Wohin der Wind uns trägt
auch dein Lieblingsplatz wird, an den wir uns unser ganzes Leben lang erinnern werden.« Er drehte sie zu sich herum. »Ich liebe dich, Jo. Ich liebe alles an dir. Deine Leidenschaft, deine Tränen, deine Pferdevernarrtheit. Niemals würde ich deinen Traum zerstören, mein Liebling.« Seine Stimme zitterte. »An diesem Ort wollte ich dich fragen. Mitten in der Marsch, wo der Rest der Welt ganz weit weg ist, wir allein miteinander sind und nur die Vögel uns hören können. Heiratest du mich, Jo?«
Sie sah ihn an und entdeckte eine solche Liebe und Sehnsucht in seinen Augen, dass sie darin zu ertrinken glaubte.
Ehe sie Gelegenheit zu einer Antwort hatte, zog Simon sie an sich und küsste sie voller Hingabe. Er genoss die Weichheit ihrer Lippen, die sich willig teilten, und er nahm sie so fest in seine Arme, als wollte er sie nie wieder loslassen – als befürchtete er, dass sie sich jeden Moment in Luft auflösen könnte. Ihre Reaktion genügte ihm als Antwort, denn sie erwiderte freudig seinen Kuss, bis sich ihr der Kopf drehte. Das Blut strömte ihr wie Feuer durch die Adern, als sie sein Gesicht und seinen Hals mit Küssen bedeckte, die ein ungeahntes und süßes Sehnen in ihr wachriefen. Simon ließ sie los, trat zurück – und spürte, wie kaltes Wasser in seine Schuhe sickerte. So sehr waren sie miteinander beschäftigt gewesen, dass sie beide die herannahende Flut nicht bemerkt hatten. Hand in Hand liefen sie über den Damm zurück. Der Wind fing sich in Jos Haar, das wie eine prachtvolle silbrige Mähne hinter ihr herwehte. Ihre Wangen röteten sich. Unvermittelt hielt Jo inne und sah Simon mit ernster Miene an.
»Ich muss eines wissen«, keuchte sie. Ihre Kehle wurde vor Angst ganz trocken, als sie sich die mögliche Antwort ausmalte. »Du wirst nicht von mir verlangen, dass ich meine Stelle bei Neddy aufgebe, oder?«, fragte sie, die Augen zwei tiefe amethystfarbene Teiche.
Am liebsten hätte Simon vor Erleichterung aufgeschrien.
»Ist das alles? Mir ist es egal, in wie vielen Rennställen du arbeitest, solange du nur ja sagst.«
»Mein Herz gehört dir, Simon, aber wie soll unsere Beziehung funktionieren, wenn du in London wohnst und ich in Norfolk?«, fragte Jo unsicher.
»Das ist ganz einfach, mein Liebling. Ich ziehe nach Norfolk. Ich suche schon lange nach einem Vorwand, um London den Rücken zu kehren«, antwortete Simon und küsste sie erneut.
»Das würdest du wirklich für mich tun?«, wunderte sich Jo, machte sich los und bedachte ihn mit einem fragenden Blick.
»Für dich würde ich bis ans Ende der Welt gehen«, entgegnete er lachend. »Allerdings kenne ich eine noch viel einfachere Lösung. Ich habe nämlich zufällig erfahren, dass in der Filiale einer großen Bank in Norwich ein Posten frei geworden ist. Letzte Woche habe ich meinem Chef gegenüber erwähnt, dass mich die Stelle interessieren würde.«
Jo blinzelte überrascht. »Natürlich ist die Antwort ja, du Dummer … Oh, Simon, ich liebe dich, liebe dich, liebe dich. Ich bin das glücklichste Mädchen der ganzen Welt.« Sie fiel ihm um den Hals und überhäufte ihn wieder mit Küssen. Inzwischen hatten sie den kleinen Flusslauf erreicht, den sie zuvor überquert hatten und der inzwischen reißend dahinströmte. Jo sah Simon bewundernd und übers ganze Gesicht strahlend an, und er nahm sie auf seine Arme und watete durch das Wasser. So überglücklich war er, dass er vergaß, seine Hose hochzukrempeln, und nicht einmal bemerkte, wie ihm der Stoff nasskalt an den Beinen klebte, nachdem er das Gewässer hinter sich gebracht hatte und Jo absetzte.
»Jetzt wird gefeiert, und ich weiß auch schon, wo«, verkündete Simon und hielt Jo die Autotür auf. »Im Lord Nelson, das ist ein toller kleiner Pub zwei Dörfer weiter und sehr gemütlich. Wir köpfen eine Flasche Champagner zusammen. Wusstest du, dass Lord Nelson in der Nähe geboren wurde?«, fügte er überflüssigerweise hinzu.
Er war unbeschreiblich glücklich und fühlte sich wieder wie ein Teenager, obwohl er Jo sieben Jahre Lebenserfahrung voraushatte. Außerdem wusste er, was für ein Glückspilz er war, dieses wunderschöne Mädchen gefunden zu haben, das er von ganzem Herzen liebte.
Zufrieden kuschelte Jo sich an Simon, während dieser den Motor anließ, und genoss die Wärme und Geborgenheit, die ihr seine Liebe vermittelte. Er verstand ihren Lebenstraum und liebte sie so, wie sie war. Mit Simon an ihrer Seite konnte sie es mit der Welt aufnehmen und alles gewinnen.
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