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Wohin der Wind uns trägt

Wohin der Wind uns trägt

Titel: Wohin der Wind uns trägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCullagh Rennie
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Figur hat wie diese Kleine?«, fragte er. »Aus der könnte ich etwas machen.«
    »Wie?«, fragte Jutta verwundert. Offenbar war es besser, diesen Tag einfach abzuschreiben. »Nein, Gaston, mein Bester. Sie ist nur meine Assistentin. Geben Sie mir einen Tag Zeit, und ich verspreche, Ihnen ein Topmodell zu besorgen. Es tut mir wirklich leid, was heute passiert ist«, sprudelte sie hervor und zündete sich nervös die nächste Zigarette an.
    Gaston bedachte sie mit einem grimmigen Blick.
    »Ich habe keinen weiteren Tag Zeit«, entgegnete er und musterte die Moderedakteurin herablassend. »Sie wollen, dass ich für Sie fotografiere, und ich möchte mit diesem Mädchen arbeiten. Ihr Gesicht hat das gewisse Etwas.«
    Ungläubig lauschte Jo dem Gespräch. Gaston löste ihr Haarband, das die seidigen blonden Strähnen auf dem Kopf zusammenhielt, und musterte sie, den Finger ans Kinn gelegt. Da wurde ihr klar, dass er es ernst meinte. Ihr Herzklopfen wurde immer heftiger, und ihr drohten die Knie nachzugeben. Elegance Internationale – eine achtseitige Fotostrecke von ihr in Elegance Internationale – das musste ein Traum sein.
    Jutta kaute hektisch an ihren Nägeln. Das war Wahnsinn! Nun würde sie gute Miene zum bösen Spiel machen und ein Mädchen einsetzen müssen, das zu klein und zu dick war. Sie würde dabei nicht nur ihre kostbare Zeit verschwenden, sondern auch noch ihr Budget überschreiten. Aber sie wagte nicht, Gaston zu verärgern. Er sollte auch in Zukunft für ihre Zeitschrift arbeiten.
    »Was soll ich tun, André?«, flüsterte sie dem Maskenbildner zu und zermarterte sich das Hirn nach einer Lösung. »Ich werde die Fotos nicht verwenden können, weil die Farben nicht stimmen. Doch wenn ich mich weigere, arbeitet er nie wieder für mich.«
    »Tun Sie ihm den Gefallen, Jutta«, erwiderte André, der sich an ihrem Unbehagen weidete. »Wenn er wirklich so gut ist, wird schon etwas Brauchbares herauskommen. Anderenfalls können Sie die Aufnahmen irgendwo im hinteren Teil der Januarausgabe verstecken.«
    Jutta sah den Maskenbildner an und lächelte zum ersten Mal an diesem Tag.
    »André, Sie sind einfach wunderbar.« Sie nahm Jo zur Seite. »Seien Sie nett zu ihm, ich brauche ihn noch, wenn er aus New York zurückkommt«, flüsterte sie. »Schließlich haben wir dann noch einen Tag Zeit, um die richtigen Aufnahmen zu machen.«
    Jo war enttäuscht, denn sie hatte im ersten Moment wirklich geglaubt, dass sie Brigitte vertreten sollte. Das war natürlich völlig absurd, dachte sie, als sie unsanft auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt wurde. Also lächelte sie Jutta tapfer zu und stieg in den Transporter.
    Jutta schüttelte den Kopf. Sie hatte sich für Brigitte eingesetzt, und nun war der Schuss nach hinten losgegangen. André verteilte Grundierung auf Jos Gesicht, und sie musste zugeben, dass das Mädchen gar nicht so schlecht aussah. Sie war zwar ein gutes Stück kleiner und ein wenig üppiger als Brigitte, doch das ließ sich mit Klebeband und ein paar Klammern hinkriegen. Nein, die Sache war einfach grotesk … jedenfalls, solange Gastons Name nicht die benötigte Auflagensteigerung bewirkte. Sie würde heute Mittag mit Rachelle, der Chefredakteurin, sprechen, damit der morgige Tag nicht so hektisch wurde wie der heutige. Wenn sie nur mehr Zeit hätte …
    In den nächsten beiden Stunden waren alle fieberhaft damit beschäftigt, Säume und Ärmel zu kürzen und die kostbaren Stoffe festzustecken, zu raffen und in die richtige Form zu bringen. Während André unter Aufbietung all seines maskenbildnerischen Könnens Jo von einer einfachen Büroangestellten in ein verführerisches weibliches Wesen verwandelte, wirkte Fifi wahre Wunder an Jos Haar. Sie bürstete es, bis es glänzte, und steckte es elegant hoch, sodass es ausgezeichnet zum ersten Kleid passte.
    Als Jo in einem von Klebeband und Klammern zusammengehaltenen Designerkleid auf Gaston zurauschte, musste sie ein begeistertes Aufseufzen unterdrücken.
    » Non! Non! Sie sehen viel zu glücklich aus«, rief Gaston nach einer Weile. »Sie müssen mich so ansehen wie vorhin«, befahl er und betätigte den Auslöser.
    Doch trotz Gastons Anweisungen gelang es Jo nicht, das Gefühl auszudrücken, das er von ihr verlangte. Obwohl der Wind durch den dünnen Satin schnitt und ihre nackten Schultern erstarren ließ, konnte sie die Fröhlichkeit nicht verdrängen. Ihre Augen funkelten, ein Leuchten ging von ihr aus, und sie genoss die Situation in vollen

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