Wogen der Liebe
abfaulen, wenn du solche Lügen verbreitest.«
Halveig zog ihre Schwester zurück. »Lass es gut sein. Die Sklavin wird zurechtgewiesen, notfalls mit der Rute.«
Dallas Augen blitzten. »Hast du vergessen, dass wir …«
»Pssst! Halt doch endlich den Mund!« Halveig stieß Dalla zurück. Wie konnte sich ihre Schwester nur so vergessen?
Astrid schaute verwundert von einer zur anderen. »Warum ereifert ihr euch wegen einer Magd? Für das Gesinde bin ich zuständig. Also haltet euch da raus.«
»Schert euch wieder in die Betten«, knurrte Björgolf Einbein von seinem Lager her. »Ich will schlafen. Schwatzhafte Weiber!«
Mit einem Grummeln im Bauch kroch Dalla unter ihre Decke. Vor den Augen der Eltern konnte sie Viviane nicht erdolchen, auch wenn sie es am liebsten sofort getan hätte. Ihr Hass auf die Fremde wuchs immer mehr.
Halveig hing im Dunkeln ihren Gedanken nach. Auch sie war der Meinung, dass Viviane verschwinden musste, aber sie war nicht so hitzig, wie sich Dalla verhielt. Auch Fürstentöchter konnten wegen Mordes verurteilt werden. Wesentlich einfacher wäre, wenn die Sippe sie wegen Zauberei oder einer Untat verurteilen würde. Dann wären sie beide fein heraus.
Auch Astrid lag noch lange wach. Von Anfang an gab es Probleme mit dieser Sklavin, die Thoralf aus einem nicht nachvollziehbaren Grund mitgebracht hatte. Es gab genug Mägde auf Skollhaugen, und auch Gunnardviga hatte keinen Bedarf an weiterem Gesinde. Lag vielleicht eine stille Absicht dahinter, dass Thoralf und diese Viviane …
Unsinn! Astrid schob den Gedanken beiseite. Thoralf war manchmal ein Hitzkopf. Sicher war nur seine männliche Leidenschaft mit ihm durchgegangen, ohne nachzudenken, dass er damit Gunnardviga kompromittieren könnte. Zum Glück hatte sie ihm ja ins Gewissen geredet, und er hatte sich in den letzten Tagen vor seiner Abreise von Viviane ferngehalten. Der Frieden auf dem Hof war wiederhergestellt. Den würde sie sich auch von ihren Töchtern nicht verderben lassen. Und was diese Viviane betraf – es gab genügend Zauber gegen Feen und Hexen. Es würde sich eine Lösung finden.
Dank Vivianes aufgebrühtem Minztee fühlte sich Raudaborsti am nächsten Morgen wieder besser. Truud lieh der Kleinen sogar einen neuen Kittel, bis ihrer ausgewaschen und getrocknet war. Freiwillig nahm Raudaborsti einen Korb, um Pilze suchen zu gehen. Sie zwinkerte Viviane zu.
»Die Herrin hat befohlen, dass du endlich den Mantel fertig webst«, fuhr Truud dazwischen. »Du solltest dich beeilen, weil ich dich auch brauche, um Holz zu holen, Beeren zu sammeln und Pilze zu putzen. Außerdem säuberst du noch unsere Hütte, weil du heute Nacht Asche aufgewirbelt hast.«
Viviane widersprach nicht. Zwar wäre sie gern mit Raudaborsti gegangen, um sie vom weiteren Apfelverzehr abzuhalten. Sie würde bestimmt kein zweites Mal von Astrid lindernde Kräuter erhalten. Aber wenn sie jetzt im Haupthaus am Webstuhl saß, ergab sich bestimmt die Gelegenheit, mit Astrid zu sprechen. Sie würde ihr von dem belauschten Gespräch erzählen. Die Gefahr für Skollhaugen war groß, das würde die Herrin sofort erkennen.
Viviane setzte sich auf die geflochtene Strohmatte, die etwas die Kälte des Fußbodens dämpfte. Einige Zeit hatte sie nicht mehr an dem Mantel gearbeitet, jetzt freute sie sich darauf. Dieser Mantel verband sie mit Thoralf, wo immer er sich auch gerade befand. Ein warmes Gefühl durchströmte sie. Sie wandte sich zu Astrid um, die auf einer der fellbedeckten Bänke saß und verschiedene Glasperlenketten betrachtete. Neben ihr beschäftigten sich Dalla und Halveig mit Näharbeiten. Dalla warf ihr immer wieder giftige Blicke zu, doch Viviane achtete nicht darauf. Astrid schien sehr milde gestimmt, sie lächelte und summte ein Lied vor sich hin.
Viviane erhob sich und kniete vor Astrid nieder. »Herrin, ich möchte Euch für Eure Güte danken. Raudaborsti geht es wieder gut, sie sammelt heute Pilze.«
»Das freut mich zu hören«, erwiderte Astrid. Sie blickte auf Viviane herab. »Du hast ein gutes Herz.«
Über Vivianes Gesicht huschte ein Lächeln. »So kann ich etwas zurückgeben von der Güte, die ich empfange.«
»Du fühlst dich hier wohl?«
Viviane nickte.
»Wen interessiert es, ob sich eine fremde Magd wohl fühlt?«, zischte Dalla. Dass sich ihre Mutter derart vertraut mit Viviane unterhielt, ließ ihr Blut kochen.
»Mich«, erwiderte Astrid. »Damit bleibt der Frieden auf Skollhaugen gewahrt.«
Das war für Viviane
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