Wohin die Liebe führt
nichts mehr, Daddy«, flüsterte sie leidenschaftlich. »Jetzt, da du wieder nach Hause gekommen bist!«
Erst draußen im Tageslicht begriff ich richtig, was sie gemeint hatte. Aber ich war nicht nach Hause gekommen, um zu bleiben. Ich war nur zu Besuch gekommen.
Es war vier, als ich in mein Motel zurückkehrte. Das rote
Licht am Telefon blinkte unablässig auf - ein Zeichen, daß eine Nachricht für mich da war. Es würde so lange weiterblinken, bis ich die Vermittlung anrief. Ich tat es; ich nannte meinen Namen und meine Zimmernummer.
»Mrs. Hayden hat angerufen. Es sei unbedingt wichtig, daß Sie sie sofort anrufen, wenn Sie zurückkommen.«
»Danke.« Ich legte den Hörer einen Augenblick auf, dann wählte ich die Nummer, die die Vermittlung mir genannt hatte. Ein Mädchen meldete sich, dann kam die alte Dame ans Telefon.
»Bist du allein?« fragte sie leise und vorsichtig.
»Ja.«
»Es ist unbedingt nötig, daß wir uns sprechen.«
»Worüber?«
»Das möchte ich am Telefon nicht sagen. Aber glaube mir, Luke, es ist sehr wichtig, sonst hätte ich dich nicht angerufen.« Ein gezwungener Ton kam in ihre Stimme. »Könntest du zum Dinner kommen? Ich sorge dafür, daß wir allein sind.«
»Um welche Zeit?«
»Wäre dir sieben recht?«
»Gewiß, ich komme.«
»Ich danke dir, Luke.«
Ich legte das Telefon auf und begann mich auszuziehen. Eine heiße Dusche sollte mir die Steifheit aus den Muskeln vertreiben. Ich überlegte, was die alte Dame wohl wünschte. Wenn sie Sorgen hatte, ob ich morgen vor Gericht für sie Partei ergreifen würde, so war das überflüssig. In diesem Punkt blieb mir keine andere Wahl.
Obwohl der Abend nur etwas kühl war, brannte ein helles Feuer im Kamin, als das Mädchen mich in die Bibliothek des großen Hauses führte. Die alte Dame saß in einem Armsessel vor dem Feuer.
»Nimm dir etwas zu trinken, Luke.«
»Danke.« Ich ging zum Büfett, goß einen kleinen Schuß Bourbon über ein paar Eiswürfel und füllte das Glas mit Wasser. Ich trank meiner früheren Schwiegermutter zu. »Auf dein Wohl!«
»Danke, Luke.«
Der Whisky war voll und süffig. Wie lange hatte ich mir keinen solchen Bourbon leisten können. Ich trank in kleinen Schlucken. Es hatte keinen Sinn, ihn hinunterzugießen. »Nun, was wünschst du?« fragte ich.
Die alte Dame sah zu mir auf. »Ist das Mädchen fort?«
Ich nickte. - »Bitte überzeuge dich, daß die Tür fest zu ist.«
Ich tat es. Niemand war im Nebenzimmer. Ich kam wieder zum Kamin. »Warum so geheimnisvoll?«
Schweigend nahm sie ihre Handtasche auf und öffnete sie. Sie zog einen Brief heraus und reichte ihn mir. Er war an sie adressiert. Ich sah sie fragend an.
»Bitte, lies ihn.«
Ich stellte mein Glas weg und faltete den Brief auf. Er war mit Maschinenschrift auf einfachem weißem Papier geschrieben.
Sehr geehrte Mrs. Hayden,
Sie kennen mich nicht, aber ich bin lange Zeit Tonys Freund gewesen. Vor einigen Wochen übergab er mir ein Paket mit Brief en, die sehr wichtig sind, wie er mir sagte. Ich sollte sie für ihn aufheben. Er sagte mir auch, daß er eine Menge Ärger mit Ihrer Tochter hatte, und wenn die Zeit zu einer Abrechnung käme, würden diese Briefe ihm dafür bürgen, daß er alles erhält, was ihm zukommt. Als ich Samstag morgen in den Zeitungen las, was ihm passiert war, öffnete ich das Paket und las die Briefe durch. Sie waren sowohl von Ihrer Tochter wie von Ihrer Enkelin, die letzten nicht älter als zwei Monate. Sie würden für die
Polizei sehr aufschlußreich sein und noch viel interessanter für die Zeitungen, da beide ein Verhältnis mit Tony hatten. Aber Tony ist nun tot, und ich bin der letzte, der allen Beteiligten mehr Ungelegenheiten machen möchte, als sie sowieso haben. Sollten Sie also Interesse an diesen Briefen haben, so geben Sie bis spätestens Donnerstag folgendes Inserat im >Examiner< auf: KOMM ZURÜCK. ALLES VERZIEHEN. TANTE CÄCILIA. Ich werde mich dann mit Ihnen in Verbindung setzen, ehe ich mit jemand anderem verhandle. Aber vergessen Sie nicht: keine Rechtsanwälte und keine Polizei - sonst ist nichts zu machen.
Der Brief trug keine Unterschrift. Ich sah Mrs. Hayden an.
»Nun, was hältst du davon?« fragte sie.
»Es kann ein Verrückter sein. Ich habe öfter gehört, daß Geisteskranke solche Briefe schreiben.«
»Das glaube ich nicht, Luke. Ich habe Nora angerufen und sie gefragt, ob sie Briefe an Riccio geschrieben hat. Ihre Antwort war, das ginge mich nichts an. Dann fragte ich sie, ob
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