Wolf Shadow Bd. 5 - Tödliche Versprechen
spielte die ersten Takte von »The Star-Spangled Banner«. »Sorry«, sagte sie, stand auf und zog das Telefon aus ihrer Jackentasche.
Der Klingelton sagte ihr, dass es Ruben war. Er informierte sie kurz und bündig, ohne dass sie eine einzige Frage stellen musste. »Verdammt«, sagte sie leise. »Nein, ich bin Ihrer Meinung. Noch nicht, zumindest. Danke, Ruben.« Sie legte auf und ließ sich dann einen Moment Zeit, um ihre Gedanken zu ordnen.
Als sie wieder ins Zimmer trat, redete Alicia über die Möglichkeit eines gemeinsamen Sorgerechts. »… nur probeweise. Wenn wir uns einigen können, müssen wir Toby nicht den Strapazen einer gerichtlichen Sorgerechtsanhörung aussetzen.«
»Wenn unsere Einigung schriftlich erfolgt und von einem Richter bestätigt wird«, sagte Rule höflich, »wäre es denkbar – wenn Toby einverstanden ist.«
Sie warf ihr Haar zurück. »Er ist neun Jahre alt. Eine solche Verantwortung können wir ihm nicht übertragen.«
»Ich habe eine Frage«, sagte Lily sanft.
Alicia war so überrascht, als hätte sich einer der Sessel zu Wort gemeldet. »Ja?«
»Hassen Sie Lupi immer noch?«
»Ich habe nie gesagt –«
»Alicia«, sagte ihre Mutter freundlich, »du hast vielleicht nicht dieses Wort gebraucht, aber oft genug betont, wie wenig du Rule und seinem Volk traust.«
Lily nickte nachdenklich. »Wissen Sie, ich finde es nicht gut, wenn Toby bei jemandem aufwächst, der ihn für das hasst, was er ist.«
»Er ist ein kleiner Junge«, sagte Alicia hitzig. »Vielleicht wird er einmal ein Lupus sein, aber –«
»Nein«, sagte Rule. »Er ist jetzt ein Lupus. Er kann sich noch nicht wandeln, aber er ist ein Lupus.«
Alicias Blick schoss zu James. Er sah sie an, und für einen kurzen Augenblick sah Lily so etwas wie Triumph in Alicias Augen aufblitzen. Dann war es auch schon wieder vorbei.
Mist. »Ich hatte wirklich gehofft, Sie wüssten nicht Bescheid«, sagte sie leise.
Verärgert sah Alicia sie an. »Spielen Sie jetzt die geheimnisvolle Orientalin oder wollen Sie mir tatsächlich etwas damit sagen?«
»Sie glauben, Sie könnten verhindern, dass Toby ein Lupus wird, indem sie seinen Wandel unterbinden. Für immer.«
Alicia war gut. Als sie sich zurücklehnte, war nichts als Verärgerung auf ihrem sinnlichen, hübschen Gesicht zu lesen. James dagegen hatte sich nicht so sehr in der Gewalt. Erst sah man Schrecken, gefolgt von Schuld auf seinem durchschnittlichen Gesicht, bis er sich schließlich dafür entschied, leicht verwirrt zu gucken.
»Lily«, sagte Rule ruhig. Nicht mehr.
Sie sah ihn an und litt mit ihm. Er hatte erraten, was sie meinte. An seinen angespannten Gesichtszügen und der gezügelten Wut in seinen Augen erkannte sie, dass er es erraten hatte. »Rubens Ahnung hat sich wie fast immer bewahrheitet. Lass mich das machen, okay?« Ich weiß, wie man einen Verdächtigen festnagelt. Lass mich.
Er hielt ihren Blick lange fest, und vielleicht sah er ihre Entschlossenheit. Er nickte.
»Es gibt«, sagte Cullen langsam, »nur einen Weg, um den Wandel zu verhindern.«
»Das stimmt. Gado wird es genannt, von Gadolinium, dem seltenen Element, das man braucht, um die Droge herzustellen. Die Regierung hat die Formel für Gado entwickelt, als Lupi sich noch zwangsweise registrieren mussten, aber die Anwendung und Herstellung von Gado ist heute illegal – weil Lupi, die man zu lange am Wandel hindert, oft verrückt werden.«
»Unsinn«, fuhr Alicia sie an. »Ich weiß, dass sie das behaupten, aber das stimmt einfach nicht.«
»Eigentlich, Alicia, sagt das FBI das. Die Abteilung für magische Verbrechen des FBI hat früher Lupi eingesperrt und ihnen die Droge verabreicht, und ihre Berichte lassen keinen Zweifel zu. Die Regierung hat sie noch nicht veröffentlicht, obwohl sie unter das Informationsfreiheitsgesetz fallen, aber ich habe sie gelesen. Die Hälfte der Lupi, denen ein Jahr lang Gado verabreicht wurde, beging Selbstmord. Von der anderen Hälfte erlitten dreißig Prozent einen psychotischen Zusammenbruch und von dem Rest wurden beinahe alle katatonisch.«
»Meine Güte«, sagte James. »Alicia –«
»Sie lügt«, sagte Alicia verächtlich. »Sie ist so vernarrt in ihn, dass sie alles sagen würde. Sie gibt ja selbst zu, dass diese angeblichen Berichte der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind. So kann sie sich jede Statistik ausdenken, die ihr passt.«
So verführerisch es war, ihre Überheblichkeit aus der Hexe herauszuprügeln, wusste Lily doch, wo das schwache
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