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Wohin du auch fliehst - Thriller

Wohin du auch fliehst - Thriller

Titel: Wohin du auch fliehst - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haynes Elizabeth
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verletzliche Seite, die irgendwo in ihm verborgen war. Doch gleichzeitig hatte ich auch furchtbare Angst davor, was er mir antun würde, wenn ich ihn provozierte.
    Es ging nicht mehr nur darum, ihn zu verlassen. Es ging darum, die Beine unter den Arm zu nehmen und zu fliehen.
    Samstag, 2. Februar 2008
    Die Sonne schien, und es war warm. Also nahmen wir die U-Bahn zum Fluss und liefen die South Bank entlang, bis wir müde wurden. Wir setzten uns vor der Tate Modern auf eine Bank und tranken heißen Tee aus Plastikbechern. Es fühlte sich an, als wäre es bereits Frühling.
    »Als ich dich am Donnerstag im Krankenhaus besucht habe, hatte ich das Gefühl, jemanden gesehen zu haben, den ich kenne.«
    »Lee?«, fragte er.
    »Nein. Jemand anderes. Sylvia.«
    Stuart beugte sich vor und wandte mir den Kopf zu. »Wer ist Sylvia?«
    Seit Donnerstag hatte ich an nichts anderes mehr denken können, als es ihm zu erzählen. Ich überlegte, wie ich es ihm erklären sollte.
    »Sie war meine beste Freundin, bevor das alles passiert ist. Sie hat einen tollen Job bekommen und ist dafür nach London gezogen.«
    »Habt ihr euch aus den Augen verloren?«
    Ich nickte. »Na ja, eigentlich steckt mehr dahinter. Sie hat mir nicht geglaubt. Als es mit Lee immer schlimmer wurde, habe ich versucht, es ihr zu erzählen. Ich hätte ihre Hilfe gebraucht. Warum sie mir nicht half, weiß ich auch nicht. Schließlich habe ich mich nicht mehr bei ihr gemeldet.«
    Er wartete darauf, dass ich fortfuhr, und stellte seinen Plastikbecher auf den Boden unter die Bank. Dampf stieg in verschlun genen Mustern auf.
    »Außerdem habe ich über das nachgedacht, was du mir gesagt hast.«
    »Was ich dir gesagt habe?«
    »In Bezug auf … den Kuss.«
    »Ah«, sagte er. »Ehrlich gesagt hatte ich mich schon gefragt, ob du mir überhaupt zugehört hast.«
    »Es kam ein wenig überraschend. Ich dachte, du seist nicht an mir interessiert.«
    Er lachte kurz auf. »Anscheinend kann ich meine Gefühle doch besser verbergen, als ich dachte.«
    Wir schwiegen, und ich überlegte, was ich als Nächstes sagen sollte.
    »Hör zu, mach dir keine Gedanken. Ich weiß, dass du gerade eine schwere Zeit durchmachst. Es wäre schade, wenn wir deshalb nicht mehr befreundet sein könnten«, sagte er.
    »Das meine ich nicht«, sagte ich. »Ich möchte es dir ja erzählen, damit du weißt, was ich erlebt habe. Solange du das nicht weißt, kannst du auch deinen Gefühlen nicht vertrauen.«
    »Was – jetzt gleich?«
    Ich nickte. »Hier draußen ist es mir lieber, weil ich vor all den Leuten, die hier herumlaufen, bestimmt nicht umkippen werde.«
    »Gut«, sagte er.
    »Es ist heftig.«
    »Ja.«
    Ich holte tief Luft. »Die Beziehung war schwierig und wurde immer katastrophaler. Am Ende hätte er mich fast umgebracht.«
    Eine lange Pause entstand. Er sah mich an und starrte dann auf seine Hände. Schließlich sagte er: »Hat dich jemand gefunden?«
    »Wendy. Sie wohnte gleich nebenan. Sie muss einen schweren Schock erlitten haben.«
    »Das tut mir leid«, sagte er ganz ruhig. »Es tut mir leid, dass du das alles durchmachen musstest.«
    »Ich war schwanger, als er mich angegriffen hat. Ich habe es gar nicht gewusst und erst viel später im Krankenhaus erfahren, dass ich das Baby verloren habe. Ich weiß nicht, ob ich noch Kinder bekommen kann. Man sagte mir, es sei unwahrscheinlich.«
    Er wandte den Blick ab.
    »Ich musste es dir sagen«, sagte ich.
    Stuart nickte. Ich sah, dass er Tränen in den Augen hatte. Ich legte meine Hand auf seinen Rücken. »Oh Gott, bitte reg dich nicht auf, das möchte ich nicht.«
    Er umarmte mich, zog mich an sich, und wir verharrten eine Weile so.
    »Und weißt du, was das Schlimmste war?«, fragte ich schließlich an seine Schulter gelehnt. »Es war nicht das Warten in diesem Zimmer, das Warten darauf, dass er zurückkommt und mich umbringt. Es waren auch nicht seine Schläge, die Schmerzen, die Vergewaltigungen. Das Schlimmste war, dass mir anschließend niemand glaubte, nicht einmal meine beste Freundin.«
    Nach diesen Worten lehnte ich mich zurück, sah auf den Fluss hinaus und einem Frachtkahn nach, der langsam flussabwärts fuhr. »Stuart, du musst mir glauben. Noch nie in meinem Leben war mir etwas so wichtig.«
    »Natürlich glaube ich dir«, sagte er. »Ich habe dir immer geglaubt.«
    Stuart wischte sich die Tränen ab und beugte sich vor, um mich zu küssen. Ich legte meine Finger auf seine Lippen. »Warte!«, sagte ich. »Denk darüber nach, was ich

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