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Wogen der Liebe

Wogen der Liebe

Titel: Wogen der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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echte?
    Truud schleppte höchstpersönlich zwei Wassereimer vom Brunnen zur Schwitzhütte. Thoralf wollte baden.
    »Wieso badet er in warmem Wasser?«, wollte Viviane wissen.
    Raudaborsti verzog das Gesicht. »Damit er schwitzt. In der Hütte gibt es eine Feuerstelle und Steine, die sich erhitzen. Wenn man Wasser draufkippt, gibt es Dampf. Thoralf sitzt dann in einem großen Fass mit heißem Wasser und schwitzt und schwitzt. Hinterher wird er mit Birkenzweigen geschlagen.«
    »Gütiger Himmel, was hat er denn verbrochen?«
    »Nichts, wir machen das manchmal so. Es soll den Körper kräftigen.«
    »Ich stell mir das schrecklich vor.«
    »Ist es auch. Beinahe so schrecklich wie das Waschen mit dem kalten Wasser. Ich wasche mich gar nicht gern.«
    »So siehst du auch aus«, erwiderte Viviane.
    »Truud bestimmt, wann wir uns waschen müssen. Dann hau ich lieber ab. Aber Thoralf bestimmt selbst, wann er badet. Er badet oft.«
    Viviane wischte die von der Wolle fettigen Hände an ihrem Kittel ab und verließ die Hütte. Die dicken Wände aus Grassoden und Feldsteinen hielten die kühle Luft ab, die vom Fjord her aufstieg. Es wehte ein rauher Wind. Aus der Schwitzhütte drang Rauch.
    Vorsichtig näherte sich Viviane in einer Mischung aus Angst und Neugier. Die Tür war geschlossen, sie vernahm Truuds tiefe Stimme. Nach einem prüfenden Blick, ob sie auch niemand bemerkte, stellte sie sich auf die Zehenspitzen und lugte durch die Ritzen der Flechtwand. Im Inneren war es düster, viel konnte sie nicht erkennen. Doch dann entdeckte sie Thoralfs hellen Körper in einem Bottich, aus dem es dampfte. Schweiß rann ihm von der Stirn herab, sein Haar hing nass auf die Schultern. Truud goss Wasser auf die heißen Steine der Feuerstelle, es zischte und dampfte. Die ganze Hütte war voller Rauch. Thoralf erhob sich aus dem Bottich. Er war splitternackt. Viviane hielt den Atem an. Sie bedauerte, dass sie durch den Dampf nicht mehr sehen konnte, gleich darauf erschrak sie über derart unkeusche Gedanken. Aber hier war alles so anders als das, was sie bisher gekannt, erlebt, erfahren hatte. Und Thoralf – der legte sich auf eine aus dünnen Birkenstämmen grob gezimmerte Bank. Truud nahm ein Bündel Birkenzweige und schlug damit auf Thoralfs Rücken, das Gesäß und die Beine ein. Viviane blieb der Mund offen stehen. Raudaborsti hatte nicht gelogen. Es war unglaublich!
    Beinahe hätte Viviane die Tür vor den Kopf bekommen, so vertieft war sie in ihre heimlichen Beobachtungen. Zum Glück bemerkte Truud sie nicht. Sie schnappte sich einen Eimer mit kaltem Wasser aus dem Brunnen und schüttete ihn über Thoralf aus. Der brüllte laut auf, schnaufte, prustete und schüttelte sich. Truud rieb ihn mit einem groben Nesseltuch trocken. Während Truud mit den leeren Eimern verschwand, kleidete Thoralf sich wieder an und verließ die Hütte.
    Viviane versteckte sich hinter dem nächsten Vorratshaus und schaute ihm nach, wie er zufrieden, mit rosiger Haut und feuchtem Haar zum Haupthaus ging.
    Verwirrt blieb Viviane stehen. In ihrem Bauch kribbelte es wie in einem Ameisenhaufen. Was hatte das zu bedeuten? Fahrig strich sie sich durchs Haar. Sie hatte es nicht geflochten. Wahrscheinlich sah sie aus wie Truuds Besen aus Reisigborsten. Sie nahm sich vor, etwas mehr auf ihr Äußeres zu achten. Sie war sich nicht sicher, ob sie Thoralf gefallen wollte oder besser unsichtbar bleiben sollte. Ob Thoralf sie überhaupt wahrnehmen würde?
    Das metallisch klingende Hämmern von der Schmiede riss sie aus ihren abwegigen Gedanken. Sie roch den Rauch vom Schmiedefeuer, sah den rötlichen Schein zwischen den aus Feldsteinen gebauten halbrunden Hütten. Vor der Schmiede hockte ein junger Mann am Boden, zwischen den Knien einen Kessel. Mit geschickten Händen verzierte er dessen Rand mit einem komplizierten Muster. Er hämmerte es mit feinen Schlägen auf einen kleinen Meißel. Der Kessel bestand nicht aus Eisen, sondern aus Kupfer. Eine Weile schaute Viviane ihm fasziniert zu. Der Mann hob den Kopf. Irgendwie erinnerte er Viviane an Käre, doch er war es nicht. Der junge Schmied, der beinahe ein Künstler war, besaß ebenso blondes Haar und blaue Augen wie Käre. Seinen glatten Wangen und dem spärlichen Bartwuchs nach zu urteilen, war er nicht älter als Käre. Viviane bewunderte sein Geschick.
    »Was willst du?«, fragte er.
    »Dir zuschauen. Du bist sehr geschickt.«
    »Ich lerne noch«, erwiderte er und senkte den Kopf. Konzentriert arbeitete er

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