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Woge der Begierde

Woge der Begierde

Titel: Woge der Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shirlee Busbee
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von einer Hexe von Stiefmutter wie Sophie Weston großgezogen worden wäre, wer wüsste schon, wie ich am Ende geworden wäre. Und es war auch nicht hilfreich gewesen, dass Charles’ Vater die Familie durch seinen Hang zum Glücksspiel und Ausschweifungen an den Rand des finanziellen Ruins geführt hatte. Einzig seine Heirat mit Sophie und ihr schier unermesslicher Reichtum hatten Harlan Weston davor bewahrt, seine Familie völlig zu ruinieren. Nach Harlans Tod hatte Sophie Charles keine Minute lang vergessen lassen, dass es ihr Geld war, mit dem Stonegate unterhalten wurde. Es stand außer Zweifel, dass Charles’ Leben unter Sophies Fuchtel alles andere als angenehm gewesen war, überlegte Julian weiter, oder dass die letzten Jahre nicht einfach für ihn gewesen waren.
    Selbst mit der sorgfältig geschönten Version der Ereignisse, die sie der Nachbarschaft und der guten Gesellschaft
geliefert hatten, hatte es Gerüchte und hochgezogene Brauen gegeben. Charles’ Gefühle für seine Stiefmutter waren kein Geheimnis, obwohl er selten etwas darüber sagte, und ihr Tod war, wie die Gehässigen tuschelten, für ihn so überaus günstig .
    Ehe die Stille zwischen den beiden Männern unbehaglich werden konnte, bemerkte Julian forsch: »Genug mit den Grübeleien über Vergangenes. Es ist vorbei und abgeschlossen, und wir beide müssen für vieles dankbar sein. Sag mir, hast du aufgehört, kreuz und quer durchs Land zu reisen? Verbringst du den Winter auf Stonegate?«
    »Vielleicht. Nicht, um unangenehmen Erinnerungen nachzuhängen, aber Stonegate ist nun einmal für mich voller Gespenster; ich denke nicht, dass es mir gefallen würde, in diesen Mauern eingesperrt zu sein - mit den Geistern von Sophie und Raoul als Gesellschaft.«
    »Was du brauchst«, erklärte Julian mit einem Lächeln, »ist eine Ehefrau. Und Kinder. Sie würden alle Gespenster vertreiben, die dumm genug sind, in Stonegates Hallen ihr Unwesen zu treiben. Glaub mir, ich spreche aus Erfahrung.«
    Wie um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, öffnete sich die Tür zur Bibliothek und ein kleiner Junge mit einem dichten schwarzen Haarschopf und den Weston-Familienzügen schlüpfte ins Zimmer. Der Junge war vielleicht zwei Jahre alt und schon fürs Bett umgezogen, und sein heimlichtuerisches Gebaren verriet, dass er seinem Kindermädchen entwischt sein musste. Als er Julian erspähte, stieß er einen Freudenschrei aus und rannte mit wehendem Nachthemd quer durch den Raum zu ihm.
    »Papa! Papa!«, rief er dabei. »Ich habe dich gesucht und gesucht.«

    Julian blieb kaum genug Zeit, sein Glas auf einem nahen Tisch abzustellen, ehe schon ein zappelndes Kind seinen Schoß erklomm. »Und du, mein Sohn, hast völlig deine Manieren vergessen. Komm, Adam, willst du unseren Cousin nicht begrüßen?«
    Aus Julians Ton war kein echter Tadel zu hören, sondern nur die offensichtliche Liebe für seinen Sohn und sein Stolz auf ihn. Es war auch unübersehbar, dass für jemanden seines Ranges und Standes in Julians Haushalt ein ungewöhnlich formloser Umgangston herrschte. Charles konnte sich kein anderes Mitglied der guten Gesellschaft vorstellen, das auch nur seinem Erben solche Freiheit gewähren würde. Er grinste erfreut bei dem Anblick des eleganten Earl of Wyndham als nachgiebigem Vater.
    Bei den Worten seines Vaters lehnte Adam vertrauensvoll seinen Kopf an dessen Brust und blickte Charles an. »Hallo«, sagte er mit einem Lächeln.
    »Hallo Lausejunge«, erwiderte Charles ebenso lächelnd. »Du bist gewachsen, seit ich dich das letzte Mal gesehen habe.«
    »Mama sagt, ich werde groß. Wie Papa«, erwiderte Adam mit schlichtem Stolz.
    »Falls du lange genug lebst«, bemerkte eine lachende Frauenstimme von der Türschwelle aus. Groß und schlank, das braune Haar im Nacken zu einem Knoten aufgesteckt, mit einem dunkelgrünen Kleid aus Bombasin mit hoch angesetzter Taille angetan, dessen Röcke beim Gehen raschelten, betrat die Countess of Wyndham die Bibliothek. Sie lächelte Charles zu und ging zu ihm, küsste ihn auf die Wange. »Es tut gut, dich zu sehen«, erklärte sie, und in ihren meergrünen Augen stand Zuneigung. »Bleibst du zum Abendessen?«

    Charles schüttelte den Kopf. »Nein, ich wollte nur rasch herkommen und euch wissen lassen, dass ich auf Stonegate bin … wenigstens für ein oder zwei Wochen.«
    Nells Lächeln verblasste. Sie schaute ihm fragend ins Gesicht. »Stonegate ist dein Zuhause. Lass dich nicht von den Geistern

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