Wofür schlägt dein Herz?
Kinnspitze hoch. In diesem Punkt fühlte sie sich immer noch ängstlich und verletzlich. Aber das ging den furchtlosen Draufgänger Alex nichts an. Und bevor diese magische Nacht zu einer Mitleidsparty ausartete, wollte sie das leidige Thema lieber beenden.
„Wer weiß …“, erwiderte sie leichthin, „eines Tages werde ich es vielleicht versuchen. Immerhin habe ich mir ganz bewusst ein Apartment direkt an der Strandpromenade gekauft, um das Meer zu sehen, den Wellenschlag zu hören und die salzige Luft einzuatmen. Und bisher habe ich meine Entscheidung keine Sekunde bereut.“
„Du musst damals sehr verständnisvolle Menschen um dich gehabt haben.“
„Unglücklicherweise war einer von ihnen mein Freund, oder besser Verlobter … wir wollten heiraten!“
„Jetzt sag nicht, er hat dich wegen des Unglücks fallen lassen!“, grollte Alex.
„Scott war ein mindestens so erfolgreicher Surfer wie ich, und wir lebten nur fürs Wasser. Damals fühlte es sich so an, als lebten wir damit auch füreinander. Wir reisten quer durch die Welt, von einem Surf-Hotspot zum anderen und waren unserem Sport geradezu fanatisch ergeben. Das änderte sich natürlich schlagartig nach meinem Unfall. Ich habe mich verändert. Doch Scott interessierte sich weder für meine Ängste noch für meine veränderten Lebensumstände und langweilte sich nur noch in meiner Gesellschaft. Wir konnten nicht mehr zusammen surfen und verloren damit offenbar das Einzige, was uns verbunden hat.“
Seltsam, zum ersten Mal verspürte Libby weder Schmerz noch Groll, wenn sie an ihren Exverlobten zurückdachte.
„Scott tauchte immer seltener bei mir auf, und wenn er mich besuchte, hatten wir uns kaum noch etwas zu sagen.“
„Und dann hat der Mistkerl einfach Schluss gemacht!“
„Oh nein“, korrigierte Libby regelrecht heiter, „das habe ich für ihn übernommen.“
„Ich hoffe, er und sein verdammtes Surfboard sind glücklich miteinander geworden“, knurrte Alex sarkastisch.
„Da bin ich mir ganz sicher!“, lachte Libby. „Zum Glück hatte ich viele gute Freunde und meine Familie. Sie alle haben mich aufgefangen, als ich mich wie ein dummes, undankbares Gör aufgeführt habe.“
„Du bist viel zu streng zu dir.“
Darauf sagte Libby nichts, weil sie es besser wusste. Aber wichtig war allein, dass sie überlebt hatte. „Auf jeden Fall brauchte ich danach irgendetwas anderes, dem ich mich mit Leib und Seele verschreiben konnte“, fuhr sie fort. „Und wie sich herausstellte, ist meine neue Leidenschaft noch viel größer als die für das Surfen.“
„Du meinst, andere Sportler von ihren Verletzungen zu kurieren? Darin bist du wahrhaftig großartig.“
Ihr Herz klopfte wie verrückt. „Meinst du das wirklich ernst, Alex?“
„Und ob“, erwiderte er fest. „Ich habe dir zwar zwischendurch einiges zugemutet, aber ich erkenne absolut an, was du für mich getan hast und bin dir sehr dankbar dafür. Allerdings könnte ich gerade im Moment wieder ein wenig Therapie gebrauchen …“
Alarmiert sah Libby ihn an. „Schmerzt deine Schulter?“
„Nein, etwas höher“, erklärte er rau und tippte mit der Fingerspitze auf seine Lippen. „Etwa hier …“
Sie lachte erleichtert. „Da kann ich sofort Abhilfe schaffen!“, versprach sie und beugte sich über ihn.
8. KAPITEL
Am nächsten Morgen beschlossen Alex und Libby, sich ein Frühstück im Manly Café am Stand zu gönnen. Und zwar draußen, in der warmen Herbstsonne und inmitten des typischen Wochenendgetümmels. Das Geräusch der heranrollenden Wellen mischte sich mit dem gedämpften Motorenlärm und dem launigen Plaudern und Lachen der Einheimischen und Touristen.
Libby bestellte sich Toast und frische Früchte, während Alex sich ein richtiges Männerfrühstück schmecken ließ: Eier mit Speck, geschmorten Pilzen, Tomaten und würzigen Kräutern. Während er drauf wartete, stellte er fest, dass er seit Langem endlich wieder einmal richtigen Appetit hatte. Vielleicht würde er zum Nachtisch sogar noch etwas Süßes ordern.
Obwohl ich davon heute Nacht schon mehr als gedacht genießen durfte …
Einen kleinen bitteren Beigeschmack hatte es trotzdem gegeben, als Libby von ihrem Exverlobten erzählt hatte. Dabei war sie ohne ihn in jedem Fall besser dran! Was für ein Mann steckte der Frau seines Herzens zuerst einen Ring an den Finger, nur um ihn …
Alex spürte einen seltsamen Stich in der Brust. Rührte Libbys Antipathie gegen Schmuck vielleicht daher? Hoffentlich
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