Wohin du auch fliehst - Thriller
meine Hände mit einem Papierhandtuch ab und ließ es gut sein.
Danach war das Essen in Ordnung. Sobald serviert wurde und ich etwas zu tun hatte, muss ich mich beruhigt haben. Alle waren fröhlich und unterhielten sich, was hieß, dass ich die anderen Gäste beobachten und aus dem Fenster schauen konnte.
Auf der High Street ging es hoch her. Menschentrauben eilten am Fenster vorbei und verschwanden in Pubs oder Restaurants. Die meisten wirkten glücklich und lachten. Nach einer Weile wurde mir klar, dass ich die Menge nach Stuart absuchte. Das war kein gutes Zeichen. Ich wandte mich wieder meinem Tisch zu und bemühte mich, an der Unterhaltung teilzunehmen.
Nach dem Essen wollte ich mich eigentlich davonstehlen und so schnell wie möglich nach Hause gehen, doch es kam anders.
»Komm doch noch mit auf einen Drink!«, sagte Caroline. »Ach komm schon, nur einer. Wir gehen ins Lloyd George . Du kannst mich doch mit diesem Kindergarten nicht alleine lassen.« Sie hakte mich unter und führte mich von der Talbot Street und meinem Zuhause weg. Ich ließ sie gewähren. Warum, weiß ich auch nicht. Ein Teil von mir hatte das Gefühl, an diesem Abend meine Zwänge bekämpfen zu müssen. Ich wollte wieder einmal erleben, wie es ist, sich frei zu fühlen.
Im Lloyd George war es warm und im Gegensatz zu den anderen Pubs nicht so voll. Früher war das Lokal mal ein Theater gewesen, die hohen Decken und die umlaufende Galerie verliehen ihm eine helle, offene Atmosphäre. Ich bestellte einen Orangensaft und stand mit Caroline an der Bar, während sie mir wieder von ihrer Floridareise und den niedrigen Benzinpreisen dort erzählte. Ich sah Stuart schon, bevor er mich sehen konnte, wenn auch nur einen winzigen Moment früher: Er ertappte mich dabei, wie ich ihn beobachtete, und lächelte mir zu, bevor ich wegsehen konnte. Dann sagte er irgendwas zu dem Typen neben ihm und kam zu mir herüber.
»Hallo, Cathy«, schrie er über die Menge hinweg. »Amüsierst du dich?«
»Ja, und du?«, fragte ich.
Er zog eine Grimasse. »Jetzt schon, schließlich bist du da. Mit Ralphie war es todlangweilig.« Er zeigte mit seiner Bierflasche auf den Begleiter, einen dämlich aussehenden Typen mit Brille und einem scheußlich braunen Schal, der tat, als unterhalte er sich mit jemandem zu seiner Rechten. »Ein Arbeitskollege?«, fragte ich.
Er lachte. »Mein kleiner Bruder.« Er nahm einen Schluck aus der Flasche. »Wie läuft die Weihnachtsfeier?«
»Nicht schlecht. Ich war schon lange nicht mehr auswärts essen.« Was für eine blöde Antwort, dachte ich. Das Problem war, dass ich eigentlich gar keine so verängstigte Person bin. Ich war es doch gewohnt, mich mit Menschen zu unterhalten. Ich war lebhaft, freundlich, gesprächig, und es fiel mir schwer, den Mund zu halten. Ich fragte mich, ob ich mich je daran gewöhnen werde.
Robins johlendes Gelächter dröhnte über die Menge hinweg. Stuart warf ihm einen Blick zu. »Gehört der zu euch?«
Ich nickte und verdrehte die Augen. »Er ist ein Arschloch«, sagte ich.
Dem folgte eine kleine Pause, in der wir uns beide zu fragen schienen, was wir um Himmels willen als Nächstes sagen sollten.
»Wohnst du schon lange hier?«, fragte er schließlich und zeigte mit dem Kinn in Richtung Talbot Street.
»Ungefähr ein Jahr.«
Er nickte. »Ich mag das Haus. Ich fühle mich schon richtig heimisch.«
Ich lächelte. Seine grünen Augen sahen mich an und funkelten jungenhaft – schon lange hatte ich niemanden mehr so begeistert gesehen. »Schön.«
Mitten in dem Lärm rief jemand: »Stu!« Wir drehten uns beide um, Ralphie stand an der Tür und winkte ihn heran. Er winkte zurück.
»Ich sollte jetzt gehen«, sagte er.
»Okay.«
»Sehen wir uns später noch?«, fragte er.
Vor ein paar Jahren hätte ich auf eine solche Frage noch ganz automatisch mit Ja geantwortet. Da ging ich jeden Abend aus, tingelte von einer Kneipe zur nächsten, traf mich mit Freunden, ließ sie manchmal irgendwo zurück, nur um in einem anderen Lokal wieder zu ihnen zu stoßen. Ich tingelte unbekümmert von Pub zu Club zu Bar. Wenn ich jemanden später wiedertraf, hieß das entweder einfach nur so oder dass ich in irgendeinem Haus eingang herumknutschte, mitging, die ganze Nacht mit ihm herumvögelte und am nächsten Tag mit höllischen Kopfschmerzen und Brechreiz aufwachte.
»Ich weiß nicht«, sagte ich. »Ich gehe vermutlich gleich.«
»Soll ich auf dich warten und dich nach Hause bringen?«
Ich versuchte in seinen
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