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Wohin die Liebe führt

Titel: Wohin die Liebe führt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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schlafen?«
    »Ja, Madam.«
    »Haben Sie gefrühstückt? Sie müssen doch hungrig sein.«
    »O danke, Madam.« Der Polizist wurde rot vor Verlegenheit. »Man war so freundlich, mir Kaffee zu bringen.«
    »Darf ich hineingehen?«
    Er stand verlegen vor ihr, sah sie an und antwortete nicht.
    »Es ist schon in Ordnung so«, sagte sie, plötzlich in den Ton verfallend, den sie als Herrschaft dem Personal gegenüber anschlug, wenn sie ärgerlich wurde. »Schließlich ist es mein Atelier.«
    »Ich weiß, Madam. Aber der Sergeant sagte, er wünsche nicht, daß etwas von seinem Platz verrückt wird.«
    »Ich werde nichts verrücken«, sagte sie kalt. »Sie können aufpassen, wenn Sie das möchten.«
    Er zögerte einen Augenblick. »Ich glaube, in diesem Fall wird es okay sein.«
    Sie blieb wartend stehen. Der Polizist sah sie verwundert an, wurde aber rot, als er begriff und ihr die Tür öffnete.
    »Danke«, sagte sie, als er beiseite trat, um sie vorbeizulassen.
    Nora sah sich um. Kreidestriche auf dem Fußboden, wo der tote Rick gelegen hatte. Und ein paar dunkle Flecke, die wie Blut aussahen. Sie spürte den wachsamen Blick des Polizisten, hob den Kopf und ging achtsam um die Kreidestriche herum zum Fenster.
    Der Schweißbrenner lag noch auf der Werkbank, wo sie ihn gelassen hatte, als Rick ins Atelier gekommen war. Die Kiste mit den dünnen Stahlbändern stand auf dem Boden neben dem
    kleinen Sockel, auf dem ihr jüngstes Werk Form anzunehmen begann.
    Es war erst die Skelettkonstruktion, aber ein paar Stahlbänder, versuchsweise gespannt und an der richtigen Stelle angeschweißt, deuteten schon die spätere Form an. Sie schloß eine Sekunde die Augen. Ja, es war noch da; sie konnte das Werk in seiner Vollendung sehen. Sie empfand eine starke innere Freude. Sogar die letzte Nacht hatte ihrer Phantasie und ihrem Können nichts anhaben können.
    Das Bewußtsein ihrer Kraft und das Wissen um das, was sie war, was sie in sich hatte, schossen warm durch ihr Blut. Sie war nicht wie die andern. Sie war anders. Niemand vermochte zu sehen, was sie sah.
    Sie öffnete die Augen und blickte den Polizisten an, ein seltsames Lächeln der Befriedigung um ihre Lippen. »Es ist schön«, sagte sie dann.
    Unvermittelt machte sie kehrt und ging aus dem Atelier.
    Ich flüsterte Dani allerlei Unsinn zu, kleine dumme Worte, wie sie ein Vater manchmal gern gebraucht, und Dani ging darauf ein, froh, für ein paar Augenblicke wieder ein kleines Mädchen sein zu können. Da ließ irgendein Instinkt uns beide die Augen zur Tür wenden.
    Ehe sich einer von uns andern rühren konnte, war Dani von ihrem Stuhl aufgesprungen und lief Nora entgegen. Als sie bei ihr stand, war Dani kein kleines Mädchen mehr. Die Verwandlung war rasch und erschreckend vollständig: Sie war eine junge Frau.
    Ich sah mich am Tisch um, ich wollte wissen, ob es die an-dern auch bemerkt hatten. Aber ich konnte es nicht feststellen. Harris Gordon hatte ein schwaches Lächeln aufgesetzt, als dächte er, wie gut die Szene vor Gericht ausgesehen hätte. Meine frühere Schwiegermutter sah mich an, in ihren hellblauen Augen war ein nachdenklicher Ausdruck. Dann wandte auch sie sich der Tür zu.
    Nora hatte die Arme um Dani gelegt. »Mein Kleines!« sagte sie weich und hielt Dani die Wange zum Kuß hin. »Mein armes Kleines!«
    »Wie geht es dir, Mutter?« fragte Dani besorgt.
    »Gut, mein Liebling. Und dir?«
    »Ich bin okay, Mutter. Ich bin bloß. bloß verängstigt. Ich hatte in der Nacht solche Alpträume.«
    Nora streichelte ihr Haar. »Aber, aber, Kind - hab’ keine Angst! Mutter läßt’s nicht zu, daß dir etwas geschieht. In ein paar Tagen ist alles vorbei. Dann bist du wieder zu Hause, als sei nichts geschehen.«
    »Ich weiß, Mutter. Und weißt du, warum?«
    Nora schüttelte den Kopf.
    Dani kam zu mir und faßte meine Hand. »Weil Daddy gekommen ist, um mir zu helfen«, sagte sie mit stolzem Lächeln. »Er ist den ganzen weiten Weg von Chicago gekommen!«
    Nora starrte uns an. An dem Ausdruck von Danis Augen konnte ich erkennen, daß es war, als habe es die sechs Jahre Trennung zwischen ihr und mir nie gegeben. Und an der Hand meiner Tochter konnte ich es erkennen: Sie war so voll vertrauender Wärme, wie es immer zwischen uns gewesen war. Wir waren einander so ähnlich, daß Nora sich, wenn wir drei zusammen waren, immer etwas als Außenseiterin vorkam.
    »Du bist dünn geworden, Luke.« Sie kam auf mich zu und streckte mir die Hand hin; ich spürte ihren Unwillen.

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