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Wogen der Liebe

Wogen der Liebe

Titel: Wogen der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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besonderes Vertrauen zu genießen. Bislang hatte keiner festgestellt, dass Viviane außergewöhnlich schöne Stoffe herstellen konnte. Bislang hatte sie auch gar keine Gelegenheit dazu gehabt. Truud war nicht überzeugt, doch sie schwieg. Es stand ihr nicht zu, Thoralfs Entscheidung zu kritisieren.
    Während die Wolle auf den Gestellen trocknete, suchte Viviane die Zutaten für die Farben zusammen. Für die weißen Streifen wählte sie besonders helle Wolle aus, die sie in die Sonne legte. So bleichte sie zusätzlich aus. Sie trennte sie sorgfältig von dem Rest, den sie einfärben wollte. Für die rote Farbe benutzte sie teuer eingetauschtes Krapp und Blätter der Eiche. Beides kochte sie in einem großen Kessel zu einer stinkenden Brühe von undefinierbarer Farbe. Vorsichtig tauchte sie ein Teil der getrockneten Wolle hinein, ließ sie aufkochen, beobachtete genau und hängte sie schließlich zum Trocknen auf. Aus der Farbe entwickelte sich nach und nach ein Rot, das aber nicht ihrer Haarfarbe glich. Noch war sie nicht zufrieden, setzte dem Färbewasser Eisenspäne zu, die die Farbe verdunkelten. Der Einsatz von Bartflechte verwandelte alles in ein dunkles Orange, letztlich glich die Farbe ihrem Haar, als hätte sie es in die Wolle hineingesponnen.
    Dann nahm sie das gewünschte Grün in Angriff, doch das war ungleich schwieriger. Der Sud aus Schafgarbe, Goldrute, Birkenblättern oder Farn brachte nicht den gewünschten Erfolg. Immer glich das Grün einem Kuhfladen. Viviane verzweifelte.
    Raudaborsti beobachtete Vivianes Färbeversuche mit gutmütigem Spott. Sie behängte sich mit den gefärbten Wollproben und verschreckte damit die anderen Mägde.
    »Verschwinde, du Troll, du brauchst nicht diese hässlichen Flecken, um scheußlich auszusehen. Warum wälzt du dich nicht gleich in den Kuhfladen?«
    »Vielleicht solltest du Kuhfladen nehmen«, schlug Raudaborsti schließlich vor, als sie Vivianes verzweifelte Miene bemerkte. »Kuhkacke ist auch grün, und wenn man sie aufkocht …«
    Viviane warf eine Spindel nach Raudaborsti. »Dumme Sprüche bekomme ich schon genug zu hören«, schimpfte sie. »Sag lieber, was ich machen soll. Nichts hilft, ich habe alles ausprobiert.«
    Raudaborsti holte tief Luft. »Du willst dich bei Thoralf einschmeicheln mit diesem Mantel.«
    »Nein, es ist sein Befehl, und ich werde ihm gehorchen«, verteidigte sich Viviane.
    »Ja, ja, rot wie dein Haar, grün wie deine Augen, weiß wie deine Haut …«
    »Ich weiß gar nicht, wie meine Augen richtig aussehen«, erwiderte Viviane verstimmt. »Vielleicht ähneln sie wirklich der Farbe frischer Kuhfladen.«
    Raudaborsti grinste. Hinter ihrem Rücken zog sie eine Spiegelscherbe hervor.
    Viviane staunte. »Wo hast du die denn her?«
    »Psst, die muss ich wieder zurückbringen. Sie gehört Astrid, aber sie hat sie lange nicht benutzt, weil sie zersprungen ist. Sie benutzt lieber poliertes Kupfer. Sie meint, es schmeichelt ihrem Gesicht mehr als diese graue Glasscherbe.«
    Vorsichtig nahm Viviane das kostbare Stück Glas entgegen. Es war mit einem grauen Metall hinterlegt, und man konnte sich darin betrachten. Irgendwie war ihr Gesicht darin verzerrt wie das Spiegelbild im Wasser, doch das störte Viviane nicht. Sie versuchte, die Farbe ihrer Augen zu ergründen. Thoralf hatte recht, so eine Farbe hatte sie noch nirgendwo gesehen. Vielleicht in den Glasperlen, die die Händler manchmal anboten. Doch die hatte sie nie so genau betrachtet, weil sie sich ohnehin keine Glasperlenkette kaufen konnte.
    Raudaborsti brachte einen gefüllten Bierkrug und drückte ihn Viviane in die Hand. »Dir wird wohl gar nichts anderes übrig bleiben, als die Götter um Hilfe zu bitten. Es sei denn, du willst Thoralf enttäuschen.«
    »Er wird mich ins Wasser werfen, wenn ich nicht seinen Willen erfülle«, seufzte Viviane. Die heidnischen Götter um Hilfe zu bitten war wirklich der letzte Versuch. Doch wie opferte man heidnischen Göttern?
    »Tut mir leid, aber da kann ich dir nicht helfen«, bedauerte Raudaborsti. »Du musst es schon selbst tun, sonst wirkt es nicht.« Sie überlegte kurz. »Einen halben Tag von hier gibt es einen einsamen See. Er ist der Göttin Frigg geweiht. Wenn du dich vor den anderen Göttern fürchtest, dann gefällt dir vielleicht Frigg, weil sie eine Frau ist und wir ihr für Fruchtbarkeit opfern. Steig in den See und leere den Bierkrug. Dann wirst du schon sehen, was passiert.«
    Eine Göttin? Viviane überlegte. »Erzähl mir mehr über

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