Wohin du auch fliehst - Thriller
mehr mit dir zusammen sein. Es tut uns beiden nicht gut, oder?«
Ich sah, wie sich seine Miene verfinsterte. Nicht aus Wut – aus Enttäuschung vielleicht? Ich dachte, er würde meine Hand loslassen, doch er hielt sie nur noch fester.
»Nicht!«, sagte er ruhig. »Sag das nicht. Das letzte Mal hat es dir leidgetan.«
»Das stimmt. Aber seitdem hat sich viel verändert.«
»Was denn?«
»Erstens hast du mich geschlagen. Und du hast mit Claire und Sylvia über mich geredet. Sylvia denkt, ich sei verrückt geworden, Lee. Das ist unfair. Sie ist meine beste Freundin, und du hast sie gegen mich aufgehetzt.«
»Was?« Er lachte kurz auf. »Hat sie dir das erzählt?«
Ich spürte, wie mir Tränen in die Augen stiegen. Ich wollte nicht weinen, nicht hier. Ich setzte mich auf eine Bank. Er setzte sich neben mich und nahm wieder meine Hand.
»Hat sie dir auch erzählt, wie ich an ihre Telefonnummer gekommen bin? Sie hat sie mir an jenem Abend im Spread Eagle gegeben. Sie ist auf mich zugekommen, als ich an der Bar stand, und wollte sich von mir einen Drink spendieren lassen. Du warst mal wieder sonst wo. Ich habe ihr einen Drink spendiert, sie hat ihre Hand auf meinen Po gelegt und mich hineingekniffen. Dann hat sie mir ein Stück Papier zugesteckt und gesagt, ich solle sie anrufen, falls mir langweilig würde.«
»Das glaube ich dir nicht.«
»Doch, du glaubst mir, weil du weißt, wie sie ist«, sagte er.
Verärgert fuhr ich mir mit dem Handrücken über die Wange.
»Komm!«, sagte er sanft und umarmte mich. »Weine nicht, es ist alles okay.«
Er umarmte mich sanft, und ich schmiegte meinen Kopf an seine Schulter. Er fuhr mir mit den Fingern durchs Haar und strich es mir aus dem Gesicht. »Du brauchst keine Angst zu haben, Catherine. Du solltest keine haben. Das ist nur dieser verrückte Job. Ich kann meine Gefühle nicht so gut zeigen. Ich bin schnell gestresst und werde dann wütend, vergesse, mit wem ich es gerade zu tun habe. Es tut mir leid, wenn ich dir Angst gemacht habe.«
Ich löste mich von ihm, sodass ich ihm in die Augen sehen konnte. »Und was wäre passiert, wenn ich die Polizei gerufen hätte, Lee? Was, wenn ich erzählt hätte, was du getan hast?«
»Höchstwahrscheinlich hätten sie jemanden vorbeigeschickt, um die Aussage aufzunehmen. Dann wäre sie zu den Akten gelegt worden und damit basta.«
»Echt?«
»Oder aber man hätte eine langwierige interne Untersuchung eingeleitet, und ich hätte meinen Job und meine Rente verloren.« Er fuhr mit einem Finger über meine Wange und wischte eine Träne fort. »Ich habe was für dich«, sagte er. »Ich möchte, dass du es bekommst, ganz egal, was passiert.«
In einer schwarzen Samtschachtel lag ein Ring. Ein Platinring mit einem großen Diamanten, der in der Sonne funkelte und glitzerte. Ich wollte ihn nicht berühren, doch er drückte meine Hand darauf. »Ich weiß, wir hatten einen etwas holprigen Start«, sagte er. »Aber ich weiß auch, dass sich das bessern wird, das verspreche ich dir. In ein paar Monaten werde ich meine Versetzung beantragen und einen anderen Job annehmen, der weniger stressig ist, damit ich mehr Zeit zu Hause verbringen kann. Bitte sag mir, dass du es dir noch einmal überlegen wirst, Catherine. Wirst du es dir wenigstens noch einmal überlegen?«
Ich dachte darüber nach. Überlegte, was ich alles tun musste, damit er mich nicht wieder schlug: immer rechtzeitig zu Hause sein, ihm sagen, wo ich hingehe, wenn er nicht dabei ist. Anziehen, was ihm gefällt, und tun und lassen, was er will. »Gut, ich denke darüber nach«, sagte ich.
Daraufhin küsste er mich bei strahlendem Sonnenschein, und ich ließ es geschehen.
Ich habe Frauen, die sich misshandeln lassen, stets für dumm gehalten. Irgendwann muss ihnen doch dämmern, dass da etwas gehörig falsch läuft, wenn man plötzlich Angst vor dem eigenen Partner hat. Und dann musste man sich eben trennen, ohne noch einmal zurückzublicken. Das glaubte ich jedenfalls. Warum bleiben? Ich habe Frauen im Fernsehen gesehen und Interviews gelesen, in denen stand: »So einfach ist das nicht.« Trotzdem habe ich stets gedacht, dass es so einfach ist: dass man einfach gehen und sich trennen kann.
Doch zu dieser Erkenntnis, für die es ohnehin reichlich spät war, kam noch eine neue hinzu, nämlich, dass es am Ende doch nicht so einfach war zu gehen. Ich hatte es versucht und den Fehler gemacht, ihm wieder nachzulaufen. Ich war immer noch in ihn verliebt, in seine liebevolle,
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