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Wolf Shadow Bd. 3 - Dunkles Verlangen

Wolf Shadow Bd. 3 - Dunkles Verlangen

Titel: Wolf Shadow Bd. 3 - Dunkles Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Wilks
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Beispiel, aber das bedrückende, angespannte Schweigen machte sie nervös. Sie versuchte sich abzulenken, indem sie die anderen Männer aufmerksam musterte, insbesondere Gunning.
    Brady Gunning war ein kantiger Mann, als wäre es ihm nicht gelungen, seinen Körper nach dem letzten Wachstumsschub ganz auszufüllen. Seine dunkelblonden Haare erinnerten sie an den alten Ofen ihrer Mutter – Herbstgold, so hatte die Farbe geheißen. Er hatte ein schmales Gesicht, eine lange Nase und eine niedrige Stirn. Aus seinen hübschen blauen Augen beobachtete er, wie sie ihn musterte.
    Er sah nicht aus wie ein Psychopath. Genauso wenig wie der Mann, den sie vor ein paar Jahren verhaftet hatte, weil er seinen Nachbarn wegen ein paar Taglilien getötet hatte.
    Jetzt trat die Rhej zu ihnen, und immer noch sagte niemand ein Wort. Schweigend stellten sie sich in zwei Halbkreisen auf. Die gegen uns, dachte sie. Sie stand zwischen Rule und Cullen. Neben Rule hatte Benedict Aufstellung genommen. Sie sahen die Leidolf-Männer an, während die Rhej ein wenigabseits stand, das dunkle Gesicht ausdruckslos.
    „Leidolf“, sagte Brady plötzlich. „Brady Gunning.“
    „Leidolf“, sagte der Mann zu seiner Rechten. „John Ellis.“
    Und so ging es weiter. Erst nannte jeder seinen Clan, dann seinen Namen. Von ihrem Clan sprach Rule als Erster, dann Benedict, und nun erfuhr sie auch seinen Familiennamen: Two Horses, derselbe Name, den auch seine Tochter trug. Das stachelte ihre Neugier an. Er war mit Netties Mutter sicher nicht verheiratet gewesen. Wie kam es also, dass sie denselben Namen trugen?
    Wieder eine Frage, die sie nicht stellen konnte. Als sie an die Reihe kam, sagte sie: „Nokolai. Lily Yu.“ Dann sagte Cullen seinen Spruch auf.
    Das Ritual selbst war kurz, wie anscheinend die meisten Zeremonien der Lupi. Roland Miller trat in ihren Halbkreis und ergriff das Wort, leise aber deutlich. „Ich bin Roland, der Vater von Paul. Die, die bei mir sind, können das bezeugen. Der, der en susmissio zu meinen Sohn war, als er starb, möge zu mir kommen.“
    Rule stellte sich vor Pauls Vater auf. Er war einen ganzen Kopf größer als der alte Mann. Stark und gerade stand er da. „Ich war en susmussio zu Paul. Ich war da, als er getötet wurde, und habe ihn nicht schützen können. Ich habe versagt. Ich entbiete dir die Sohnespflicht.“
    Lily wartete. Ihr Atem stockte. Rule hatte gesagt, es wäre möglich, dass der alte Mann sein Angebot ausschlagen würde, ja, sogar wahrscheinlich, weil es eine Verbindung zwischen Leidolf und Nokolai herstellen würde, die keiner der beiden Clans wollte.
    Plötzlich atmete Roland Miller ein, laut, als habe auch er den Atem angehalten. Seine Stimme war jetzt lauter als eben. „Ich nehme dein Angebot an.“
    Falls Rule erschrocken war, zeigte er es jedenfalls nicht. Rasch ließ er sich auf ein Knie sinken und neigte den Kopf. Das war eine bedingte Unterwerfung, hatte sie gelernt. Rules entblößter Nacken zeigte keine persönliche Unterwerfung, sondern Respekt und die Bereitschaft, sich dem zu beugen, was als Nächstes gesagt würde.
    Nicht, dass sie verstanden hätte, was als Nächstes gesagt wurde. Erst sprach Roland Miller, dann Rule, aber sie griffen auf das Latein zurück, das die Clans der Lupi seit Jahrhunderten als gemeinsame Sprache benutzten. Ein bisschen so wie die katholische Kirche in derselben Zeit, die ebenfalls eine einheitliche Sprache benutzte.
    Doch sie wusste in groben Zügen, was jetzt kam. Um die Sohnespflicht zu empfangen, musste Roland im Gegenzug die Vaterpflicht anbieten: finanzielle Unterstützung, wenn nötig; Rat, wenn erbeten. Und Rule würde fast dasselbe versprechen: finanzielle Unterstützung, wenn es nötig sein sollte; die Übernahme von diversen Clanaufgaben, wenn er darum ersucht würde.
    Da die Worte ihr nichts sagten, lauschte sie der formellen Sprachmelodie und betrachtete die Männer ihr gegenüber. Und sie bemerkte einen Ausdruck auf Bradys Gesicht, der sie beunruhigte.
    Das mit dem Hass konnte sie verstehen, nach allem, was sie bisher über den Mann gehört hatte. Aber warum war der verrückte Sohn des Rho der Leidolf so verdammt zufrieden?

 
    30
    Gott hatte sich einen kleinen Scherz erlaubt. Das nahm Cynna zumindest an. Wie war es sonst zu erklären, dass die Ermittlungen sie ausgerechnet hierhergeführt hatten?
    Das Deli war nicht mehr da, stellte sie fest, als sie den rissigen Bürgersteig entlangschlenderte. Der schwere Trenchcoat schlug ihr um die Knöchel.

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