Wolf Shadow Bd. 2 - Magische Versuchung
erfahren, Lily.“ Seine Stimme wurde leise. „Die, der ich diene, kann Sie vielleicht nicht beobachten, aber das ist auch nicht nötig. Sie kann die anderen im Auge behalten, die Sie möglicherweise anrufen würden. Wie Ihre Kollegen beim FBI oder die Polizei … oder sogar Ihre Familie.“
Lilys Nacken war auf einmal schweißfeucht, als habe sie dort jemand mit einem nasskalten Tuch berührt. „Gut. Wo treffen wir uns?“
„Die Wegbeschreibung gebe ich Ihnen gleich. Zuerst aber will noch jemand mit Ihnen sprechen.“
„Warten Sie …“
Aber er hatte das Telefon bereits weitergereicht. An jemanden, dessen Stimme Lily vor Angst erstarren ließ.
„Lily?“ Beth Yu sprach, wie immer – schnell und fröhlich. „Patrick möchte, dass ich dir versichere, dass es mir gut geht. Warum, weiß ich auch nicht genau. Ich weiß noch nicht mal, warum er mich überhaupt hierher hat kommen lassen. Ich finde es hier überhaupt nicht schön. Aber das ist schon in Ordnung. Das hat Patrick gesagt. Er wird sich um mich kümmern.“
Die Kerzen waren halb heruntergebrannt. Sie hatten viel diskutiert und doch wenig beschlossen, und bald war es Zeit für Cullens zweiten Auftritt.
Eigentlich hatte er es nicht mehr nötig zu tanzen. Nicht für Geld zumindest. Rule hatte angenommen, dass er kündigen würde, als der Rho ihn auf die Honorarliste des Clans gesetzt hatte – „wie einen bescheuerten Rechtsanwalt“, hatte Cullen gesagt. Aber er war weiterhin aufgetreten, zwei Shows an zwei Abenden in der Woche. Er hatte Rule gesagt, er würde das Extrageld brauchen.
Auch wenn er es vielleicht selbst glaubte, Rule tat es nicht. Geld war für Cullen nie besonders wichtig gewesen. Für ihn war es lediglich ein Mittel gewesen, seine heiß geliebten Papierfetzen zu erstehen, Schnipsel aus alten Zauberbüchern und Ähnliches. Nein, Rule war zu dem Schluss gekommen, dass das Tanzen Cullen etwas gab, das er brauchte.
Aber im Moment war es einfach nur lästig. „Wir sollten bald zum Schluss kommen“, nutzte er die erste Gelegenheit, sich in die Gespräche einzuschalten. „Und seid vorsichtig mit dem, was ihr sagt, wenn der Zirkel erst einmal unterbrochen ist.“ Er war sich sicher, dass es noch viele andere Treffen nach diesem hier geben würde – vielleicht weniger formell, aber dafür ergebnisreicher.
„Mir ist immer noch nicht klar, was du erreichen willst.“ Ben war missgestimmt. „Was willst du von uns? Darüber zu reden, Sie zu bekämpfen, ist ja gut und schön. Aber Sie ist nicht hier.“
„Haltet die Augen auf“, sagte Rule ohne Umschweife. „Und die Nase am Boden. Findet heraus, ob euer Clan bestätigen kann, was ich über die Welten gesagt habe. Dass sie sich verschieben, sich verändern. Ich habe euch zum Beispiel von der Sichtung einer Todesfee in Texas erzählt.“
„Mutmaßlichen Sichtung“, korrigierte ihn Javiero. „Aber ich habe es überprüft, und die Zeugen scheinen glaubwürdig.“
„Was passiert in euren eigenen Territorien?“, fragte Rule. „Berichtet uns, wenn ihr irgendetwas Ungewöhnliches beobachtet. Versucht herauszufinden, was andere Andersblütige möglicherweise wissen oder vermuten. Du, Ben, könntest dich mit den Trollen in Verbindung setzen und sie fragen, ob sie auch Veränderungen festgestellt haben.“ Bens Clan hatte seinen Hauptsitz in Skandinavien, wo die einzige noch existierende Trollpopulation ansässig war.
„Trolle.“ Ben schnaubte. „Hast du schon einmal versucht, mit einem von ihnen zu reden? Genauso gut könnte man mit einem Baum sprechen wollen.“
„Da wir einmal beim Thema sind“, sagte jemand. „Ich biete mich an, mit den Dryaden zu reden.“
Dieser Witz erntete einiges Gelächter. Dryaden waren bekannt dafür, sehr schüchtern zu sein … und sehr liebeshungrig, wenn sie einmal ihre Schüchternheit überwunden hatten.
Ito schüttelte den Kopf. „Mit Trollen und Dryaden kenne ich mich nicht aus. Aber ich weiß, wie man mit Bäumen umgeht. Man redet nicht mit ihnen, man hört ihnen zu.“
Darauf schwiegen alle einen Moment peinlich berührt. Ito war beliebt, aber manchmal ein wenig exzentrisch.
„Wir schweifen ab“, sagte Randall. „Wenn wir nach Anomalien Ausschau halten sollen, ist das, als würden wir auf den Buchstaben S achtgeben. Wenn man erst einmal darauf achtet, sieht man ihn plötzlich überall. Natürlich werden die Leute merkwürdige Vorkommnisse finden, wenn sie danach suchen.“
„Der Buchstabe S kommt häufig vor. Merkwürdige
Weitere Kostenlose Bücher