Wofür schlägt dein Herz?
gilt. Nach fünf Jahren als Carters Schüler habe ich mich bei ihm bedankt und bin meiner Wege gegangen.“
„Einfach so?“
Das klang zweifelnd, und Alex spürte, wie sich seine Stacheln aufstellten. „Ich bin natürlich mit Carters Segen gegangen“, stellte er klar. „Er schenkte mir etwas als Erinnerung an unsere gemeinsame Zeit und das Vertrauen, das er in mich setzte. Es war eine Art Medaille, die er selbst gemacht hatte. Eine Medaille mit einer großen Eins in der Mitte.“
Jeder, der Alex Wolfe als Formel-1-Pilot kannte und bewunderte, kannte natürlich seinen berühmten Talisman.
„Ohne sie fahre ich kein Rennen“, schloss er. Nach Annabelles beunruhigender Nachricht hatte er sie zum ersten Mal nicht eingesteckt und prompt einen Unfall gebaut.
„Sie bedeutet dir offenbar sehr viel“, sagte Libby leise.
„Mehr als alle Preise und Trophäen, die ich im Verlauf meiner Karriere gewonnen habe oder noch gewinnen werde.“ Dieses kleine Stück Metall symbolisierte nicht nur, wo er jetzt stand, sondern auch, was vergangen war und wohin er nie mehr zurückkehren wollte. Carter hatte ihn gebeten, die Medaille an jemanden weiterzugeben, der sie nötiger hatte als er, wenn er sie nicht mehr brauchte.
Doch eher würde er sich das Herz aus der Brust reißen! Auf seinen Talisman konnte und wollte er ebenso wenig verzichten wie darauf, Rennen zu fahren.
„Wann hast du ihn zuletzt gesehen?“, wollte Libby wissen.
Alex spürte einen heftigen Stich in der Brust, weil er das nicht genau sagen konnte. „Wir halten Kontakt.“
„Per E-Mail?“
„Auch …“, murmelte er nach kurzem Zögern.
„Man sagt, dass du keine Angst auf der Rennstrecke kennst und es niemals einen ehrgeizigeren und besesseneren Formel-1-Piloten als dich gegeben hätte.“
Lachend gab er dem Kellner ein Zeichen wegen der Rechnung. „Manchmal ist die verdammte Presse eben doch zu etwas gut.“
„Sind deine Geschwister auch zuerst aus der Spur geraten, bevor sie ihre verschiedenen Karrieren starteten?“, fragte Libby neugierig.
„Lucas, der Zweitälteste, war ein ziemlicher Rebell und Hallodri. Er hat seine leibliche Mutter nie kennengelernt und wusste nicht einmal ihren Namen. Sie hat ihn als Neugeborenen auf der Schwelle von Wolfe Manor abgelegt. Mein Vater hat ihn gehasst und daraus auch nie einen Hehl gemacht. Kein Wunder, dass Lucas sich als frühreifer Bengel bereits unwiderstehlich zu Frauen hingezogen fühlte und ohne Rücksicht auf Verluste eine Eroberung nach der anderen machte. Allerdings habe ich gerade von Annabelle erfahren, dass er endlich seine wahre Liebe gefunden haben soll. Schwer zu glauben. Sie muss schon etwas ganz Besonderes sein.“
Seine Gedanken wanderten zu der wunderschönen Frau, die ihm gegenübersaß. Wie es aussah, war auch Libby Henderson außergewöhnlich. Nicht, dass er nach einer Liebe fürs Leben Ausschau hielt! Hunderte von Gründen sprachen dafür, Single zu bleiben. Und auf keinen Fall würde er einer Frau versprechen, was er nicht halten konnte. Nicht wie dieser Schuft, der Libby so übel abserviert hatte!
„Was ist mit Jacob? Hat er auch so extrem unter eurem Vater gelitten?“
Alex’ Blick verdüsterte sich und wurde seltsam abwesend. „Vielleicht sogar mehr als wir alle. Etwa ein Jahr, bevor er ging, gab es … einen Unfall, der unser aller, aber besonders sein Leben für immer veränderte …“
Der Kellner brachte die Rechnung, und Alex zahlte.
„Wollen wir einen Spaziergang machen?“, fragte er dann.
Sofort schob Libby ihren Stuhl zurück. „Gern.“
Minuten später schlenderten sie die Strandpromenade entlang. Spontan legte Alex einen Arm um Libbys Taille und wies mit dem Kinn aufs strahlendblaue Meer. „Ist das okay für dich?“
Sie verstand und nickte. „Ich gehe häufig hier spazieren“, versicherte sie ihm und lächelte zögerlich, „… allerdings habe ich es noch nicht so weit gebracht, barfuß durch den Sand zu laufen. Aber lass uns wieder über Jacob reden.“
Plötzlich drängten die Erinnerungen der Vergangenheit mit einer Macht nach außen, die Alex erschreckte. Es war, als versuchten winzige helle Sonnenstrahlen mit aller Kraft, den bleischweren Himmel nach einem gewaltigen Gewitter aufzuhellen.
„Mein Vater hatte ein teuflisches Temperament, und er wütete besonders schlimm, sobald er etwas getrunken hatte. Darunter hatten wir alle ständig zu leiden … aber eines Abends …“
„Alex, er hat doch niemanden umgebracht?“, fragte Libby
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