Wohin die Liebe führt
drei Uhr in mein Hotel kam, lag ein Zettel unter meiner Tür.
Bitte rufen Sie mich morgen früh an, damit wir unser Gespräch fortsetzen können.
Die Unterschrift: Cecilia Hayden.
Ärgerlich zerknüllte ich das Blatt und warf es in den Papierkorb. Ich fuhr am Morgen nach La Jolla, ohne mir die Mühe zu machen, sie anzurufen.
Noch in derselben Woche war ich schon auf dem Weg nach Australien, zurück in den Krieg. Wenn ich mir jemals eingebildet hätte, daß die alte Dame viel Zeit damit verlor, auf meinen Anruf zu warten, so hätte ich mir selbst nur blauen Dunst vorgemacht.
Es gab gewisse Dinge, auf die sie nicht warten konnte. Nach einer gewissen Zeit rief sie Sam Corwin an.
»Mrs. Hayden«, sagte Sam Corwin, als er in das Zimmer trat, in dem die alte Dame ihn erwartete, »ich hoffe, ich habe Sie nicht warten lassen.«
»Durchaus nicht, Mister Corwin«, sagte sie lebhaft. »Bitte, nehmen Sie Platz.«
Er sank in den Sessel und sah sie neugierig an. Seit sie ihn morgens angerufen hatte, fragte er sich, weshalb sie ihn wohl zu sehen wünschte.
Sie kam sofort zur Sache. »Nora ist für den Eliofheim-Preis für Bildhauerei vorgesehen.«
Mit einem neuen, plötzlich erwachten Respekt sah Sam Corwin sie an. Er hatte allerlei Gerüchte gehört, aber die Namen waren streng geheimgehalten worden. Besonders, da dieser Preis zum erstenmal seit dem Kriegsausbruch verteilt wurde.
»Woher wissen Sie das?« fragte er neidisch. Nicht einmal ihm war es gelungen, etwas darüber zu erfahren.
»Das spielt keine Rolle«, sagte sie kurz. »Wichtig ist nur, daß ich es weiß.«
»Gut. Es freut mich für Nora. Ich hoffe, sie bekommt den Preis. Denn sie verdient ihn.«
»Deshalb wollte ich Sie sprechen. Ich möchte gern sicher sein, daß sie ihn bekommt.« Sam sah sie groß an. Er sagte nichts.
»Manchmal ist Geld ein schreckliches Hindernis«, fuhr Mrs.
Hayden fort. »Besonders in der Kunst. Ich möchte sichergehen, daß der Reichtum meiner Tochter sich nicht nachteilig auf ihre Chancen auswirkt.«
»Das wird nicht passieren, Mrs. Hayden, davon bin ich überzeugt. Die Jury steht über diesen Dingen.«
»Kein Mensch steht über diesem oder jenem Vorurteil«, antwortete sie sehr bestimmt. »Und ich habe den Eindruck, daß zur Zeit die ganze Kunst von der kommunistischen Ideologie bestimmt wird. Fast jedes Werk, das außerhalb dieser bestimmten Gruppe entsteht, wird automatisch als bourgeois und unbedeutend abgelehnt.«
»Bringen Sie das nicht auf einen zu einfachen Nenner?«
»Meinen Sie?« Sie sah ihn offen an. »Sagen Sie selbst: Jeder
- wenigstens fast jeder Kunstpreis wurde in den letzten Jahren von einem Künstler gewonnen, der, wenn nicht ausgesprochener Kommunist, zumindest eng mit dieser Richtung verbunden war.«
Sam wußte nichts zu antworten. Sie hatte beinahe völlig recht. »Vorausgesetzt, ich wäre Ihrer Meinung, sehe ich doch nicht, was ich für Sie tun könnte. Der Eliofheim-Preis ist nicht käuflich.«
»Das weiß ich. Aber wir wissen beide, daß kein Mensch unbeeinflußbar und gegen die Macht der Suggestion gefeit ist. Auch die Jury besteht aus Menschen.«
»Wo sollte ich anfangen? Man müßte da wohl ein paar sehr wichtige Leute dazu bringen, daß sie einen anhören.«
»Ich habe gestern mit Bill Hearst in San Simeon gesprochen. Er hatte durchaus den Eindruck, daß Nora den Preis verdient. Er meint, das würde einen Triumph für den Amerikanismus bedeuten.«
Jetzt bekam das Ganze Hand und Fuß. Er hätte von Anfang an wissen müssen, woher ihre Information stammte. »Hearst könnte natürlich nützlich sein«, sagte Sam. »Und wer sonst?«
»Ihr Freund, Professor Bell, zum Beispiel. Und Hearst hat bereits mit Bertie McCormick in Chicago gesprochen. Auch er ist außerordentlich interessiert. Und sicher gibt es noch viele andere, wenn Sie Ihre Energie dafür einsetzen.«
»Es müßte noch eine Menge getan werden. Jetzt haben wir Februar, also nicht einmal mehr drei Monate, bis die Preise im Mai verteilt werden. Und selbst dann könnten wir nicht absolut sicher sein.«
Sie nahm einen Bogen Papier vom Schreibtisch. »Ihr Gehalt bei Ihrer Zeitung beträgt ungefähr viertausendfünfhundert. Dazu verdienen Sie durchschnittlich annähernd zweitausend mit Zeitschriftenartikeln und verschiedenen anderen Arbeiten.« Sie sah ihn an. »Das ist wirklich nicht sehr viel Geld, Mister Corwin.«
Sam schüttelte den Kopf. »Sehr viel nicht, Mrs. Hayden.«
»Sie haben kostspielige Liebhabereien, Mister Corwin«,
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