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Wohin du auch fliehst - Thriller

Wohin du auch fliehst - Thriller

Titel: Wohin du auch fliehst - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haynes Elizabeth
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am besten den Marsch blies.
    Sein Gesicht war blutverschmiert.
    »Oh mein Gott! Verdammt, was ist passiert?« Barfuß sprang ich vor die Tür, berührte seine Wange, sein Gesicht, und spürte wie er zusammenzuckte.
    »Darf ich reinkommen?«, fragte er und grinste frech.
    Er war nicht betrunken, denn das war mein erster Gedanke gewesen. Er war anders angezogen als bei unserem letzten Treffen. Er trug schmuddelige Jeans, ein Hemd, das einmal hellblau gewesen sein musste und jetzt mit Blut und Öl beschmiert war, und eine schäbige braune Jacke, dazu uralte Turnschuhe. Aber er roch nicht nach Alkohol – nur nach Schweiß, Schmutz und kalter Nachtluft.
    Mein zweiter Gedanke, den ich sofort hervorstieß, war: »Was zum Teufel ist dir passiert?«
    Er antwortete nicht, aber ich gab ihm auch kaum eine Gelegenheit dazu. Ich zerrte ihn ins Wohnzimmer, drückte ihn aufs Sofa und holte dann schnell Desinfektionsmittel, Watte, warmes Wasser und ein Handtuch. Im Halbdunkel tupfte ich ihm das Blut um seine Augen herum ab und spürte die Schwellung unter der Haut. Blut sickerte aus einer Platzwunde über seiner Braue.
    »Erzählst du es mir?«, fragte ich leise.
    Er sah mich an und strich mir über die Wange. »Du siehst gut aus«, sagte er. »Tut mir leid, dass ich so spät komme.«
    »Lee, bitte. Was ist passiert?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Das kann ich dir nicht sagen. Aber es tut mir leid, dass ich es nicht bis acht geschafft habe. Ich habe versucht, an ein Telefon zu kommen, aber es hat einfach nicht geklappt.«
    Ich hörte auf, sein Gesicht abzutupfen und sah ihn an. In dem Punkt sagte er wenigstens die Wahrheit.
    »Ist schon gut, jetzt bist du ja da«, sagte ich. Ich drückte den Wattebausch kurz auf seine Braue. »Das Abendessen ist allerdings ruiniert.«
    Er lachte und zuckte zusammen.
    »Mach dein Hemd auf!«, befahl ich, und als er nicht sofort reagierte, begann ich, es aufzuknöpfen. Die eine Brustseite war gerötet und aufgeschürft – Blutergüsse würden sich erst später zeigen. »Herrgott, eigentlich gehörst du in die Notaufnahme und nicht in mein Wohnzimmer!«, sagte ich.
    Er fuhr mit seiner Hand über meinen Rücken und zog mich zu sich herab. »Ich gehe nirgendwohin.«
    Er küsste mich sanft, aber nur kurz, dann wurden seine Küsse stürmischer, und ich küsste ihn leidenschaftlich zurück. Er hatte seine Hand in meinem Haar und zog mein Gesicht zu sich. Ich stieß ihn kurz weg, aber nur, um mir mein T-Shirt über den Kopf zu ziehen.
    Dafür, dass es das erste Mal war, war es kein Hit. Er stank nach Motoröl und schmeckte nach abgestandenem Nescafé; er hatte sich nicht rasiert und lastete schwer auf mir, trotzdem hatte ich ein unbändiges Verlangen nach ihm. Obwohl er vergessen hatte, ein Kondom zu benutzen, was vielleicht ratsam gewesen wäre, wollte ich ihn nicht unterbrechen. Es war peinlich, und wir hatten es schnell hinter uns, ein Gewirr von Beinen und Armen, und die Klamotten waren auch im Weg. Er atmete laut und rasselnd an meinem Hals, kurz darauf zog er sich aus mir zurück und kam auf meinem Bauch.
    Im Halbdunkel sah ich, dass seine blauen Augen sich mit Tränen füllten. Seine Atmung beruhigte sich langsam. Ich hörte, wie er keuchte, schluchzte, zog ihn an mich und wiegte seinen Kopf. Warme Tropfen fielen auf meine Brust, doch ich wusste nicht, ob es Blut oder Tränen waren. »Tut mir leid«, sagte er. »Das ist alles so beschissen. So wollte ich das nicht. Aber das passiert mir immer. Immer mache ich alles kaputt.«
    »Lee, das ist schon in Ordnung«, sagte ich. »Wirklich.«
    Als er sich wieder beruhigt hatte, ließ ich ihn auf dem Sofa liegen, machte eine Tasse Tee und Toast. Er schlang alles hinunter, als hätte er seit Wochen nichts mehr gegessen. Ich saß ihm gegenüber, sah ihm dabei zu und fragte mich, was ihm wohl zugestoßen war und wie ich ihn dazu bringen konnte, es mir zu erzählen. Dann stellte ich die Dusche an, ging mit ihm darunter und wusch ihn. Er lehnte mit halb geschlossenen Augen an der Wand, während ich mit einem Schwamm den Schmutz von Hals und Rücken wusch. Seine rechte Schulter war eine einzige große Schürfwunde, so als sei er aus einem Auto auf den Asphalt gestoßen worden. Seine rechte Hand war geschwollen, die Fingerknöchel aufgeplatzt, er musste sich geprügelt haben. Unter seinem linken Arm führten tiefrote Flecken bis zu seinem unteren Rücken. Vielleicht hatte er sich ein paar Rippen gebrochen. Ich wusch ihm die Haare und spülte sie so aus, dass ihm der

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