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Wogen der Liebe

Wogen der Liebe

Titel: Wogen der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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umso feiner konnte sie gesponnen werden. Auch daheim hatte Viviane Wolle gesponnen, allerdings wesentlich gröber, denn die Stoffe wurden zur Herstellung von Bekleidung für Bauern, Fischer und Handwerker benutzt. Es waren grobe Stoffe mit Knoten und Verdickungen. Wichtig war, dass das Kleidungsstück lange hielt. Auf Farbe wurde wenig Wert gelegt. Die Frauen trugen manchmal Stoffe, die gelb oder bräunlich, manchmal auch dunkelrot eingefärbt waren. Die Männer waren mit den braunen Kitteln meist zufrieden. Nur zu Feiertagen wurden helle Leinenhemden daruntergezogen.
    Viviane fragte Truud, doch auch die hatte keine Ahnung, wie Wolle in Grün, das der Farbe von Vivianes Augen entsprach, eingefärbt wurde. Da Thoralf bestimmt hatte, dass Viviane ihm diesen ganz besonderen Mantel herstellen sollte, ließ die Großmagd sie gewähren. Doch sie half auch nicht. So richtig verstand Truud nicht, warum dieser fremden, rothaarigen Sklavin ein derartiges Privileg eingeräumt wurde. Es wäre Gunnardvigas Aufgabe gewesen, ein Hochzeitsgeschenk für Thoralf anzufertigen. Doch Gunnardviga wusste nichts von Thoralfs Auftrag. Sie war auf ihren Hof zurückgekehrt, um sich um dessen Verwaltung zu kümmern. Einzig Asgeir drückte sich noch auf Skollhaugen herum. Das Gastrecht gebot, dass er so lange bleiben konnte, wie er selbst es wollte. Zudem war er ja Gunnardvigas Bruder und würde schon bald gänzlich zur Familie gehören. Er suchte Thoralfs Nähe und Vertrauen, verwickelte ihn in Gespräche, probierte in spielerischen Kämpfen Waffen aus den Vorratshäusern aus, wobei er ständig verlor. Das schien ihm aber nichts auszumachen. Er lachte darüber, gratulierte Thoralf zum Sieg, und beide begossen den Spaß mit Met.
    Ab und zu begaben sich die Männer auf die Jagd. Asgeir nahm ständig daran teil, ebenso wie an den darauffolgenden Festmahlen. Sie brachten Hirsche, Rehe, Wildschweine, Wölfe, Bären und Füchse zur Strecke. Einmal töteten sie ein Tier, das Viviane noch nie gesehen hatte. Es war so groß wie ein Pferd, ähnelte einem Hirsch, und doch sah es ganz anders aus. Vielleicht war es ein Fabelwesen, eine Schimäre, ein Einhorn aus den Sagen der Alten?
    Raudaborsti lachte Viviane aus. »Das ist ein Elch«, erklärte sie. »Man muss schon weit nach Norden reiten, um sie zu finden. Vielleicht hat er sich hierher verlaufen.«
    »Wenn du alles so genau weißt, dann sag mir doch, wie man Wolle färbt. Wir haben zu Hause die Wolle nicht gefärbt. Wir besaßen braune Schafe.«
    »Braune Schafe, so, so. Die haben sich wohl zuvor im Moor gewälzt?«
    »Du glaubst mir nicht. Es ist aber so.«
    »Du glaubst mir doch auch nichts. Weshalb ziehst du sonst immer deine Nase kraus, wenn ich dir etwas erzähle? Finde doch selbst heraus, wie man Wolle färbt.«
    »Ich dachte, du bist meine Freundin.«
    »Bin ich auch. Deswegen gebe ich dir den guten Rat, die Götter zu fragen.«
    Viviane zuckte zurück. »Du weißt, dass ich nur an meinen Gott glaube. Ich habe ihn schon befragt, aber er hat mir nicht geantwortet.«
    »Siehste!« Raudaborsti tippte an Vivianes Anhänger. »Hier herrschen andere Götter. Nun glaub es mir doch endlich.«
    Hilflos hob Viviane die Hände. »Wie soll ich das denn machen? Soll ich sie anrufen? Und wenn sie mich nicht hören? Wie merke ich, dass sie mich erhört haben?«
    »Fragen, Fragen, Fragen …« Raudaborsti seufzte und schlug sich mit den Händen auf die dünnen Oberschenkel. Das sah so lustig aus, dass Viviane unwillkürlich lachen musste.
    »Zuerst musst du mal den Göttern opfern.«
    »Was soll ich denn opfern? Ich habe nichts. Außerdem widerstrebt es mir, Tiere zu töten und das Blut …«
    »Nein, nein, ein Bieropfer reicht. Hast du heute schon deine Ration Sauerbier getrunken?«
    Viviane schüttelte den Kopf.
    »Also, dann hol dir dein Bier und bringe es an einen heiligen Ort.«
    »Wo finde ich einen heiligen Ort?«
    »Du stellst dich wirklich an wie eine Jährlingskuh. Heilige Orte gibt es überall, ein Moor, eine Quelle, ein alter Baum, ein Hügel, ein einzelner Felsen, eine Höhle. Die Götter sind überall.«
    Viviane beschloss, zunächst die Wolle vorzubereiten und den heiligen Ort später zu suchen. Mit Eifer machte sich Viviane an die Arbeit. Zunächst wusch sie die Wolle mit Regenwasser und hängte sie auf Holzgestellen zum Trocknen auf. Truud befahl den Mägden, sich nicht an dieser Wolle zu vergreifen. Thoralfs Wunsch war für alle Befehl. Und die fremde rothaarige Viviane schien Thoralfs

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