Wolf Shadow 01 - Wilks, E: Wolf Shadow 01
einordnen konnte … Vielleicht stellte sich irgendjemand Schwefelgeruch so vor.
Den Song, der gerade zu Ende ging, erkannte Lily erst mit einiger Verspätung und grinste. „Hotel California.“ Das Management achtete offenbar darauf, seinem Motto treu zu bleiben.
„Willkommen in der Hölle!“, dröhnte eine tiefe Bassstimme zu ihrer Linken. „Durch das Portal zu treten hat seinen Preis!“
Sie schaute den kleinen Mann an, der auf einem Barhocker an einem Tisch mit einer altmodischen Registrierkasse saß. Er hatte einen großen Kopf und breite Schultern, und sein Anzug wirkte wie aus einem alten Schwarz-Weiß-Film, aber das war nicht der Grund, warum Lily ihn so anstarrte. Der Mann war von einer unglaublichen Hässlichkeit, die ebenso faszinierend war wie die atemberaubende Schönheit einiger weniger Menschen.
Seine Nase war lang und dünn und gebogen wie bei der bösen Hexe aus dem Märchen, so als sei sie geschmolzen und mitten im Heruntertropfen wieder erstarrt. Er hatte keine Haare, so gut wie kein Kinn und ganz schmale Lippen, und seine Haut hatte die gräuliche Farbe von Pilzen. Seine Füße waren so groß wie Lilys Hände und baumelten ein gutes Stück über dem Boden.
Sie blinzelte. „Ach, Sie nehmen Eintritt?“
„Zwanzig pro Kopf.“
„Das gilt nicht für mich. Ich bin Detective Yu“, erklärte sie, zog ihre Marke aus der Seitentasche ihres Rucksacks und hielt sie ihm hin. „Und Sie sind …?“
„Nennen Sie mich Max.“ Er beäugte die Marke misstrauisch. „Und was wollen Sie?“
„Ich will mit ein paar Clubgästen reden. Wie ich hörte, sind Rachel Fuentes und Rule Turner hier zu finden.“
„Wen interessiert das schon?“
„Sie sollten lieber mit mir zusammenarbeiten. Sind die beiden hier oder nicht?“
Er zuckte mit den Schultern. „Glaube schon.“
„Und seit wann ist Mr. Turner im Club?“
„Warum?“
„Weil ich hier der Cop bin und die Fragen stelle. Waren Sie den ganzen Abend an der Kasse?“
„Seit neun.“
„Wissen Sie, wie lange Turner schon hier ist?“
„Vielleicht.“
Mehr sagte er nicht, sondern starrte sie nur an. Sein Blick war irritierend, so bewegungslos wie bei einem Reptil. Lily kniff die Lippen zusammen. „Vielleicht sollte ich mit dem Besitzer oder dem Manager sprechen.“
„Einen Manager gibt es nicht, und der Besitzer bin ich.“ Er seufzte. „Also gut, seine grandiose Hoheit ist gegen Viertel nach neun, halb zehn gekommen, so um den Dreh. Die Fuentes war schon früher hier.“
Halb zehn. Ungefähr um diese Zeit war Carlos Fuentes ihrer Einschätzung nach getötet worden, aber auf diesem Gebiet war sie keine Expertin. „Wie viele Ausgänge gibt es?“
„Diesen hier und den Notausgang hinten.“ Er seufzte einmal mehr. „Ich hasse Cops.“
„Wen interessiert das schon?“
„Vielleicht sind Sie gar nicht so blöd, wie Sie aussehen“, entgegnete er, doch es klang eher pessimistisch – so als glaube er nicht so recht daran. „Schöne Möpse übrigens. Ich steh auf kleine. Lust auf einen Quickie?“
Lily fiel die Kinnlade herunter, und es juckte ihr in den Fingern, den kleinen Mistkerl zu würgen. „Lust, die nächsten Wochen in einer winzigen Zelle zu verbringen?“
„War doch nur ’ne Frage!“
„Bringen Sie mich zu Rachel Fuentes!“ Popcorn? Roch sie da etwa Popcorn? Das konnte doch wohl nicht wahr sein!
„Sie ist bei Turner.“
„Dann bringen Sie mich zu Turner.“
„Lesen Sie keine Zeitung? Weiß doch jeder, wie der aussieht!“
„Ich habe natürlich schon Fotos von ihm gesehen.“ Der Prinz der Nokolai war eine Art Star, der regelmäßig in Klatschspalten und Zeitschriften auftauchte und mit Schauspielerinnen, Models und ab und zu auch mit Politikern oder Großunternehmern zusammen fotografiert wurde. Er leistete Lobbyarbeit für seine Leute in Sacramento und Washington und feierte Partys mit den Berühmtheiten aus Hollywood. „Aber ich möchte trotzdem, dass Sie ihn mir zeigen. Und Rachel Fuentes.“
„Okay, okay. He, du!“ Er sprang von seinem Hocker und rief einen jungen Kellner mit nacktem Oberkörper zu sich: „Dumpfbacke! Komm rüber, und setz dich an die Kasse!“ Dann schaute er mürrisch zu Lily hoch. „Kommen Sie mit oder was?“, schnauzte er sie an und marschierte los.
Lily folgte ihm durch den überfüllten Raum, und Gonzales heftete sich an ihre Fersen.
Allmählich bekam sie Magenschmerzen. In ein paar Minuten musste sie Rachel Fuentes sagen, dass ihr Mann ermordet worden war.
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