Wolf Shadow Bd. 3 - Dunkles Verlangen
Zwar mit wunderschönen Dingen, ohne Zweifel: einer Truhe aus der Zeit Jakobs I. im Eingang, einem Esstisch, dessen dunkles Holz unter einem Kristallleuchter schimmerte, zwei Queen-Anne-Sesseln und einem vornehmen Sofa. Teure Drucke hingen an den Wänden. Überall standen elegante Nippessachen herum, Seidenblumen, ledergebundene Bücher, Kerzenhalter und Krimskrams aus Messing und Kristall.
Ihre Mutter würde sich hier wohlfühlen.
Als Lily durch das Esszimmer ging, widerstand sie dem Drang, mit dem Arm über die Anrichte zu wischen und die Kristallkaraffe zusammen mit den glänzenden Gläsern auf dem Silbertablett auf den Boden zu fegen.
Weniger Zeug , dachte sie. Mehr Pflanzen . Sie sehnte sich nach einer weißen Wand und nach dem Geruch des Meeres in der Luft.
Hatte sie Heimweh?
Vielleicht wollte sie zu Hause sein und sich die Decke über den Kopf ziehen und sich vor den Monstern, vor der Verantwortung und vor der Veränderung verstecken. Mit einer Decke über dem Kopf war das Leben ganz einfach.
Sie musste sich auf die Zehenspitzen stellen, um durch den Spion in der Tür zu schauen. Der, der ihn angebracht hatte, war davon ausgegangen, dass die ganze Welt mindestens einen Meter siebenundsechzig groß war.
Als sie hindurchsah, prallte sie überrascht zurück.
Die Alarmanlage war immer noch ausgeschaltet. Sie schloss die Tür auf, zog sie auf und erlebte eine zweite Überraschung.
Die zwei Personen vor ihrer Tür hatten offenbar vor, eine Weile zu bleiben. Jede von ihnen hatte eine große Reisetasche dabei. Die Person, die sie durch den Spion gesehen hatte, war ein mittelgroßer Mann mit hellbraunem Haar. So weit sah er ganz normal aus. Ansonsten war er alles andere als normal, er war nämlich atemberaubend, umwerfend toll – der schönste Mann, den sie je kennengelernt hatte.
Cullen Seabourne lächelte sie an. „Hallo, Schätzchen. Sieh mal, was ich gefunden habe.“
Die andere Person auf ihrer Türschwelle war viel kleiner als Cullen, zu klein, als dass sie ihn durch den Spion hätte sehen können. Er war niedlich, nicht sexy, und sein Lächeln hatte nicht das großspurige Selbstvertrauen Cullens.
Er war acht Jahre alt.
„Hi, Lily“, sagte Toby, und seine Stimme war genauso unsicher wie sein Lächeln. „Ist mein Dad zu Hause?“
Bisher hatte Tobys Befragung nicht mehr erbracht als das, was schon Cullen herausgefunden hatte.
Rule und Lily saßen am Küchentisch, zusammen mit Rules erstaunlichem Sohn. Dirty Harry hatte seinen fetten Hintern neben Cullen platziert, der es übernommen hatte, den Braten für die Sandwiches aufzuschneiden.
„Es war ganz leicht.“ Mit seinem entschlossenen Kinn sah Toby einen Augenblick lang aus wie eine Miniaturausgabe seines Großvaters. „Ich bin einfach ins Internet gegangen und habe einen Flug gebucht. Da gibt es ein Kästchen, das man ankreuzen muss, wenn man minderjährig ist, und das habe ich getan.“
„Wie beunruhigend“, murmelte Cullen. Toby glich Rule so sehr, und Rule glich seinem eigenen Vater so wenig, dass ihm die Ähnlichkeit noch nie aufgefallen war. Es lag mehr am Ausdruck als am Knochenbau, vermutete er. Und am Geruch. Keine Frage: Toby war dominant.
„Was?“, blaffte Rule.
Cullen stellte das Untier zu seinen Füßen mit einem weiteren Stück Braten ruhig und zeigte dann mit dem Messer auf Toby. „Guck ihn dir doch an. Siehst du nicht, wie Isens geisterhaftes Bild über seinem jungen, engelsgleichen Gesicht schwebt?“
Toby tat es den Erwachsenen gleich und sah Cullen missbilligend an. „Mein Großvater ist kein Geist.“
„Das ist eine Metapher.“ Cullen widmete sich wieder dem Schneidebrett, um das Messer durch eine Tomate sausen zu lassen, sodass ein sauberes Häuflein Scheiben zurückblieb. „Das heißt, man sagt, dass ein Ding etwas anderes ist, als es eigentlich ist, zur Veranschaulichung. Wie wenn du sagst, dass es schüttet wie aus Eimern, wenn doch nur ganz normale Wassertropfen vom Himmel fallen.“
„Aber warum ist es beunruhigend, wenn ich aussehe wie Großvater?“
„Als die Dickköpfigkeit verteilt wurde, hat sich Isen zweimal angestellt.“ Cullen verteilte Tomatenscheiben auf dem Fleisch, das bereits auf den Brötchen lag. „Und ich glaube, du hast es genauso gemacht.“
„Wir kommen vom eigentlichen Thema ab“, sagte Rule. „Wie hast du den Flug gebucht, Toby? Ich kenne keine Bank, die Kreditkarten auf Kinder ausstellt.“
Toby sah zu Boden. „Ich habe deine benutzt“, gab er zu. „Die Nummern, die
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