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Wohin das Herz uns trägt

Wohin das Herz uns trägt

Titel: Wohin das Herz uns trägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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»Häng das an den Baum, Alice. Mach den Weihnachtsbaum schön.«
    Alice runzelte die Stirn. »Bau?«
    »Denk mal an das Buch, das wir gelesen haben. Wie der Grinch Weihnachten gestohlen hat.«
    »Ginch.« Sie nickte, aber das Stirnrunzeln blieb.
    »Erinnerst du dich an den Baum? Schöner Baum, hast du gesagt.«
    »Oh«, sagte Alice und atmete lange aus. Jetzt hatte sie verstanden.
    Julia nickte.
    Behutsam, als wäre der Apfel aus Zuckerwatte und nicht aus lackierter Pappmache, nahm Alice ihn in die Hand, durchquerte bedächtig das Zimmer, stieg über die Hunde und blieb vor dem Baum stehen. Lange stand sie dort und starrte ihn an, bis sie schließlich den Goldfaden über den höchsten Zweig legte, den sie erreichen konnte. Dann drehte sie sich langsam um und sah die beiden Frauen besorgt an.
    Ellie klatschte in die Hände. »Perfekt!«
    Sofort erschien ein Lächeln auf Alices Gesicht und verwandelte sie einen wundervollen Augenblick lang in ein ganz normales kleines Mädchen. Sie rannte wieder zu der Schachtel, wählte ein weiteres Ornament aus und trug es vorsichtig zu Ellie. »Lellie. Schööön.«
    Ellie beugte sich zu ihr hinab. »Wer gibt mir diesen schönen Schmuck?«
    »Mädchen. Gib.«
    Ellie legte die Hand auf Alices Haar und strich eine lose Strähne hinter ihr kleines rosa Ohr. »Kannst du Alice sagen?«
    Aber die Kleine deutete nachdrücklich auf den Baum. »Mach.«
    »Du erziehst hier einen kleinen Tyrannen, Jules«, sagte Ellie, während sie zum Baum ging.
    »Einen Tyrannen ohne Namen«, ergänzte Julia leise. Dass Alice ihnen ihren wahren Namen nicht sagen konnte und auch den nicht annahm, den sie ihr gegeben hatten, machte ihr ziemlich zu schaffen.
    Inzwischen rannte die Kleine schon wieder zu der Kiste und holte eine weitere Dekoration heraus. Nachdem sie Ellies Schmuck gebührend bewundert hatte und vor Begeisterung eine Weile auf und ab gehopst war, eilte sie damit zu Julia. »Dschu-lie. Schööön.«
    Alice strahlte. So hatte Julia sie noch nie erlebt. Sie schloss die Kleine in die Arme und drückte sie an sich.
    Alice gluckste fröhlich und hielt sie fest. »Wei-nack-bau. Schööön.«
    Julia schwang sie übermütig im Kreis durch die Luft, bis sie beide ganz atemlos waren. Dann machten sie sich lächelnd wieder ans Werk.
    * * *
    »Das ist der schönste Baum, den wir je hatten«, sagte Ellie. Sie saß mit einem Glas Bailey‘s in der Hand auf dem Sofa, eine Webpelzdecke über den Knien.
    »Das kommt nur daher, dass Dad immer den größten Baum gekauft hat, den er finden konnte, und dann die Spitze abgeschnitten hat, damit er ins Zimmer passt.«
    Ellie lachte. Das hatte sie vollkommen vergessen: den riesigen Baum, der eine ganze Zimmerecke in Anspruch nahm, ohne Spitze, Mom, die mit gerunzelter Stirn Dads Arm tätschelte. Du hörst nie zu, Tom, sagte sie jedes Jahr aufs Neue, ein Baum soll oben nicht abgeschnitten werden. Eigentlich müsstest du uns einen neuen holen.
    Aber es dauerte nicht lange, da hatte er sie wieder so weit um den Finger gewickelt, dass sie lächelte und sogar lachte. Also wirklich, Bren , erwiderte er mit seiner heiseren Stimme, warum muss unser Baum denn unbedingt so sein wie alle anderen? Ich hab ihm nur ein bisschen Pep verliehen, hab ich nicht recht, Mädels?
    Ellie hatte immer als Erste geantwortet und ihre Zustimmung heraustrompetet. Dann war sie zu ihrem Daddy gelaufen, um sich ihre Umarmung abzuholen.
    Jetzt betrachtete sie diese Erinnerung aus einem ganz neuen Blickwinkel. Aus dem des anderen kleinen Mädchens, das neben ihr gestanden, aber nie seine Zustimmung kundgetan hatte - und dessen Meinung auch für niemanden eine Rolle zu spielen schien.
    Ellie sah Julia über den Rand ihres Glases an. »Warum hat er das jedes Jahr gemacht? Die Spitze vom Weihnachtsbaum abgesägt, meine ich.«
    »Du weißt doch, wie unser Dad war«, meinte Julia und grinste. »Er hat sich nur um das gekümmert, was ihn interessiert hat. Der Baum war nicht wichtig, also hat er nicht weiter darüber nachgedacht.«
    »Ich bin so wie er«, stellte Ellie nüchtern fest. Zeit ihres Lebens war sie stolz darauf gewesen.
    »Das warst du schon immer. Die Menschen lieben dich, genau wie sie ihn geliebt haben.«
    Ellie nippte an ihrem Bailey‘s. »Cal hat mir vorgeworfen, ich sei egoistisch«, sagte sie leise.
    »Wirklich?«
    »Die korrekte Reaktion wäre Überraschung gewesen. Vielleicht sogar ein leichter Schock. Etwas von der Art: Wie konnte er so was nur denken?«
    »Oh«, entgegnete Julia und

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