Wogen der Sehnsucht
Liebe sie sich so sehnte, trotz allem, was passiert war. Tristan aus ihrem Herzen zu verbannen, gehörte zu den Dingen, die Lily noch nicht wirklich gelingen wollten. Aber sie wusste, dass sie es musste. Und dass sie die Scharade der liebenden Eheleute, die sie der Sozialarbeiterin heute vorspielen würden, niemals selbst glauben durfte.
Tristan war zu ihrer großen Erleichterung sofort bereit gewesen, ihr bei der Adoption zu helfen, als sie ihn darum gebeten hatte. Als verheiratetes Paar – und das waren sie ja noch – bestand eine bedeutend größere Chance auf Erfolg, und die Aussicht, vielleicht doch bald ein Kind auf dem Arm halten zu können, gab Lily Kraft. Auch dazu, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr die höfliche, pflichtbewusste Art sie quälte, mit der Tristan sie behandelte, seit er wieder Teil ihres Lebens war.
„Wo arbeitet Ihr Mann denn?“, wollte Miss Squire wissen und riss Lily aus ihren Gedanken.
„In Barcelona“, antwortete Lily, und als die Sozialarbeiterin die Augenbrauen hob, fügte sie hastig hinzu: „In einer Bank“, als würde es das irgendwie besser machen.
„Ich entnehme den Unterlagen, dass sie noch nicht sehr lange verheiratet sind, Mrs. Romero. Erst seit einem Jahr. Das ist eine sehr kurze Zeit verglichen mit den anderen Paaren auf unserer Warteliste. Ich glaube, ich kann mich erinnern, über Ihre Heirat damals in der Zeitung gelesen zu haben. Das kam ziemlich plötzlich, oder?“
Lilys Mut sank. O Gott. Unser Adoptionsantrag wird von einer Frau bearbeitet, die die Klatschspalten liest . Dann kannte Miss Squire sicher auch Tristans Ruf als Playboy und wusste, wie hartnäckig sie beide von den Paparazzi belagert wurden. Das war kein gutes Zeichen.
„Nicht wirklich“, erwiderte sie und versuchte, selbstsicher zu lächeln. „Ich fürchte, die Zeitungen kennen nicht immer die ganze Geschichte.“
Miss Squire sah ein bisschen pikiert aus.
„Ich verstehe. Aber es stellt schon ein Problem dar, dass Sie und Ihr Mann offenbar ständig von Fotografen verfolgt werden. Ich glaube nicht, dass es einem Kind zugemutet werden sollte, in einem solchen Umfeld aufzuwachsen.“
Lily nickte. „Deshalb haben wir uns ein Haus in Cornwall gesucht, direkt am Meer. Es liegt sehr abgelegen und wird nicht nur uns, sondern auch das Kind vor einem zu großen Interesse der Medien schützen“, erklärte sie und konnte ein breites Lächeln nicht unterdrücken. Dolphin House war perfekt – ein in Erfüllung gegangener Kindheitstraum, mit einem Hof hinterm Haus, in dem Hühner herumliefen, und einer sonnigen Wiese, auf der sie ein Pony halten konnten. Miss Squire durfte nur nicht wissen, dass nur Tristan in diesem perfekten Bild fehlen würde, jedenfalls auf lange Sicht.
Lily trat in Gedanken hastig von diesem extrem gefährlichen Abgrund zurück und wandte sich wieder der Sozialarbeiterin zu, die gerade über die weiteren Bedingungen für eine Adoption sprach.
„… und wir raten auch immer dazu, die Veränderungen während der Eingewöhnungszeit der Kinder so gering wie möglich zu halten. Deshalb bestehen wir auch darauf, dass Sie während dieser Phase verhüten, auch wenn Sie vorher Fruchtbarkeitsprobleme hatten.“
Lily konnte ein bitteres, ironisches Lachen nicht unterdrücken.
„In dieser Hinsicht brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen.“
Doch Miss Squire schien nicht zufrieden. „Mrs. Romero, die Erfahrung hat gezeigt, dass selbst Paare mit langjährigen Fruchtbarkeitsproblemen Kinder bekommen haben, und bei einer Schwangerschaft würden Sie aus offensichtlichen Gründen sofort von einem weiteren Adoptionsverfahren ausgeschlossen. Es sei denn, Sie wollen mir damit sagen, dass Sie und Ihr Mann keine sexuellen Beziehungen mehr pflegen …“
Lily bohrte ihre Nägel in die Innenseite ihrer Handfläche.
„Ich will damit sagen, dass mich die Ärzte nach meiner Fehlgeburt operieren mussten, um die Blutung zu stoppen“, erwiderte sie tonlos. „Ich hatte eine Totaloperation. Sie sehen also, dass eine Schwangerschaft in meinem Fall absolut unmöglich wäre.“
„Ich verstehe. Und hat Mr. Romero Sie während dieser schweren Zeit unterstützt?“
Lily senkte den Blick. „Ja“, sagte sie leise. Gott würde sie gleich für ihre ganzen Lügen büßen lassen, aber in diesem Fall konnte sie wirklich nicht die Wahrheit sagen.
Das Gesicht der älteren Frau wurde ein wenig weicher. „Was hat Sie zuerst an ihm fasziniert?“
Lily blickte ihr in die Augen. „Seine Stärke. Ich
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