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Wohin du auch fliehst - Thriller

Wohin du auch fliehst - Thriller

Titel: Wohin du auch fliehst - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haynes Elizabeth
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lau. Ich musste leise sein.
    Ich zog mich ganz auf die Mauer, versuchte, das Gleichgewicht zu halten, und überlegte, was ich tun sollte. Vermutlich war sie tatsächlich nicht zu Hause. Vielleicht war sie übers Wochenende weggefahren, besuchte Freunde oder ihre Verwandten in Lancaster. Vielleicht hatte sie ihm entkommen können, was mir nie gelungen war.
    Oder sie war da drin. In der Dunkelheit.
    Nun, jetzt, wo ich schon so weit gekommen war, konnte ich nicht einfach wieder nach Hause fahren, ohne nachgesehen zu haben. Ich schwang meine Beine über die Mauer und ließ mich herunterfallen. Dabei schürfte ich mir die Rückseite meiner Beine auf und verfluchte mich, weil ich nichts Passenderes angezogen hatte.
    Ich hörte Stimmen, Gelächter aus der Wohnung darüber. Klassische Musik – ein Klavier, tröstlich, melodisch. Vielleicht eine Dinnerparty.
    Ich schlich durch den Garten, der von den Lichtern oben hell erleuchtet war, und hoffte, dass niemand ausgerechnet jetzt nach draußen schaute. Gerade noch rechtzeitig fiel mir die niedrige Terrassenmauer wieder ein, die im Moment im Schatten lag.
    Sobald meine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, spähte ich durch das Fenster ins Wohnzimmer. Es war ungefähr so, wie ich es in Erinnerung hatte – die Kunstdrucke, das unförmige Sofa mit den vielen Satinüberwürfen, Bücher, wild aufeinandergestapelte Zeitschriften. In der Dunkelheit sah ich un deutlich die Türen im Flur, links war, soweit ich mich daran erinnerte, das Bad und rechts das Schlafzimmer.
    Beide Türen standen halb offen.
    Das war’s. Wo immer sie auch war, sie wurde auf jeden Fall nicht in ihrer Wohnung gefangen gehalten.
    Ich trat einen Schritt zurück, und mein Fuß gab nach. Ich war auf das Gitter über der Souterrainwohnung getreten. Ich blickte in den dunklen Abgrund unter mir, das Licht von oben erhellte die Umrisse der Fensterrahmen, darin war es ebenfalls vollkommen dunkel, und ich erschauderte.
    Ich empfand mich als töricht, lief schnell bis ans Ende des Gartens, fürchtete, dass mir jemand nachrufen könnte, wenn er mich mit nackten Armen und Beinen über den Rasen rennen sah. Doch noch bevor ich ein weiteres Mal Luft holen konnte, stand ich bereits wieder an der Mauer. Von der Innenseite aus wirkte sie sehr viel höher, die Ziegel waren glatter. Ich würde mich anstrengen müssen, sie zu überwinden. Das Gartentor führte auf die Gasse, ein großes, glänzendes Schloss hing davor, was die Sache auch nicht leichter machte. Ein paar Meter von der Mauer entfernt stand ein alter Metallmülleimer mit Deckel. Soweit ich das erkennen konnte, war er leer, auch wenn er nicht gerade angenehm roch. Ich zog ihn über den stoppeligen Rasen und lehnte ihn dicht an die Mauer. Dabei schien mir jedes Geräusch, das er verursachte, ohrenbetäubend lauter zu sein als der angenehme Klang von Schostakowitschs zweitem Klavierkonzert, das zu mir herunterdrang.
    Ich prüfte, ob der Deckel meinem Gewicht standhielt, und das tat er. Ich schwang mein Bein nach oben, doch kaum hatten meine Arme die Mauer umfasst, rutschte der Mülleimerdeckel unter meinem Fuß weg und landete krachend auf dem Boden. Während ich über die Mauer glitt, verstummte plötzlich die Mu sik, und ich hörte besorgte Stimmen. »Was war das?« … »Ach, vermutlich nur ein Fuchs … mach dir keine Sorgen, Liebling.«
    Ich stand auf der anderen Seite der Mauer, völlig außer Atem. Ich kam mir idiotisch vor und fragte mich, wieso ich verdammt noch mal über Mauern kletterte, wenn ich zu Hause bei Stuart sein könnte, der sich bestimmt schon fragte, wo ich blieb.
    Höchste Zeit zu gehen. Wo auch immer Sylvia gerade war – ich hatte wenigstens nachgesehen.
    Ich sprang in den einzigen Bus, der in die richtige Richtung fuhr. Ich stieg auf der anderen Parkseite aus, weniger als anderthalb Kilometer von zu Hause entfernt, rannte fast durch die Dunkelheit, um zurück zur Talbot Street zu gelangen. Die Hitze wurde drückender, irgendwo in der Ferne donnerte es bereits, und Regen kündigte sich an.
    Ich ging die Straße entlang und blickte zu Stuarts Wohnung hinauf. Das Licht brannte, er war vor mir nach Hause gekommen. Ich bekämpfte den Drang, gleich ins Haus zu gehen, und lief weiter bis ans Ende der Straße, bog links ab und ging hinten herum in die Gasse.
    Ich musste nachdenken.
    Auf meinem Weg von der Bushaltestelle hatte ich keine Menschenseele gesehen; vereinzelte Autos und ein Radfahrer waren an mir vorbeigefahren, aber niemand war zu

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