Wolf Shadow Bd. 2 - Magische Versuchung
Danke“, sagte er, als er an der letzten vorbei war. Ein sonderbarer Geruch hing nahe der Tür ganz schwach in der Luft. Er beugte sich vor, um zu schnüffeln, konnte ihn aber nicht identifizieren.
Lily war auf der anderen Seite. Er spürte ihre Nähe durch eine langsame Bewegung unter seinem Brustbein. Mit hämmerndem Herzen klopfte er an die Tür. Pressspan.
„Das nutzt nichts!“, schimpfte eine der Frauen. „Meinen Sie, wir hätten das nicht schon probiert?“
Der Knauf ließ sich drehen, aber die Tür bewegte sich nicht. Auf der anderen Seite verriegelt, vermutete er.
„Und das haben wir auch probiert“, sagte die Frau sarkastisch.
Rule rammte die Faust durch die Tür.
Holz splitterte. Jemand kreischte. Er griff durch das Loch und fand den Riegel. Er war glitschig von seinem Blut, aber er packte fest zu und zog daran. Er drückte die Tür auf.
Lily lag auf dem Rücken, vor den Waschbecken. Vollkommen regungslos.
2
„Und warum“, fragte Rule mit mühsam beherrschter Ungeduld, „hast du die Sanitäter fortgeschickt?“
Lily saß inzwischen auf dem Boden des Toilettenraums, inmitten von schimmelgrünem Chiffon, und strich zärtlich mit der Hand über die Kacheln. Im Flur vor der Tür hielt ein uniformierter Polizeibeamter die Neugierigen und Besorgten zurück, während ein anderer damit beschäftigt war, die Leute zu befragen.
Rule saß ebenfalls auf dem Boden – gegen die Wand gelehnt, in sicherer Entfernung von Lily, um nicht Spuren zu verwischen, die der Angreifer eventuell hinterlassen hatte.
Nachdenklich sah sie vor sich hin, als wäre dort eine unerfreuliche Nachricht in unsichtbarer Tinte geschrieben. „Sie wollten mich ins Krankenhaus bringen.“
Er starrte seine Herzensfrau an, die einzige Frau auf der Welt für ihn … den dickköpfigen Dummkopf, der ärztliche Behandlung abgelehnt hatte. „Unglaublich. Was hast du dir nur dabei gedacht?“
Ihre Lippen zuckten. Endlich löste sie den Blick von den offenbar so faszinierenden Kacheln. „Ich tue es später. Ich habe zwar Kopfschmerzen, aber mir geht es gut, wirklich. Im Gegensatz zu dir habe ich kein Blut verloren.“
„Deine Wunde hat sich geöffnet.“
„Aber sie hat kaum geblutet, und ich bin bereits mit Antibiotika vollgestopft. Meine Schwester hat mich untersucht.“
„Ja, und gesagt, dass du wahrscheinlich eine Gehirnerschütterung hast …“
„Nur eine leichte Gehirnerschütterung.“
„ … und dass du in die Notaufnahme fahren und dich untersuchen lassen solltest.“
„Dort würde man auch nur feststellen, dass mein Kopf schmerzt, und mir sagen, dass ich mich ausruhen soll. Und das tue ich gerade.“
„Du leitest eine verdammte Untersuchung!“
„Ich habe nicht viel Zeit, bevor die Leute von der Spusi hier auftauchen.“
„Wer taucht auf?“
Sie rollte mit den Augen. „Die Spurensicherung. Ich wollte mir einen Überblick verschaffen, bevor sie hier sind. Oder Karonski.“ Ein letztes Mal betrachtete sie nachdenklich den Boden und hielt ihm dann ihre Hand hin. „Mehr erfahre ich hier nicht. Hilfst du mir auf?“
Rasch stand er auf, ging zu ihr hinüber und ergriff ihre Hand. Mit einem kleinen Ruck war sie auf den Beinen und in seinen Armen. Er streichelte sanft ihr Haar. Ihr Duft berührte ihn in seinem Innersten und besänftigte seinen Unmut.
Doch die Furcht blieb. Er holte tief Luft und zitterte innerlich. „Verdammt, Lily. Dein Gesicht hat die Farbe von verschwitzten Sportsocken.“
„Vielen Dank, das ist gut zu wissen.“ Aber sie lehnte sich gegen ihn, und er genoss es, ihre Wärme, das Gewicht ihres Körpers zu spüren. Ihre Nähe bedeutete kribbelnde Erregung und tröstliche Verbindung zugleich. Er wusste, dass auch sie Kraft aus diesem Kontakt schöpfte. So weit hatte sie bereits das Band der Gefährten akzeptiert. Sie leugnete es nicht länger aus der Angst heraus, dass ihre eigenen Bedürfnisse sie irgendwann überwältigen würden.
Dennoch wollte sie nicht mit ihm zusammenleben. Das, versprach Rule sich selbst, würde sich ändern. Nach diesem Überfall würde selbst Lily nicht mehr darauf bestehen, sowohl sein als auch ihr Leben irgendeinem absurden Verständnis von Unabhängigkeit zu unterwerfen.
„Der Uniformierte starrt uns an“, murmelte sie.
„Hmm.“ Der Uniformierte, wie sie sich ausdrückte, war nicht glücklich über einen Lupus am Tatort. Der erste Impuls des Mannes war es gewesen, Rule schon aus Prinzip festzunehmen. Als ihm das verwehrt worden war, hatte er Rule
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