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Wohin die Liebe führt

Titel: Wohin die Liebe führt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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an der Wand. Sofort trat ein schwarzgekleideter Mann zu mir.
    »Kann ich Ihnen behilflich sein, Sir?« fragte er mit gedämpfter Stimme.
    »Riccio?«
    »Bitte, folgen Sie mir.«
    Ich ging hinter ihm her zum Lift. Er drückte auf einen Knopf. Die Tür öffnete sich. »Ich weiß nicht, ob die Familie noch oben ist. Sie sind vielleicht zu Tisch gegangen. Aber Sie können sich ja in das Buch eintragen, das gleich neben der Tür liegt in Raum A.« - »Danke.«
    Die Tür des Lifts klappte zu. Als sie wieder aufging, trat ich hinaus. Raum A lag gerade gegenüber auf der andern Seite des Flurs.
    Ich schaute zur offenen Tür hinein. Durch einen Bogen am andern Ende des Raums sah ich den Sarg unter einer Blumendecke. Meine Schritte waren auf dem schweren Teppich nicht zu
    hören, als ich zum Sarg trat. Ich blieb daneben stehen und blickte auf den Toten.
    Dies war also der Mann, den meine Tochter getötet hatte. Auf den ersten Blick schien er nur zu schlafen. Die Leichenbestatter hatten ihre Sache gut gemacht.
    Er war ein schöner Mann gewesen. Das dichte schwarze Haar bildete in der Mitte der hohen Stirn eine kleine Spitze. Die Nase war gerade und kräftig, der Mund energisch, wenn auch sogar jetzt noch ein wenig zu sinnlich. Die Wimpern lang wie bei einem Mädchen. Ich spürte eine Regung von Mitleid. Er konnte nicht viel über Dreißig gewesen sein.
    Ich hörte einen Seufzer hinter mir, fast ein Schluchzen. Erschreckt wandte ich mich um.
    In einer Ecke saß ein alter Mann auf einem kleinen gradlehni-gen Stuhl, direkt neben dem Bogen. Ich hatte ihn nicht bemerkt, als ich hereinkam, obwohl ich direkt an ihm vorbeigegangen sein mußte. Er sah zu mir auf, seine schwarzen Augen glitzerten im Kerzenlicht.
    »Ich bin der Vater«, sagte er. »Kannten Sie meinen Sohn?«
    Ich schüttelte den Kopf und ging zu ihm hin. »Mein Beileid, Mister Riccio«, sagte ich.
    »Grazie«, sagte er mit schwerer Stimme. Seine müden Augen durchforschten mein Gesicht. »Mein Tony war gar nicht so schlecht, wie sie jetzt alle sagen. Er konnte bloß nicht genug kriegen.«
    »Ich kann mir’s denken, Mister Riccio. Niemand ist so schlecht, wie die Leute immer sagen.«
    Hinter dem Bogen waren jetzt Stimmen zu hören. »Papa - mit wem sprichst du da?« fragte die eine.
    Ich drehte mich um. Unter dem Bogen standen ein junger Mann und eine junge Frau. Der Mann sah dem Toten im Sarg sehr ähnlich, obwohl seine Züge derber erschienen. Die Frau war in Schwarz - in jenem Schwarz, das offenbar nur die Italienerinnen bei Trauerfällen immer bei der Hand haben. Über dem Haar trug sie einen Spitzenschal, ihr Gesicht war von melancholisch müder Schönheit.
    »Das ist mein anderer Sohn, Steve«, sagte der Alte. Er sprach ein ungeschicktes Englisch mit stark italienischem Akzent. »Und das ist Tonys fidanzata Anna Stradella.«
    Der junge Mann sah mich bestürzt an. »Papa!« sagte er hart, »weißt du, wer dieser Mann ist?«
    Der Alte schüttelte den Kopf.
    »Der Vater von diesem Mädchen! Du darfst nicht mit ihm sprechen! Du weißt doch, was der Anwalt gesagt hat.«
    Der alte Mann schaute mir forschend ins Gesicht. Dann wandte er sich zu seinem Sohn. »Was geht’s mich an, was der Anwalt sagt. Ich hab’ dem Mann ins Gesicht gesehen, wie er beim Sarg gestanden hat. Ich sah denselben Kummer drin, den ich in meinem Herzen hab’.«
    »Aber Papa«, protestierte der junge Mann, »der Anwalt hat doch gesagt, wenn wir klagen wollen, dürfen wir nicht mit ihm sprechen. Das könnte für uns schlecht sein.«
    Mr. Riccio hob die Hand. »Halt!« sagte er fest und mit erstaunlicher Würde. »Später können sich die Anwälte streiten. Jetzt sind wir ganz gleich, er und ich. Zwei Väter, denen ihre Kinder Kummer und Schande gemacht haben.«
    Er sprach wieder zu mir. »Setzen Sie sich, Mister Carey. Vergeben Sie meinem Steve. Er ist noch jung.«
    Der junge Mann machte ärgerlich kehrt und ging davon. Das Mädchen blieb und beobachtete uns. Ich zog zwei Stühle von der Wand herüber und stellte ihr einen hin. Sie zögerte einen Augenblick, dann setzte sie sich. Ich nahm auf dem andern Platz.
    »Mein Beileid, Miss Stradella.«
    Sie nickte, ohne zu antworten. Die Augen standen dunkel in dem weißen Gesicht.
    »Ihre kleine Tochter?« fragte Mr. Riccio. »Was macht sie?«
    Ich wußte nicht, was ich antworten sollte. Wie hart mußte es klingen, wenn ich sagte >es geht ihr gute, während sein Sohn hier ein paar Schritte vor uns im Sarge lag?
    Er begriff mein Gefühl. »Das arme kleine

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