Woher, wohin, was ist der Sinn?
Säuglingstaufen. Die Neugeborenen werden Teil ihrer Kirche. So wie sie auch Teil ihrer Familie werden, Teil ihrer Krabbelgruppe, Teil ihrer Gemeinde und Teil der Gesellschaft, in die sie hineingeboren werden. Sie gehören zu ihrer Gemeinde, aber sie gehören nicht ihrer Gemeinde. Sie gehören zu ihrer Kirche, aber sie gehören nicht ihrer Kirche. Sie gehören zu ihren Eltern und ihren Geschwistern, aber sie gehören weder ihren Eltern noch ihren Geschwistern. Doch dazu später mehr.
Zweite Antwort: »Dass man denen, die getauft werden, die Schuld mit Wasser abwäscht«
Die nächste Antwort, auf die wir gestoßen sind, ist, dass man in der Taufe »von Sünde gereinigt wird«. Ruben kommentiert: »Dass man den Babys die Schuld mit Wasser abwäscht, verstehe ich nicht, weil die noch nichts Böses gemacht haben. Die haben das noch nicht ausgenutzt, dass sie vielleicht hier in Deutschland geboren sind und nicht in der ›Pampa‹ (Papa, setz das aber in Anführungszeichen!). Die können doch gar nichts dafür, und das muss ja auch nicht schlecht sein, wenn man in Deutschland geboren ist, weil man dann ja auch anderen helfen kann, wenn man das Geld hat. Und nicht nur mit Geld. Man kann auch für die Umwelt arbeiten und das, was man mehr hat, mit denen teilen, die das nicht haben. Und die anderen können auch nichts dafür, dass sie in einem Land geboren sind, in dem sie nichts haben.«
Daraus zieht Ruben den Schluss: »Schuld abwaschen wäre dann eigentlich besser später, wenn man das versteht und wirklich einsieht. Wenn man schon selber Mist gemacht hat, zum Beispiel im Kommunionalter. Schuld abwaschen kann man erst, wenn einer
selber das sinnvoll findet. Und wenn man den Mist echt bedauert, den man gebaut hat.«
Ich erzähle Ruben und Simon nun von ihrer eigenen Taufe, als sie noch kleine Kinder waren. Damals haben wir Eltern vor der Taufe Gott um Hilfe und Schutz für unsere Kinder gebeten. Das war unser Gebet:
»Gott will denen, die glauben, durch die Taufe den Reichtum und die Fülle des Lebens schenken. Wir wollen beten, dass dieses Wasser für unser Kind Erfrischung und Wachstum bedeute; dass dieses Wasser es wieder reinige von Trübheit und Schlamm, die die Seele ersticken. Heilige dieses Wasser, damit unser Kind im Geist der Lebendigkeit immer wieder neu geboren wird, sich selbst und die Welt staunend entdeckt – auch die verlockende Schlammpfütze nach einem Regentag – und sich den Menschen und der Schöpfung zugehörig erleben kann.«
Ruben denkt kurz nach. Dann sagt er: »Dass man denen, die getauft werden, die Schuld mit Wasser abwäscht, geht erst bei älteren Taufkindern – so als kleiner Tipp für die Kirche –, aber den Dreck kann man schon den ganz Kleinen abwaschen.«
Dritte Antwort: »Dass man sich als Kind Gottes anerkennt«
Mit der Taufe ist man ein Kind Gottes. Diese Begründung findet Ruben in Ordnung, das kann er gut nachvollziehen: »Gott ist auf jeden Fall der Vater, aber kein Elternteil, sondern wie ein Vater und wie eine Mutter.« Ruben betont dabei das wie . Und er schiebt nach: »Aber dass Gott der Vater ist, das bringt ja noch nichts, wenn man sich nicht als Kind anerkennen will. Gottes Kind, das ist man schon vorher. Aber es wird einem bei der Taufe bewusst. Jetzt weiß man’s auch. Die Taufe ist ein Zeichen, dass man das Kind Gottes sein will.«
Ruben ist mit seinen Überlegungen noch nicht am Ende. Die Frage nach der Entscheidung, die zur Taufe gehört, beschäftigt ihn: »Wenn das Kind ein Baby ist, entscheiden die Eltern, ob es getauft wird. Dann erkennen die Eltern das Kind als Gottes Kind an. Und meistens wollen die Kinder das auch sein, weil es die Eltern ihnen so vermitteln, dass sie es später auch wollen. Und trotzdem können die Kinder die Religion auch wechseln, wenn sie groß sind.«
Welche Antwort ist die wichtigste?
Mir sind alle drei Antworten wichtig: erstens die Eingliederung in unsere Kirche; zweitens das Abwaschen des »Drecks«, mit dem andere Menschen den Täufling beworfen haben oder mit dem er sich selbst beschmutzt hat; und drittens die Einsicht, dass wir Gottes Kinder sind, und dass dazu die Gabe gehört, diese Einsicht in der Tat zu leben.
Diese dritte Antwort finde ich ganz entscheidend: Wenn Eltern für ihr Kind die Taufe erbitten, so sagen sie dem Kind, das zu ihnen gehört, nicht: Du gehst in den Besitz der Kirche über! Sie sagen ihm auch nicht: Du gehst in den Besitz der Gemeinde über! Sie sagen ihm nicht: Du gehst in
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