Wohin der Wind uns trägt
ihm das zufriedene Grinsen aus dem Gesicht geprügelt. Sie sah rot.
»Heute haben Sie zum letzten Mal Ihr Gift verspritzt, Hawk. Sie sind gefeuert. Gloria soll Ihnen Ihren Lohn auszahlen. Ihre Dienste werden nicht mehr gebraucht.«
»Ich lach mich tot«, höhnte Hawk. »Sie können mich gar nicht rausschmeißen. Offenbar werden Sie Ihrer Mutter immer ähnlicher.«
Sie hielten beide inne, als sie hörten, wie jemand langsam Beifall klatschte.
»Wohl eher ihrem Vater«, merkte eine tiefe Stimme an.
Jo wirbelte herum und erkannte Pete, den ehemaligen Stallburschen, der früher für sie geschwärmt hatte. Inzwischen war er ziemlich groß und breitschultrig und hatte ein von der Arbeit im Freien gebräuntes Gesicht. Hawk wich einen Schritt zurück.
»Pete«, rief Jo.
Da flog die Tür zum Büro auf, und Gloria kam auf den Hof hinausgerannt. Ihre weite Jacke umwehte ihre mütterlich rundliche Figur.
»Hawk! Pete! Was ist denn los? Jo, ich habe gar nicht mit dir gerechnet«, rief sie aus.
»Hawk ist gefeuert. Könntest du seine Lohnabrechnung fertig machen?«, stieß Jo mit zusammengebissenen Zähnen hervor und fragte sich, auf wessen Seite Pete wohl stand.
Gloria errötete, blickte zwischen Jo und Hawk hin und her und bemerkte Jos verkniffene Miene und ihre zornig funkelnden Augen.
»Beruhige dich, Mädchen. Du kannst doch nicht grundlos Leute hinausschmeißen.« Sie raffte ihre Jacke zusammen. »Hawk war in den letzten Tagen eine große Hilfe. Was ist denn passiert?«
»Nein, Gloria, sie hat recht. Ich frage mich schon die ganze Zeit, warum in den letzten Tagen plötzlich ein Pferd nach dem anderen abgeholt wird«, fiel Pete ihr ins Wort.
Gloria hielt inne und sah Hawk argwöhnisch an. Auch sie hatte den Mann nie sympathisch gefunden.
»Nun, ich …«, begann sie, aber Hawk unterbrach sie.
»Bemühen Sie sich nicht, Gloria. So knapp bei Kasse bin ich nun auch wieder nicht. Und Jo hat in einem recht: Hier gibt es bald keine Arbeit mehr für mich. Viel Spaß bei den Sandkastenspielchen, kleines Fräulein.«
Er machte auf dem Absatz kehrt und marschierte zum Tor, wobei er sich mit der Gerte ärgerlich auf den Schenkel klopfte.
»Die lässt du schön brav da, die gehört nämlich uns«, meinte Pete, folgte Hawk rasch, riss ihm die Gerte aus der Hand und kehrte mit triumphierender Miene zurück. Hawk trollte sich fluchend, und Gloria blickte sichtlich betreten drein.
»Ich habe das Gespräch belauscht«, sagte Pete mit finsterer Miene zu Gloria und Jo, als sie schließlich einigermaßen ungestört im Büro saßen. »Schon bevor Mick und dein Vater den Unfall hatten, hatte ich einen Verdacht, aber heute habe ich die Bestätigung bekommen. Bis dahin konnte ich nichts beweisen, und Aussage hätte gegen Aussage gestanden.«
Dann erklärte er Gloria, was Hawk angerichtet hatte.
»Er ist ein ziemlich unangenehmer Zeitgenosse, aber ich denke nicht, dass er uns noch etwas anhaben kann. Du hast mich wirklich überrascht, Jo. Ich bin richtig erschrocken, und im ersten Moment dachte ich, ich hätte deinen Dad vor mir. Geht es dir nicht gut?«, fügte er besorgt hinzu, als Jo plötzlich feuchte Augen bekam.
Auch Gloria, die seit dem Unfall sehr nah am Wasser gebaut hatte, begann zu weinen.
»Ich mache uns eine Tasse Tee«, schlug Jo vor und sprang auf. »Ist der Zucker da, wo er immer war?«
Nickend durchwühlte Gloria ihre Schreibtischschublade nach den Papiertaschentüchern.
»Ich weiß, ich führe mich albern auf, aber die letzten Tage waren einfach die Hölle«, schniefte sie, wischte sich die Augen ab und schnäuzte sich lautstark.
»Hat sich der Zustand deines Vaters verändert?«, fragte sie und sah Jo, die gerade mit drei Tassen Tee und Plätzchen zurückkam, aus geröteten Augen an.
»Er schwebt nach wie vor in Lebensgefahr«, entgegnete Jo ernst und reichte Gloria ihre Tasse. »Aber er wird es schaffen. Schließlich ist er ein Kingsford«, fuhr sie entschlossen fort. Beim Gedanken an ihre Mutter verdüsterte sich ihre Miene.
»Ich hoffe, dass ich niemals in den Genuss einer solchen Standpauke kommen werde«, meinte Pete scherzhaft.
»Danke, Pete«, gab Jo mit gespielter Entrüstung zurück. Dann ließ sie sich von Pete erzählen, was im vergangenen Jahr in den Ställen geschehen war, und fragte nach Micks Vertreter.
»Da gibt es eigentlich niemanden. In letzter Zeit haben einige personelle Veränderungen stattgefunden«, erwiderte Pete. »Wir alle mussten anpacken, wenn Not am Mann war.«
Jo lauschte
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