Wolf Shadow 01 - Wilks, E: Wolf Shadow 01
Schild, zu dem Lily nun hochsah. Kleine rote Neonteufel tanzten um den Schriftzug „Club Hell“ und stachen mit Mistgabeln auf die Buchstaben ein.
„Echt kitschig“, murmelte sie. Das Schild kündete von einer Fünfzigerjahre-Verruchtheit, die im Vergleich zu den realen Schrecken dieses Viertels ziemlich harmlos wirkte. Wie lange gab es diesen Club eigentlich schon? „Ob das Absicht ist?“
„Wie bitte?“
Lily drehte sich zu dem jungen Mann um, der an sie herangetreten war: Officer Arturo Gonzales, Phillips’ Partner. Er war gut zwölf Zentimeter größer als sie und stämmig, aber fit wie jemand, der frisch vom Militärdienst kommt – und mit der Art von Pausbäckchen ausgestattet, in die ältere Damen gern kneifen. Sie hatte ihn vorgeschickt, damit er bis zu ihrem Eintreffen den Eingang des Clubs im Auge behielt. „Der Clubbesitzer muss einen ziemlich guten Umsatz machen, wenn er sich einen bewachten Parkplatz leisten kann. Waren Sie schon mal drin, Officer?“
„Nein, Madam.“
Ein Lächeln spielte um ihre Mundwinkel. „Sie kommen aus dem Süden, wie ich höre.“
„Nein, Madam. Ich bin aus dem Westen von Texas.“
„Klingt ziemlich südlich für mich.“
Er nickte mit ernster Miene. „Ist schon seltsam. Das meinen alle, die nicht aus Texas sind. Aber das ist wohl wie mit den Leuten aus Los Angeles. Sie sagen nie, dass sie von der Westküste oder aus Kalifornien kommen – sie sind einfach aus L.A.“
„Ich denke, das spricht für sich. Was wissen Sie über das Hell?“
Er grinste. „Das ist ein Werwolfschuppen. Da trifft man sie und ihre Groupies.“
„Die abenteuerlustigen Touristen nicht zu vergessen! Die schauen da auch gern mal rein.“ Sie sah ihn nachdenklich an. Aufgrund der sexuellen Gepflogenheiten der Lupi galt der Nachtclub als extrem lasterhaft und verkommen, und das machte ihn natürlich zu einem angesagten, beliebten Lokal. „Texas gehörte zu den Staaten mit Schießbefehl, nicht wahr?“
„Ja, Madam, bis zur Gesetzesänderung.“
„Nun, Kalifornien nicht. Lupi war es erlaubt, sich hier aufzuhalten, solange sie sich registrieren ließen.“ Sie waren die ersten Besucher des Clubs gewesen: registrierte Lupi, denen man Injektionen verabreichte, die die Verwandlung verhinderten und die von den Menschen für ungefährlich gehalten wurden.
„Ihre X-Einheiten haben sie getötet.“
„Nur wenn sie sich dauerhaft der Registrierung widersetzt haben oder wenn ein Gericht entschied, dass sie eindeutig eine Gefahr darstellten.“ Theoretisch zumindest. Das Bundesrecht hatte verlangt, dass alle Lupi registriert wurden – gewaltsam, falls nötig – und die Injektion erhielten. Und der Begriff „gewaltsam“ war ein weites Feld, wenn man es mit Kreaturen zu tun hatte, die sich selbst mit mehreren Ladungen Munition im Leib nicht davon abhalten ließen, jemandem die Kehle herauszureißen.
Die Lupi hatten sich in der Regel heftig gegen die Registrierung gesträubt.
„Ich rede jetzt mit den Leuten da drin“, sagte Lily. „Einige von ihnen werden Lupi sein. Sie sind jetzt Staatsbürger und haben dieselben Rechte wie alle anderen Bürger auch. Kommen Sie damit klar, oder muss ich mir jemand anderen holen?“
Gonzales dachte nach. Lily wusste nicht, ob sie entsetzt sein sollte, weil er so lange für die Entscheidung brauchte, oder eher beeindruckt von seiner Ehrlichkeit. Nach einer Weile nickte er. „Ich denke, es ist unsere Aufgabe, für die Einhaltung der Gesetze zu sorgen, und nicht, darüber zu urteilen, ob sie richtig oder falsch sind.“
„Das denke ich auch.“ Lily ging die ersten Stufen hinunter. Der Eingang zum Hell befand sich selbstverständlich unter der Erde. Eine breite Treppe führte durch einen steinernen Schacht bis zum Kellergeschoss des Gebäudes. Das schuf eine nette Kerkeratmosphäre, fand Lily, auch wenn Gonzales in dem kalten blauen Licht aussah wie eine wandelnde Leiche.
Am Fuß der Treppe war eine einfache schwarze Metalltür, durch die Musik nach außen drang. Sie ließ sich mühelos öffnen.
Gerüche, Lärm, Farben – all das schlug Lily geballt entgegen. Buntes Scheinwerferlicht zuckte durch einen riesigen höhlenartigen Raum voller Tische, Leute, Stimmen und Musik. Die hohe Decke verlor sich in der Dunkelheit, die Musik war laut, und es roch nach Rauch.
Von Tabak oder Pot rührte er nicht her, auch nicht von verbranntem Holz oder irgendetwas anderem, das sie kannte. Es war auch eher ein Duft als richtiger Rauch; ein Aroma, das sie nicht
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