Wolf Shadow Bd. 2 - Magische Versuchung
…
Der Dämon hüpfte immer noch auf der Stelle, halb hysterisch. „Sie werden mich fressen! Sie fressen mich, ich weiß es!“
„Gan!“, rief sie. „Du machst dich selbst zum Ziel! Sei still und leg dich hin!“
Er sah sie direkt an, die merkwürdig hübschen Augen vor Entsetzen geweitet. „Sie werden mich fressen!“, kreischte er. „Ich werde nicht mehr sein! Du hast eine Seele, du wirst weiter sein, aber ich nicht! Ich werde für immer verschwinden!“
Hilflos starrte sie ihn an. Sollte sie sich auf ihn stürzen und ihn einfach zu Boden reißen? Würde sie das überhaupt schaffen? Er war zwar klein, aber viel schwerer, als er aussah …
„Nein!“, schrie sie und griff nach dem Wolf – aber zu spät.
Er sprang aus der Vertiefung. Hatte er den Verstand verloren? Glaubte er wirklich, er könnte gegen sie ankommen oder ihnen davonlaufen oder … nein. Oh, nein!
„Er ist verrückt!“ Auch der Dämon glotzte dem Wolf hinterher, als er davonrannte. Er versuchte nicht, auszuweichen, sondern rannte einfach – schnell, sehr schnell. Auch nicht direkt auf die Drachen zu, sondern machte einen großen Bogen. „Er kann ihnen nicht davonlaufen!“
Nein, das konnte er nicht. Er wollte sie ablenken. Indem er sich selbst als Beute darbot.
Auf einmal war sie auf den Beinen und konnte sich doch nicht erinnern, aufgestanden zu sein. Sie sah zu, wie eine der wunderbaren legendären Kreaturen sich von den anderen trennte, ihre Schwingen anlegte, abtauchte und sich direkt auf Rule stürzte, wie ein Pfeil, der von dem Bogen eines Riesen abgeschossen worden war. Sie beobachtete immer noch den furchtbaren Sturzflug, als die drei anderen ihre Schwingen anlegten und ebenfalls hinabstießen.
Der, der Rule im Visier gehabt hatte, packte ihn im Flug, streifte dabei kurz den Boden und erhob sich wieder in die Lüfte.
Vier Sekunden später verdunkelte ein Schatten das Leuchten des Himmels. Dann legten sich Krallen um ihren Leib.
23
Cynna hasste Krankenhäuser. Wie wahrscheinlich jeder, der nicht in einem arbeitet, dachte sie – und vielleicht sogar ein paar von denen. Allein bei dem Geruch wäre sie am liebsten umgekehrt.
Aber es gab Schlimmeres. Also trat sie aus dem Aufzug und betrachtete missmutig die Pfeile an der Wand, die ihr den Weg zu der gesuchten Zimmernummer wiesen.
Okay, zur Dreihundertvierzehn musste sie nach links. In einem ziemlichen Tempo lief sie den Flur hinunter, ihre Umhängetasche unter den Arm geklemmt, die Blumen, die sie in einem Lebensmittelgeschäft kurz zuvor erstanden hatte, fest mit der anderen Hand umklammert. Gesellschaftliche Umgangsformen waren in ihrer Erziehung nicht gerade großgeschrieben gewesen, aber ein paar hatte sie doch aufschnappen können. Wenn man jemanden in einem Krankenhaus besuchte, brachte man Blumen mit.
Cynna war keine Frau, die Zeit verlor, und mit einer guten Portion Wut im Bauch schlüpfte sie rasch am Schwesternzimmer vorbei. Eine Krankenschwester mit hüpfendem Pferdeschwanz rief ihr nach, sie solle stehen bleiben. Aber das überhörte sie einfach.
Verfluchte Bürokraten. Sie hatte gedacht, Ruben sei anders, aber er hatte schließlich doch kapituliert, war unter dem Druck eingeknickt. Nun, dabei würde sie jedenfalls nicht mitmachen.
Sie streckte gerade die Hand nach der Tür des Zimmers dreihundertvierzehn aus, als die Schwester – das hartnäckige kleine Biest – sie am Arm zurückhalten wollte. „Miss! Ich habe versucht, es Ihnen zu sagen. Sie können da nicht rein.“
Langsam drehte Cynna sich um. „Fassen Sie mich nicht an.“
Jetzt erst konnte die Frau einen Blick auf Cynnas Gesicht werfen. Ihre babyblauen Augen wurden groß.
Es hatte eine Zeit gegeben, als Cynna es genossen hatte, wenn man sie anstarrte. Das zeigte ihr wenigstens, dass sie nicht unsichtbar war. Aber dann irgendwann hatte es sie geärgert. Jetzt bemerkte sie es meistens gar nicht mehr, aber im Moment war sie ein wenig gereizt.
„Was ist los?“, fragte sie. „Habe ich Dreck im Gesicht? Ist mein Lippenstift verschmiert?“
„Äh …“ Die Frau blinzelte. „Sie tragen keinen Lippenstift.“
„Echt?“ Cynna grinste auf eine Art, die, wie sie wusste, die Leute nervös machte. „Warum starren Sie dann so?“
Doch so schnell gab sich die Schwester mit dem hüpfenden Pferdeschwanz nicht geschlagen. „Wegen Ihrer Tattoos. Tut mir leid, das war unhöflich. Bitte entschuldigen Sie, aber Sie haben nicht angehalten. Sie können dort nicht rein, Miss. Die Besuchszeit ist
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