Wogen der Liebe
schrie es laut heraus.
»Grüne Flammen, sieh nur, das Schwert sprüht grüne Flammen!«
Auch Thoralf sah es. Die Prophezeiung hatte sich erfüllt!
Er hob das Schwert zum Himmel, damit alle die grünen Flammen auf der Klinge sehen konnten. Die Zuschauer raunten, riefen Odin an.
»Gunnlogi«, brüllte Thoralf mit kraftvoller Stimme und stürmte auf Hoskuld zu. Drei, vier, fünf Hiebe, die Hoskuld zurückweichend abwehrte. Mit einem dumpfen Klirren brach sein Schwert. Ein Aufschrei der Umstehenden ertönte, Hoskuld starrte mit ungläubiger Miene auf den Schwertstummel in seiner Hand. Im nächsten Moment spürte er Thoralfs Schwertspitze an seiner Kehle.
Langsam senkte Hoskuld den Arm und ließ den traurigen Rest seiner Waffe fallen. Er hatte verloren, sie alle waren verloren!
Thoralfs Anhänger jubelten, Raudaborsti hüpfte wie wild umher. Nur Viviane stand stumm. Aus dem Augenwinkel sah sie Asgeir am Rand stehen. Seine Hand fuhr langsam unter seinen Umhang.
»Thoralf, pass auf! Asgeir …« Im selben Augenblick flog ein Messer aus Asgeirs Hand auf Thoralf zu. Geistesgegenwärtig bückte sich dieser, das Messer blieb im heiligen Baum stecken.
Wieder lief ein Aufschrei durch die Zuschauer. Diesmal richtete sich ihr Zorn gegen Asgeir. »Verräter«, riefen sie.
Asgeir stieß die neben ihm Stehenden beiseite und lief zu seinem Pferd, auf dem Thoralf gekommen war. Er sprang hinauf und preschte in die Dunkelheit davon. Pfiffe und Gelächter folgten ihm. Doch dann richteten sich die Blicke wieder auf Thoralf und Hoskuld. Thoralf hielt immer noch die Schwertspitze an Hoskulds Kehle. Jetzt war der Augenblick gekommen, wo Blut die Erde um den heiligen Baum tränken würde.
Thoralf ließ das Schwert sinken. Es wurde unheimlich still. »Ich werde dich nicht töten. Es ist schon zu viel Blut geflossen. Mit deinem Tod kann ich all die anderen Toten nicht wieder nach Midgard zurückholen. Odin wollte, dass ich siege. Das genügt.«
Hoskuld atmete auf, doch dann besann er sich, dass er der Sohn eines Jarls war. Er hatte verloren, doch dass Thoralf ihm das Leben schenkte, war eine Schmach.
»Du verhinderst, dass ich in Walhall einziehe und mir ein Platz an Odins Tafel zugewiesen wird?«
»Ganz recht, Hoskuld, denn da sitzt mein Vater. Und ich werde zu verhindern wissen, dass du dort mit ihm zusammen speist. Das kommt nur wirklichen Helden zu.«
Beschämt senkte Hoskuld den Kopf, während die Zuschauer Thoralf zujubelten.
Thoralf hob die Hand. »Ragnvald, jetzt ziehen wir alle nach Bleytagarðr. Du wirst deine Schatzhäuser öffnen.«
Ragnvald war klug genug, sich zu fügen. Zwar hätte eine Schlacht ihm die Entscheidung bringen können, denn seine Männer waren denen Thoralfs zahlenmäßig überlegen, doch er fürchtete Odins Rache mehr als den Hungertod. Er wollte in Würde sterben.
So begaben sich alle nach Bleytagarðr. Es wurde ein langer Zug, denn auch die anderen Jarls schlossen sich mit ihrem Gefolge an. Bevor sie loszogen, trat Sven vor Thoralf. Er hielt sein Pferd am Zügel.
»Es widerspricht der Würde eines Siegers, zu Fuß auf sein erobertes Land zu gehen. Nimm mein Pferd, das deinige hatte Asgeir genommen.«
Thoralf stutzte einen Moment, doch dann nahm er das Angebot an. Es hätte Sven sonst beleidigt.
Der neue Tag brach bereits an, als sie Bleytagarðr erreichten. Die Torflügel standen weit offen, sonst war es still auf dem großen Hof. Nur einige Hunde liefen aufgeregt umher. Thoralf sprang vom Pferd und schaute sich um.
»Ragnvald, lass alles aus deinen Ställen und Vorratshäusern bringen, was dein Sohn uns geraubt hat.«
Auch Ragnvald stieg vom Pferd. Er legte seinen prachtvollen Umhang ab und warf ihn auf den Boden, auch seine Krone, sein Schwert, sein Messer. Mit einer ausholenden Armbewegung deutete er auf das große Anwesen. »Wozu? Jetzt gehört alles dir. Nimm es, ich werde dich nicht daran hindern.«
»Du glaubst also, ich überlasse dich, deine Familie und dein Gesinde dem Hungertod? Hältst du mich für so rachsüchtig?«
»Du meinst …?«
»Ich will all das wiederhaben, was von Skollhaugen geraubt wurde. Deinen Besitz taste ich nicht an. Du wirst mit der Schande leben müssen, was du getan hast, was du geduldet hast, was dein Sohn getan hat. Ich werde jedoch nicht Unschuldige leiden lassen.«
Er erntete brausenden Jubel. »Ein kluger Mann, ein weiser Jarl«, riefen alle, während Thoralfs Männer bereits begannen, die Ochsenkarren zu beladen.
Plötzlich trat Gunnardviga zu
Weitere Kostenlose Bücher