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Wohin der Wind uns trägt

Wohin der Wind uns trägt

Titel: Wohin der Wind uns trägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCullagh Rennie
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verdunkelte, und liebkoste mit einer Hand Sams Ohr. Sie spürte Ricks Gegenwart – so, als wäre er tatsächlich hier und beobachtete sie.
    »Sicher will er nicht, dass wir traurig sind, Sam«, flüsterte sie mit erstickter Stimme, und die Tränen flossen. »Er würde sich wünschen, dass wir das tun, was wir uns gemeinsam vorgenommen hatten. Dass wir versuchen, die Besten zu werden.« Mit dem Handrücken wischte sie sich die Augen und schniefte. Sam wedelte mit dem Schwanz.
    Zusammen sahen sie zu, wie sich das Meer verdüsterte und der große goldene Sonnenball schließlich am Horizont versank. Die feurigen Strahlen verfärbten die Wolken in ein leuchtendes Rosa. Dann wurden sie grau, und die Welt hüllte sich in einen zarten Dunst. Die Luft kühlte rasch ab, und es wurde schlagartig dunkel. Doch das Mädchen und der Hund verharrten an ihren Plätzen. Schließlich war es stockfinster. Jo stand auf und klopfte sich zitternd den Sand von der Jeans.
    »Komm, Sam. Gran hat recht, wir müssen stark sein, nach Hause gehen und uns der Wirklichkeit stellen.«
    Sam sprang auf und wedelte so heftig mit dem Schwanz, dass der Sand in alle Richtungen spritzte. Jo warf ihm ein Stöckchen zum Apportieren zu. Obwohl ihr Herz immer noch schwer war, fühlte sie sich gekräftigt. Die Trauer um Rick würde sie ihr Leben lang begleiten, aber ihr war nun klar, was sie tun musste. Das Wissen um Ricks unsichtbaren Beistand sorgte dafür, dass sie sich besser fühlte. Nachdem sie in ihre Schuhe geschlüpft war, machte sie sich auf den Heimweg. Sam trottete hinter seinem neuen Frauchen her, die Ohren gespitzt und das apportierte Stöckchen fest im Maul.
    Jos Handgelenk heilte mit der Zeit, und auch ihre Stimmung hellte sich dank Sams unverbrüchlicher Treue rasch auf. Inzwischen hatte sie es zu ihrer Mission erklärt, ihren Vater davon zu überzeugen, ihr die Rückkehr zur Bahnarbeit zu erlauben. Charlie verweigerte zwar noch immer jegliches Gespräch über das Thema Reiten, verbot ihr allerdings nicht den Aufenthalt in den Ställen. Und so verbrachte Jo jede freie Minute in der Kingsford Lodge. Immer noch von ihrer steifen Schulter behindert, half sie so gut wie möglich beim Füttern und Ausmisten, führte nachmittags nach der Schule die Pferde im Kreis herum und plauderte mit Winks. Der siebzigjährige ehemalige Stallmeister und Jockey hatte schon vor Jos Geburt bei den Kingsfords gearbeitet und machte sich weiterhin gern im Rennstall nützlich. Auch die Wochenenden verbrachte Jo stets in den Ställen, wo sie zuhörte, wie Charlie mit dem Stallmeister anstehende Aufgaben erörterte oder mit dem Tierarzt die Pferde untersuchte.
    Außerdem hatte Jo noch einen anderen Grund für ihre Besuche in den Ställen. Der Arzt hatte ihr zwar empfohlen, mit dem Reiten zu warten, bis ihre Schulter wieder vollständig beweglich war, doch sie musste sich um ihr eigenes Pferd kümmern. Buck’s Fizz war ein freundlicher goldbrauner Wallach und wurde von Jo Fizzy genannt. Da das Pferd beim Rennen einfach zu langsam in die Gänge kam, hatte Charles es Jo zum zwölften Geburtstag geschenkt. Jo, die seit ihrem neunten Lebensjahr dem Eastern-Suburbs-Ponyclub angehörte, war mit Fizzy schon bei verschiedenen regionalen Wettbewerben und Clubprüfungen angetreten. Da Rick die Arbeit mit den Rennpferden genügte, hatte er sich nie im Ponyclub engagiert. Und so war das Zusammensein mit Fizzy eines der wenigen Dinge, die in Jo keine schmerzlichen Erinnerungen wachriefen, obwohl sie Rick auch weiterhin unbeschreiblich vermisste.
    Eines Nachmittags brachte Jo Fizzy zurück in seine Box. Da kam Winks auf sie zugehinkt. Seine Beine waren von vielen Reitunfällen verkrümmt, und er zerrte an der schäbigen Schirmmütze, die auf seinem struppigen grauen Haarschopf saß. In sein wettergegerbtes Gesicht hatten sich tiefe Falten eingegraben.
    »Ich habe beobachtet, dass du den alten Jungen in den letzten drei Wochen pünktlich auf den Glockenschlag abgeholt hast.«
    Er spähte über die Tür der Box hinweg in die Dämmerung und schob dabei sein Gebiss im Mund herum.
    »Du führst ihn spazieren, du fütterst ihn, und du sperrst ihn wieder in seine Box. Wann wirst du den verdammten Gaul endlich reiten?«, fragte er im Plauderton.
    Jo hatte das Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen.
    »Der Arzt sagt, damit muss ich noch warten«, erwiderte sie, ein wenig zu barsch. Sie verließ die Box, machte die Tür zu und vergewisserte sich, dass sie auch richtig verschlossen war.
    »Wehe,

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