Wolf Shadow Bd. 3 - Dunkles Verlangen
widersprochen. Nach dem Abendessen war Cullen verschwunden – um sich ein bisschen Klatsch und Tratsch anzuhören, hatte er gesagt. Um seiner Nervosität Herr zu werden, dachte sie.
Der Rest von ihnen hatte Poker gespielt. Keiner der Männer hatte sich auf das Spiel konzentrieren können. Schließlich hatte sie zehn Dollar fünfundsiebzig gewonnen, und Cullen war noch immer nicht zurück, als sie das Licht ausmachten.
Sie hatte nicht gut geschlafen. Normalerweise beruhigte es sie, mit Rule zu kuscheln, aber meistens kuschelten sie, nachdem sie miteinander geschlafen hatten. Mit seinem Bruder auf dem Boden neben dem Bett war das nicht denkbar gewesen, und ihr Körper fühlte sich vernachlässigt.
Komisch, wie schnell ihr Körper immer mehr wollte. Vor nicht allzu langer Zeit war er noch daran gewöhnt gewesen, dass er vernachlässigt wurde. Sie hatte sich streng ermahnt und mit aller Kraft versucht, sich zu entspannen.
Die Lupi, die draußen zelteten, hatten eine andere Vorstellung davon, wie man sich entspannte. Für sie war Partytime.
Nein, nicht mit Alkohol. Wenn er sich richtig ins Zeug legte, konnte sich auch ein Lupus betrinken, hatte Rule gesagt, aber da die Wirkung nicht länger als zehn oder fünfzehn Minuten anhielt, war es die Anstrengung nicht wert. Aber alle im Clan freuten sich, dass sie hier zusammengekommen waren, und brachten das lautstark zum Ausdruck, indem sie kämpften, sangen, schrien, lachten und um ein großes Lagerfeuer herumtanzten.
Und jaulten. Und heulten.
Cullen war gegen zwei Uhr zurückgekommen. Da war sie immer noch wach gewesen.
Mit der Körperpflege nahmen sie es an diesem Morgen nicht so genau; überall waren Leute, und es gab im ganzen Haus nur zwei Badezimmer. Sie und Rule zogen sich als Erste an. Unter dem Hemd und der Jacke trug er den Talisman, den Cullen für ihn gemacht hatte. Vielleicht wirkte er tatsächlich. Seit er ihn trug, hatte er keinen Blackout mehr gehabt.
Sie gingen in den Flur, damit Benedict und Cullen sich anziehen konnten. Nicht, dass einer der Männer etwas gegen ihre Anwesenheit gehabt hätte, aber sie wollte lieber nicht wissen, wie Rules Bruder nackt aussah. Rule beschloss, mit ihr zusammen im Flur zu warten, vor allem, um seine Meinung zu der Frage zu äußern, ob sie ihre Waffe im Zimmer lassen sollte.
Die Diskussion war schnell beendet. Auf keinen Fall würde sie ihr Zimmer unbewaffnet verlassen. Sie ließ ihr Handy in ihre Jackentasche gleiten und wechselte das Thema. „Hilft der Talisman, den Cullen gemacht hat?“
Er warf ihr einen scharfen Blick zu. „Ich habe dir nicht von dem Talisman erzählt.“
„Du hast mir auch nicht von deinen anderen Blackouts erzählt, aber ich bin bei der Polizei. Es ist mein Job, Dinge herauszufinden. Und normalerweise trägst du keine Hühnerfeder um den Hals, also habe ich geschlossen, dass sie von Cullen kommen muss.“
Er schwieg einen Augenblick. „Keine Erinnerungslücken. Jedenfalls nicht, seit ich den Talisman angelegt habe. Ich … äh nehme an, du bist sauer, weil ich dir nichts von den Blackouts gesagt habe.“
„Das war dumm, aber ich verstehe das. Du willst mich beschützen, genau wie ich dich beschützen will.“
„Jetzt fühle ich mich gleichzeitig besser und schlechter.“
Sie lächelte. „Gut.“
Benedict trat aus dem Zimmer. In seiner neuen Jeans, dem dunkelblauen Hemd und der grauen Sportjacke sah er aus wie ein gut gekleideter Berg. Dann erschien Cullen.
Sie war überrascht gewesen, dass Cullen einen Anzug besaß. Sie hatte noch nie gesehen, dass er sich mit seiner Kleidung Mühe gegeben hatte, und das hatte er weiß Gott auch nicht nötig; selbst in der verlotterten Jeans und in den T-Shirts, die er immer trug, sah er umwerfend aus. Trotzdem hätte sie wissen müssen, was auf sie zukam, als sie hörte, dass er sich zur Abwechslung kleiden würde wie ein Erwachsener.
Oder vielleicht auch nicht. Vielleicht konnte sich keine Frau, deren Herz noch schlug, gegen den Anblick von Cullen Seabourne in einem schwarzen, maßgeschneiderten Anzug und in einem schwarzen Smokinghemd wappnen.
Gut, dass Cynna nicht da war. Sie würde ihm ein Bein stellen und ihn niederschlagen, und Lily war sich ganz und gar nicht sicher, dass die anschließende Auseinandersetzung für beide gut enden würde.
Er grinste. „Was denkst du?“
Das müsste er bereits aus ihrem verblüfften Blick geschlossen haben, der, wie sie fand, sein Ego genug gestreichelt hatte. Sie entschied sich für ein mattes Lob.
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