu tun, das gegen alle Vorschriften ver stieß, und der Lust, den Bändern alle Informationen zu ent locken, die vielleicht darauf gespeichert waren.
    »Können wir nicht beides zugleich tun?«, fragte Monika. »Wir schicken die Bänder nach Stockholm und lassen sie da analysieren. Zugleich bittest du hier um Erlaubnis. Die Bänder werden wieder hier sein, noch ehe auch nur der ers te Durchschlag gesichtet worden ist. Hast du Kopien?«
    Tigist nickte, zum ersten Mal sprachlos.
    »Großartig. Du gibst die Kopien denen, die die Erlaubnis erteilen müssen. Wenn die Erlaubnis schließlich vorliegt, wird es leicht sein, aus Stockholm eine offizielle Analyse zu bekommen.«
    Und Tigist reichte ihr die Aufnahmen, nun nur noch mit geringer Skepsis. Jetzt waren sie echte Komplizinnen - sie hatten gemeinsam eine Grenze überschritten, hatten im provisiert, wie es bei der Polizei immer schon üblich ge wesen war. Das war ein richtig gutes Gefühl.
    Monika schrieb einen Brief an ihren Lieblingstechniker auf der Wache und klopfte bei den Vulkanologen an, die nichts dagegen hatten, bei ihrem Eintreffen in Stockholm die Bänder der Flughafenpolizei auszuhändigen.
    Fünfzehn Minuten nachdem Tigist gefahren war, stand Monika wieder auf ihrem kleinen Balkon. Jetzt war dieser Tag endlich zu Ende.
    Der Mond sah ebenso verwirrt aus, wie sie sich fühlte, denn die dünne Sichel schien sich losgerissen und schräg umgefallen zu sein - sie lag fast waagerecht da, aber es schien ihr trotzdem gutzugehen. Das war auf irgendeine Weise beruhigend, denn auch bei Monikas Ermittlung war alles verrutscht. Der Mord an Juri wirkte jetzt banal. Er war ein überaus uninteressanter Mord, von dem sich offenbar nur die nächsten Angehörigen betroffen fühlten. Jetzt aber erschien dieser alltägliche Mord in einem ganz neuen Zu sammenhang mit einem weiteren Mord. Einem Mord, der spektakulär und theatralisch war. Und der auf einem ande ren Erdteil begangen worden war.
    Was diese Morde verband, waren Theo und Mariam, zwei Menschen, über die sie viel zu wenig wusste. Aber das wür de sie ändern, und zwar schon am nächsten Morgen.
    Vor dem Einschlafen konnte sie noch schnell überlegen, was wohl in Stockholm passierte. Jetzt war das lange Wo chenende bald zu Ende. Vier Tage lang hatte sich die Polizei nur mit den dramatischen Morden befasst, möglicherweise noch mit neuen ausgebrochenen Häftlingen oder anderen akuten Dingen. Juri und weitere Opfer von niedrigem Rang hatten sicher warten müssen, zufällig vergessen, während die Polizei sich ausruhte und versuchte, zu neuen Kräften zu kommen. Sie fragte sich, ob Bosse am Dienstagmorgen wohl im Büro erscheinen würde. Ob er dann so erleichtert über ihre Abwesenheit sein würde, wie sie es gewesen war, als er am Donnerstag nicht aufgetaucht war?
     
    Am nächsten Morgen wurde sie wie abgemacht von Tigist abgeholt, und um Punkt drei Uhr äthiopischer Zeit fuhren sie durch eines der zahllosen hohen Blechtore der Stadt. Dass dieses Tor angestrichen worden war, lag schon lan ge zurück. Der Fahrer hupte, und ein Mann mittleren Al ters mit einer grauen Mähne öffnete von innen. Die Gang schaltung ächzte.
    Mariams Schwester wirkte bedrückt. Sie wurde niederge drückt von vielen überflüssigen Kilos, die sich weich über ihrem kurzen Körper verteilten, vor allem aber schien ein wirklich schlechtes Gewissen sie zu belasten. Das war ein gutes Zeichen.
    Sie grüßten, stellten sich vor, wurden ins Haus gebeten und nahmen Platz.
    Tigist sprach Englisch, damit Monika alles verstand.
    »Als Ihre Schwester verschwunden ist, haben wir mit Ih nen gesprochen. Damals haben Sie behauptet, nicht zu wissen, wo sie hinwollte.«
    Halleluja nickte und murmelte:
    »Das stimmte auch.«
    »Das glaube ich ja«, sagte Tigist nachdenklich. »Nicht die Antwort war falsch, sondern die Frage. Sie wussten nicht, wo Mariam war. Was Sie jedoch wussten, aber nicht erzählt haben, war, wieso Mariam und Theo so spurlos verschwun den waren.«
    Tigists Stimme wurde schärfer, und ihre rechte Hand zeigte anklagend auf Halleluja.
    »Sie haben etwas getan, das verständlich war, aber geset zeswidrig. Sie haben Ihrer Schwester Ihren schwedischen Pass gegeben. Und dem Sohn Ihrer Schwester den Pass Ih res

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