Wolf Shadow 01 - Wilks, E: Wolf Shadow 01
wüsste ich gern, um was es eigentlich geht.“
Lily sah ihm in die Augen. Nichts geschah.
Idiotin! Hatte sie wirklich gedacht, es würde etwas passieren? Es war der Blutzucker gewesen, sonst nichts. Sie hielt Turners Blick einen Moment lang stand, um zu beweisen, dass sie dazu in der Lage war … und verspürte tief in ihrem Bauch ein Ziehen, ein deutliches Zeichen von aufkeimender Lust. Es war unverkennbar. Und äußerst ärgerlich.
„Es geht um Mord“, sagte sie und hoffte, dass ihre Miene genauso ungerührt war wie seine. „Ich ermittle in einem Mordfall.“
Alle zeigten irgendeine Reaktion, nur Turner nicht. Er bewegte sich keinen Millimeter. Vielmehr schien er rings um sich eine Art Kraftfeld aus Ruhe aufzubauen, und diese Ruhe übertrug sich auf die anderen und ließ sie nacheinander verstummen. Er sagte nur ein Wort: „Wer?“
„Carlos Fuentes.“
„Jesus Maria!“, rief einer der Männer aus. „Oh nein, arme Rachel!“, ertönte es aus der Frauenecke. Und der nackte Adonis wirkte einen winzigen Augenblick lang ausgesprochen erleichtert.
„Seien Sie nett zu Rachel“, sagte Turner unvermittelt, erhob sich und ging ihr um den Tisch herum entgegen.
Lily drehte sich um. Rachel Fuentes kehrte zurück.
Von Weitem hatte Lily nur ihre großen Brüste und ihr herrliches Haar gesehen. Aus der Nähe jedoch … Lily blinzelte überrascht.
Den Klatschspalten zufolge hatte Turner Affären mit den schönsten Frauen des Landes gehabt. Rachel Fuentes gehörte nicht zu ihnen.
Sie war jung, nicht viel älter als zwanzig. Und ihr Haar war in der Tat prachtvoll, ihre Oberweite beeindruckend, aber alles andere an ihr war äußerst durchschnittlich. Sie hatte gut sieben Kilo zu viel drauf, und zwar an den falschen Stellen. Ihr Gesicht war schmal, ihre Nase lang und der Nasenrücken so hoch, dass es aussah, als stünden ihre Augen zu dicht beieinander. Trotzdem waren diese Augen das Beste an ihrem Gesicht: Sie waren groß, dunkel und strahlend.
Sie sah glücklich aus. „Na, hast du mich vermisst?“, fragte sie, als Turner auf sie zukam, und schlang die Arme um seinen Hals.
„Da ist eine Polizistin, die mit dir sprechen will“, sagte er sanft. „Sie hat schlechte Nachrichten, querida .“
Der glückliche Ausdruck wich aus Rachels Gesicht, die Farbe ebenfalls. Lily trat vor. Es gab keine schonende Methode, um jemandem eine solche Nachricht zu überbringen. „Es tut mir sehr leid, Ms. Fuentes. Ihr Mann wurde heute Abend ermordet.“
„Ermordet?“ Sie schüttelte den Kopf. „Nein, Sie müssen sich irren. Er ist in der Kirche bei der Probe. Er ist Sänger, wissen Sie? Er hat eine wunderschöne Stimme. Er …“ Ihr Gesicht verzog sich. „S-sie müssen sich irren.“
Lily setzte sie so behutsam wie möglich über das Nötigste in Kenntnis: Tatort und Todesart, wie der Tote mit Hilfe des Führerscheins hatte identifiziert werden können und was von seinem Gesicht übrig war.
Und dass er von einem Wolf getötet worden war.
Rachel Fuentes erschauderte. Dann begann sie zu weinen. Lily sah Turner kurz in die Augen. Rachel schien sich der Ironie, dass sie sich von ihrem Lover über den Tod ihres Mannes hinwegtrösten ließ, nicht bewusst zu sein. Rule Turner allerdings schon.
3
Vier Stunden später war der Club leer. Gäste und Cops waren gegangen. In der Luft hing ein diffuses Bouquet aus allen möglichen Gerüchen, die Rule in seiner menschlichen Gestalt nicht einordnen konnte – Alkohol, Früchte, Rauch, Schweiß, Menschen. Dazu noch dieser verdammte Weihrauch, den Max so liebte und als Schwefelersatz verwendete.
Und sie . Sie war bereits vor einer Stunde gegangen, doch ihr Duft war noch da.
Vielleicht bildete er sich das aber auch nur ein. Rule seufzte, setzte sich wieder auf seinen Stammplatz und tippte eine Nummer in sein Handy, die er besser kannte als seine eigene. Max und Cullen hatten ihn allein gelassen und tranken etwas an der Bar.
Nach neunmaligem Läuten meldete sich eine verschlafene weibliche Stimme: „Ich hoffe, es ist wichtig!“
„Ich muss mit dem Rho sprechen, Nettie.“
„Ich sage ihm, dass er dich anrufen soll – wenn er wach wird. Er ist jetzt zwar im Normalschlaf, aber den braucht er auch!“
„Du hast mich missverstanden. Ich will nicht mit meinem Vater sprechen. Der Lu Nuncio braucht den Rat seines Rho.“
Sie schwieg einen Moment lang. „Gott, das kannst du wirklich gut! Zu gut für meinen Seelenfrieden! Ich bringe ihm das Telefon. Aber wenn er einen
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