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Wohin die Liebe führt

Titel: Wohin die Liebe führt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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zwischen dem großen Tisch und dem Richterpult, ein kleiner Tisch mit einem Stuhl. Die Wände in jenem Braun und Gelb der Amtsräume gestrichen. In der Längswand vier große Fenster. Den Rest des kleinen Saals nahmen Stühle und Sitzbänke ein.
    Während ich mir das alles anschaute, trat ein Mann aus einer der Türen hinter dem Richterpult. Er blieb stehen, als er mich sah.
    »Bitte, wird hier der Fall Dani Carey verhandelt?« fragte ich.
    »Ja, aber Sie sind zu früh hier. Das Gericht kommt nicht vor neun. Sie können draußen im Vorzimmer warten. Sie werden aufgerufen.«
    »Danke sehr.«
    Im Warteraum waren mehrere Bänke. Ich sah nach der Uhr. Acht Uhr fünfunddreißig. Ich steckte mir eine Zigarette an.
    Ein paar Minuten später kam ein Mann herein. Er blickte mich an, zündete sich ebenfalls eine Zigarette an und setzte sich. »Der Richter noch nicht da?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Verdammt!« sagte er. »Das kostet mich wieder ’n halben Tageslohn. Kostet’s mich jedesmal, wenn ich hierher muß. Sie nehmen meinen Fall immer erst spät dran.«
    »Haben Sie ein Kind hier?«
    »Tja.« Er warf den Kopf zurück. Die Asche seiner Zigarette fiel auf sein schmutziges Arbeitshemd. Er beachtete es nicht.
    »Sie haben meine Tochter hier. Sie ist nichts wie ’ne Hure, weiß Gott, das ist sie. Ich habe ihnen gesagt, das nächstemal, wenn sie sie aufgreifen, sollten sie sie gleich dabehalten. Aber nein, sie holen mich jedesmal her!«
    Er musterte mich. »Sie, Mister, Sie sehen mir so bekannt aus. hab’ ich Sie schon mal hier getroffen?«
    »Nein. Ich bin zum erstenmal hier.«
    »Na, Freundchen, da können Sie was erwarten! Die lassen Sie nämlich egalweg wiederkommen, bis Sie sich bereit erklären, Ihr Früchtchen wieder nach Hause zu nehmen. So machen sie’s nämlich mit mir. Sie ist noch’n Kind mit ihren fünfzehneinhalb, sagen sie. Ich soll ihr ’ne Chance geben, sagen sie. Na ja, das tut man dann auch, und was passiert? Zwei Tage später wird sie in ’nem Hotel gefaßt, wo sie für alle Besucher da ist, für fünf Dollar pro Stück! Da nehmen die Polypen sie dann mit - und ich bin wieder mal hier!«
    Er schielte durch seinen Zigarettenrauch. »Hab’ ich Sie nicht doch schon mal hier gesehen?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    Er starrte mich weiter an, dann schnippte er mit den Fingern und sagte: »Jetzt weiß ich’s. Ich hab’ Ihr Bild in den Zeitungen gesehen. Sie sind der Bursche, dem seine Tochter den Liebsten ihrer Mutter kaltgemacht hat.« Ich schwieg.
    Er beugte sich zu mir vor und flüsterte vertraulich: »Ist sie nicht auch so ’n Stückchen? Was die Mädels doch heutzutage anstellen! Hat er die Kleine auch vernascht? Würde mich gar nicht wundern! Die Zeitungen sagen ja bloß die Hälfte!«
    Ich fühlte, wie sich meine Fauste ballten. Ich zwang mich, meine Finger zu strecken. Es hatte keinen Sinn, wütend zu werden. An so etwas würde ich mich gewöhnen müssen. Ich spürte einen scharfen Stich in meinem Herzen. Auch Dani würde sich daran gewöhnen müssen. Und das war viel schlimmer.
    Zwei Frauen kamen herein. Sie sahen aus wie Mexikanerinnen und schwatzten aufgeregt auf spanisch. Als sie uns bemerkten, verstummten sie plötzlich, gingen zu einer Bank und setzten sich. Die jüngere war sichtlich in andern Umständen.
    Einen Augenblick später kam eine Farbige herein, dann folgten ein Mann und eine Frau. Ihr Gesicht war geschwollen und verfärbt, ein blaues Auge hatte sie auch. Der Mann wollte sie am Arm zu einer Bank führen, aber sie schüttelte seine Hand ärgerlich ab und setzte sich an die Wand, ohne den Mann anzublik-ken. Die Negerin sprach zu der einen Mexikanerin. »Was meinen Sie - kriegen Sie Ihre Kleine zurück, Herzchen?«
    Die schwangere Frau machte die typische Geste des Nichtwissens. »Ich weiß nicht«, sagte sie mit etwas spanischem Akzent.
    »Die Fürsorge will sie nämlich lieber drin lassen, Herzchen. Klar! Wenn sie drinbleibt, kostet sie’s bloß vierzig Dollar Unterhalt. Wenn Sie sie mit nach Hause nehmen, müssen sie Ihnen siebzig monatlich zahlen. Alles bloß ’ne Geldfrage!«
    Die Schwangere zuckt die Achseln. Sie sagte auf spanisch etwas zu der anderen Frau und nickte dabei in heftiger Zustimmung. Die Frau mit dem blauen Auge weinte still vor sich hin.
    Immer mehr Leute kamen die Treppe herunter. Bald waren alle Bänke besetzt. Wer keinen Platz mehr fand, blieb im Korridor vor dem Warteraum. Fünf Minuten vor neun erschien Gordon Harris mit Nora und ihrer Mutter. Ich

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