Wolf Shadow Bd. 2 - Magische Versuchung
eines Atemzuges. „Ich traf Claire, als Nettie zwölf war. Wir hatten keine Kinder zusammen.“
Ein Dutzend weiterer Fragen lagen Lily auf der Zunge. Sie war sich ziemlich sicher, dass Benedicts Auserwählte gestorben war, aber wie und wann wusste sie nicht. Sie hätte gern gewusst, was passierte, wenn einer der Partner, die durch das Band der Gefährten aneinandergebunden waren, starb. Welche Auswirkungen hatte das auf den anderen?
Auch hätte sie ihn gern Persönliches gefragt. Hatte er Claire geliebt? Waren sie Freunde gewesen, nicht nur Liebende? Welche Grenzen hatte ihr Band gehabt? Hatten sich ihre Fähigkeiten auf die gleiche Art gemischt wie ihre und Rules?
Lily war beruflich daran gewöhnt, sehr persönliche Fragen zu stellen, oft gerade dann, wenn die Gefühle der Befragten tief verletzt waren. Aber dies war keine Befragung, und Benedicts Zurückhaltung war tief verankert. „Danke für deine Antwort“, sagte sie schließlich.
Ein Hauch von Belustigung klang in seiner Stimme mit. „Das war alles, was du wissen wolltest?“
„Nein, aber …“
Ihr Handy klingelte. Sie griff in ihre Tasche und nahm den Anruf an. „Ja?“
„Lily Yu?“, sagte eine ihr unbekannte männliche Stimme.
Sie runzelte die Stirn. Nur wenige Personen kannten diese Nummer. „Wer ist denn da?“
Er lachte leise. Ein angenehm männlicher Klang. „Ich glaube, wir haben noch nicht miteinander gesprochen. Ich bin Patrick Harlowe.“
Mit einem Schlag war sie hellwach. Sie setzte sich auf. „Wie nett, dass Sie anrufen. Ich bin auf der Suche nach Ihnen.“
„Das habe ich gehört.“ Er hatte eine dieser vollen Stimmen, die alles, was sie sagen, bedeutungsvoll und vertraulich klingen lassen. Wie ein Fernsehprediger, dachte sie. Oder jemand, der im Teleshopping nachts Küchenutensilien mit Erfolg verkauft. „Bisher haben Sie noch nicht viel Glück gehabt, was?“
„Noch nicht.“ Lass ihn reden. Sie würde sein Spielchen mitspielen und ihn weitersprechen lassen. Wenn man das schaffte, gaben die Leute immer mehr preis, als ihnen klar war. „Wie sind Sie überhaupt an diese Nummer gekommen?“
„Auf dieselbe Weise, auf die ich in letzter Zeit so viele andere interessante Dinge erfahren habe – ich habe sie von Ihr, die beinahe allwissend ist. Wäre das nicht auch in Ihrem Beruf sehr praktisch?“, fügte er hinzu. „Wenn Sie jeden Beliebigen beobachten oder belauschen könnten?“
„Das ist wahr. Aber Sie sagen ‚beinahe‘? Das bedeutet doch wohl, dass Sie nicht allwissend ist, oder? Lupi kann Sie nicht beobachten. Und mich auch nicht. Und Sie kann nicht mit Ihnen direkt sprechen.“ Oder konnte Sie es doch? Gott, wenn der Stab Harlowe tatsächlich telepathisch gemacht hatte und er jetzt in der Lage war, seine Anweisungen und Informationen direkt von Ihr zu empfangen …
„Sind Sie sich da ganz sicher?“, fragte er nachsichtig wie ein Lieblingsonkel seine vorlaute Nichte. „Aber in diesem Fall haben Sie recht. Sie ist nicht ganz allwissend. Doch wie Sie an diesem Anruf sehen, haben wir Mittel und Wege gefunden, uns an die wenigen Beschränkungen, die Ihr auferlegt sind, heranzutasten. Aber auch das Telefon hat seine Grenzen, finden Sie nicht auch? Es ist doch viel netter, wenn man sich persönlich kennenlernt.“
„Sollen wir uns zum Lunch verabreden?“, fragte Lily trocken. „Dann lassen Sie mich schnell mal in meinen Terminkalender schauen.“
„Lunch ist nicht so meine Sache.“ Er klang erheitert. Offenbar amüsierte er sich prächtig. „Wie wäre es denn jetzt gleich? Es ist vielleicht ein bisschen spät, aber ich bin so schrecklich beschäftigt in letzter Zeit.“
Lily warf Benedict einen Blick zu. Sein Gesichtsausdruck zeigte nichts als volle Konzentration.
Natürlich. Er hörte Harlowe ebenfalls zu. „Ich habe heute Abend noch nichts vor. Wo sollen wir uns treffen?“
„Ich fürchte, Sie müssen zu mir kommen. Und ich muss darauf bestehen, dass Sie niemanden darüber informieren. Niemanden, Lily – abgesehen von Ihrem Fahrer selbstverständlich.“
Er wusste, dass jemand sie fuhr? Lily sah Benedict an. Sie hatte die Fähigkeit, in Gedanken zu sprechen, nicht verloren, auch wenn sie nicht mehr in der Lage war, es zu hören: Werden wir verfolgt?
Er schüttelte den Kopf.
„Das gilt auch für Ihren Fahrer. Keine Anrufe. Wenn jemand von unserem kleinen Rendezvous erfährt, würde mich das kränken, und ich fürchte, ich mag nicht, wenn man mich kränkt. Und ich werde es auf jeden Fall
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