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Wohin das Herz uns trägt

Wohin das Herz uns trägt

Titel: Wohin das Herz uns trägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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wimmern, und als die Tür zuknallte, wurde aus dem Wimmern ein verzweifeltes Heulen.
    So schnell sie konnte, lief Julia um den Wagen herum und setzte sich ans Steuer. Inzwischen hyperventilierte Alice bereits und versuchte sich mit aller Kraft aus dem Gurt zu befreien.
    »Alles in Ordnung, Alice. Du hast Angst. Das ist okay.« Immer wieder sagte Julia das Gleiche, bis Alice schließlich ruhig genug war, um sie zu hören.
    »Ich hab auch einen Sicherheitsgurt, siehst du? Jetzt bin ich angeschnallt wie du.«
    Alice wimmerte und zerrte an ihrem Gurt.
    »Benutz deine Wörter, Alice.«
    »Los. Bitte. Mädchen los.«
    In diesem Moment fiel es Julia wie Schuppen von den Augen. Idiot. Sie hätte es vorhersehen müssen. Die Erinnerung an die bleichen Narben an Alices Knöchel. Fesselspuren. »O Alice«, sagte sie und spürte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen. Vielleicht sollten sie zurückgehen und es ein andermal versuchen.
    Nein.
    Irgendwann musste Alice in die Welt hinausgehen, und in dieser Welt saßen Kinder nun einmal auf Autositzen. Ein Zugeständnis war allerdings möglich. Vorsichtig bewegte Julia Alice mitsamt ihrem Sitz in die Mitte der Sitzbank des alten Autos und nahm ihre Hand. »Ist es so besser?«
    »Angst. Mädchen Angst.«
    »Ich weiß, Liebes. Aber ich lass dich nicht allein. Du bist in Sicherheit. Okay?«
    Mit festem Blick sah Alice sie an, voller Vertrauen. »Okay.«
    Julia ließ den Motor an.
    Alice schrie auf und umklammerte Julias Hand fester.
    »Alles in Ordnung, Schätzchen«, sagte Julia immer wieder, bis Alice sich einigermaßen beruhigte.
    Sie brauchten annähernd zehn Minuten, bis sie die Auffahrt hinter sich hatten, und als sie den Highway erreichten, war Julias rechte Hand fast taub. Doch sie ignorierte den Schmerz und redete weiter beruhigend auf Alice ein.
    Rückblickend konnte Julia genau den Moment benennen, in dem Alices Gemütsverfassung sich änderte - nämlich an der Ecke von Azalea Street und West End Avenue.
    Vor Earls und Myras Haus. Wie jedes Jahr hatten die beiden Haus und Garten so reich geschmückt, als gäbe es einen Preis zu gewinnen. Auf jeder verfügbaren Oberfläche glitzerten Lichterketten, ein riesiger Weihnachtsmann samt Schlitten zierte den Hausgiebel mit roten und grünen Lichtern. An der Eingangstür blinkte ein grüner Kranz, und der Weg von der Straße zum Haus war von kleinen, ebenfalls grün erleuchteten Bäumchen gesäumt.
    Da die Polizeistation nur einen Häuserblock entfernt war, beschloss Julia, hier zu parken. Sie hielt am Bordstein, ging zu Alices Tür und öffnete sie. Ehe sie die Kleine richtig abgeschnallt hatte, war sie auch schon aus dem Auto geklettert.
    Am Rand des Gehwegs blieb sie stehen und starrte auf das Haus. »Schön«, hauchte sie.
    Julia stellte sich neben sie.
    Sofort ergriff Alice ihre Hand.
    Julia wartete geduldig, da sie ja wusste, dass das Mädchen gern alles in Ruhe studierte. Gut möglich, dass sie eine Stunde hier bleiben würden.
    Nach einer Weile öffnete sich die Haustür, und Myra kam in einem langen schwarzen Samtrock und einem roten Strickpulli auf Julia und Alice zu, in der Hand einen großen Teller mit Keksen.
    Julia spürte, wie Alice sich anspannte. »Keine Angst, Schätzchen. Myra ist nett.«
    Trotzdem ging Alice hinter Julia in Deckung, ohne ihre Hand loszulassen.
    »Magst du ein paar Weihnachtsplätzchen?«, fragte Myra. »Meine Margery mochte am liebsten Spritzgebäck, als sie in deinem Alter war.«
    Julia drehte sich ein wenig um und sah zu Alice hinab. »Schau mal, Myra bringt uns Plätzchen.«
    »Plätze?«
    »Ich habe sie selbst gebacken«, erklärte Myra und zwinkerte Julia zu.
    Vorsichtig spähte Alice aus ihrem Versteck hervor. Dann schnappte sie sich mit einer blitzschnellen Bewegung ein Plätzchen in Form eines roten Kranzes und stopfte es sich in den Mund. Beim dritten Keks war sie hinter Julia hervorgekommen und stand jetzt neben ihr, allerdings eng an ihre Seite geschmiegt.
    »Das hier ist auch noch für dich«, sagte Myra und hielt Alice ein leuchtend rotes Plastiktäschchen hin. »Das war immer Margerys Lieblingstasche. Als sie mir neulich in die Finger gekommen ist, musste ich gleich an dich denken.«
    Alices Augen wurden groß, ihre Lippen formten ein großes O. »Rot«, flüsterte sie andächtig, nahm die Tasche entgegen und drückte ihre Wange daran.
    »Woher wussten Sie, dass Alice Rot liebt?«, fragte Julia.
    »Das wusste ich nicht«, erklärte Myra achselzuckend.
    »Oh. Bitte sagen Sie Earl

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