Wohin du auch fliehst - Thriller
hinwegzukommen. Ich musste mein Leben wieder selbst in die Hand nehmen.
Laut Alistair sollte ich mich zunächst auf die posttraumatische Belastungsstörung konzentrieren. Dazu müsse ich einige Grundregeln beachten. Wenn ich Flashbacks hätte oder an Lee dächte, solle ich dies einfach kommen und wieder gehen lassen.
Mir fiel wieder ein, dass Stuart etwas ganz Ähnliches zu dem Mann gesagt hatte, der mich in dem Café in Brighton erschreckt hatte. Es ging darum, diese Gedanken als Teil der Störung zu akzeptieren.
»Am liebsten hätte ich solche Gedanken gar nicht erst, und akzeptieren will ich sie erst recht nicht«, sagte ich.
Alistair rieb sich die Hände und wackelte mit den Mittelfingern, was irgendwie beruhigend wirkte.
»Cathy, vergessen Sie nicht, dass diese Gedanken irgendein Ventil brauchen. Noch sind sie in Ihrem Kopf und können nicht heraus. Darum belasten sie Sie so. Sie haben diese Gedanken, und wenn sie kommen, versuchen Sie, sie zu verdrängen. Doch dann müssen sie wiederkommen, weil es Ihrem Verstand nicht gelungen ist, sie zu verarbeiten und mit ihnen umzugehen. Es sind nur Gedanken.«
»Das sagen Sie! Es mögen vielleicht nur Gedanken sein, aber sie machen mir eine verdammte Angst. Ich habe das Gefühl, in einem Horrorfilm zu leben.«
»Dann überlegen Sie sich mal Folgendes: Sie sind Teil eines Horrorfilms. Doch egal, wie schrecklich sie sind – wenn Sie sie einfach kommen und wieder gehen lassen, werden sie früher oder später aufhören.«
Seine Stimme war gelassen und überraschend beruhigend. Ich versuchte daran zu denken, dass Stuart hier war, eine Klinik leitete, Menschen zuhörte, die über ihren Kummer, ihren Schmerz und ihre Einsamkeit sprachen. Die davon erzählten, dass sie die Welt nicht mehr verstanden und allem ein Ende machen wollten.
Dann ging ich nach Hause und versuchte, das alles zu verdauen.
So wie bei anderen Suchterkrankungen auch, fiel es mir in den Nächten, in denen ich alleine war, leicht, meinem Laster zu frönen, ohne dass Stuart oder sonst jemand etwas davon mitbekam. Doch das Kontrollieren verschaffte mir keinerlei Befriedigung, das hatte es noch nie getan. Es verschaffte mir Erleichte rung – eine kurze Verschnaufpause. Alistair hatte mir ein paar Methoden an die Hand gegeben, mit denen ich den Stress lindern konnte, der sich einstellen würde, wenn ich nicht richtig kontrollierte. Dazu gehörten die Atemübungen, das Rationalisieren meiner Ängste und die Tatsache, dass ich sie neu benennen musste, damit sie nicht real wurden, sondern nur ein Teil meiner Zwangsstörung blieben. Das waren keine gesunden Ängste – warum also sollte ich daran festhalten wollen?
Als ich an diesem Abend von der Arbeit nach Hause kam, erhielt ich einen Anruf. Mein erster Gedanke war, dass Stuart dran wäre, doch es war Detective Sergeant Hollands. Mein Herz begann zu rasen – würde sich das jemals bessern? Ich rechnete damit, dass sie sagen würde, Lee sei verschwunden. Lee habe irgendwem gesagt, er komme mich holen. Oder irgendein Beamter sei hereingelegt worden und habe ihm meine Adresse verraten.
»Ich wollte Ihnen nur mitteilen, dass ich mit dem Kollegen in Lancaster gesprochen habe.«
»Ja, und?«
»Sie haben gleich am nächsten Morgen nach Ihrem Anruf jemanden losgeschickt, um Mr Brightman zu kontrollieren. Ich kann Ihnen zwar nicht versichern, dass er auf keinen Fall bei Ihnen war, doch das ist mehr als unwahrscheinlich. Er lag im Bett, weil er den Abend zuvor gearbeitet hat. Er arbeitet in einem örtlichen Nachtclub. Die Beamten haben das überprüft, er war also tatsächlich bei der Arbeit, als Sie angerufen haben. So gesehen ist es zwar nicht vollkommen ausgeschlossen, dass er nach London gefahren ist, aber doch ziemlich unwahrscheinlich. Haben Sie sonst noch irgendwelche Hinweise darauf, dass er weiß, wo Sie sich aufhalten?«
Ich seufzte. »Eigentlich nicht. Ich kenne ihn bloß einfach zu gut. Muss er nicht irgendeine Genehmigung haben, um als Türsteher zu arbeiten?«
»Er arbeitet nicht als Türsteher, er sammelt Gläser ein. Lancaster wird sich darum kümmern, machen Sie sich keine Sor gen. Obwohl seine Entlassung mit keinerlei Auflagen verbunden wurde, scheint er unter strenger Beobachtung zu stehen.«
Die kann gar nicht streng genug sein, dachte ich.
»Vermutlich können Sie sich erst mal entspannen, Cathy. Hätte er Sie aufsuchen wollen, hätte er es längst getan. Außerdem haben Sie ja meine Nummer, oder?«
»Ja, die habe ich,
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