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Wolf Shadow Bd. 5 - Tödliche Versprechen

Wolf Shadow Bd. 5 - Tödliche Versprechen

Titel: Wolf Shadow Bd. 5 - Tödliche Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Wilks
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Frage.«

 
    20
    Wovor haben Geister Angst?
    Das war, dachte Lily, als sie Rule und Toby durch das Tor folgte, eine sehr gute Frage. Und nicht die einzige, die sie beschäftigte – es juckte ihr in den Fingern, ein paar von ihnen zu notieren –, aber vielleicht die wichtigste. Wenn sie darauf eine Antwort hätte, wäre sie ein gutes Stück weiter.
    Das Tor quietschte, als sie es schloss. Toby sah zu seinem Vater hoch. »Ich habe das Tor gar nicht gehört, als ihr kamt. Ich dachte, ich hätte aufgepasst, aber ich habe es nicht gehört.«
    »Lily und ich sind über den Zaun gestiegen.«
    »Ach ja?« Toby musterte erst Lily, dann den Zaun, offenbar um den Höhenunterschied zwischen beiden abzuschätzen. Beeindruckt sagte er: »Das ist ein ganz schön hoher Zaun.«
    Sie lächelte. »Dein Vater hat mir darübergeholfen, als er wieder zwei Beine hatte.«
    »Aber du warst trotzdem ganz schön leise«, sagte er, wild entschlossen, ihr etwas Nettes zu sagen. »Es … es tut mir leid, dass ich dich Dads Gefährtin genannt habe. Ich habe ganz vergessen, dass ich das nicht sagen soll. Aber ich weiß nicht, wie ich dich sonst nennen soll.«
    Also war sie damit nicht allein. »Das Problem habe ich auch. Was du für Rule bist, weiß ich, aber nicht, was du für mich bist. Aber jetzt habe ich, glaube ich, ein Wort für dich gefunden.«
    »Wie lautet es?«
    »Familie.«
    Als wenn sie seinen Stecker in eine Steckdose gesteckt hätte, hellte sich Tobys Gesicht auf. Schnell sah er hinunter auf seine Füße, als müsste er sie im Auge behalten, damit sie keinen Unsinn anstellten. »Cool«, sagte er wie ein Junge, dem seine Gefühle peinlich waren.
    Am liebsten hätte sie ihn umarmt. »Natürlich ist meine Familie ganz schön verrückt.«
    Grinsend hob er den Blick. »Deine Großmutter ist cool.«
    »Das stimmt.«
    »Toby.«
    Das war alles, was Rule sagte, und in mildem Ton, aber der Junge wurde sofort wieder ernst. Er seufzte und scharrte mit dem Schuh in der Erde. »Bekomme ich jetzt großen Ärger?« Er sah seinen Vater an. »Du hast doch verstanden, was ich dir sagen wollte, oder? Als ich die Spuren hinterlassen habe?«
    »Ja, habe ich.« Rule blieb stehen und legte Toby die Hände auf die Schultern. »Du hast in einer schwierigen Situation ehrenhaft gehandelt. Nicht ganz richtig, aber ehrenhaft. Ich bin stolz auf dich.«
    Das Licht kehrte in Tobys Augen zurück. Er strahlte beinahe, als er wie nebenbei fragte: »Und wie fällt meine Strafe aus?«
    Lily öffnete den Mund, schloss ihn jedoch wieder, bevor sie ins Fettnäpfchen treten konnte. Aber die Liste ihrer Fragen wurde immer länger.
    »Nun.« Rule ging weiter. »Du hast das Haus nachts ohne Erlaubnis verlassen. Und wir sind hier nicht auf dem Clangut.«
    »Ich weiß.« Toby schwieg einen Moment und sagte dann hoffnungsvoll: »Runden laufen?«
    Dad lachte leise. »Eine schöne Strafe wäre das. Du läufst für dein Leben gern. Nein, ich fürchte, es wird etwas mit Mathe zu tun haben. Drei Tage lang jeden Tag eine Seite Bruchrechnen.«
    »Scheiße«, sagte Toby. Dann schob er leiser nach: »Aua.«
    Rule lächelte nicht, aber Lily sah, dass es ihn einige Mühe kostete. »Und eine Extraseite am ersten Tag, weil du geflucht und damit gegen Grammys Regeln verstoßen hast. Toby, ich sehe, dass Lily verwirrt ist, weil ich dich bestrafe, obwohl ich vorher sagte, ich sei stolz auf dich. Würdest du es ihr bitte erklären?«
    »Oh, klar. Also, ich konnte Dad nichts …« Aber als sie die Straße erreichten, blieb er stehen und sah sich schnell nach Autos um.
    Das tat er immer, hatte sie festgestellt. Offenbar war dieses Verhalten typisch für Lupi. Er behielt ständig seine Umgebung im Auge, selbst wenn Erwachsene bei ihm waren, die auf ihn aufpassten.
    Er hielt nur kurz inne. Dann traten sie zusammen auf die leere Straße. »Ich konnte Dad nichts von den Geistern sagen, weil ich es versprochen hatte. Und da es ein echtes Versprechen war, konnte ich nicht einfach beschließen, dass sich auf einmal alles geändert hatte und ich es erzählen musste, verstehst du? Wenn ich mich von jemandem verabschiede und sage: ›Also, bis morgen in der Schule‹, dann ist das kein Versprechen. Ich könnte ja auch krank werden oder so. Aber wenn ich verspreche, morgen zur Schule zu gehen, dann muss ich auch dort erscheinen, selbst wenn ich mir ein Bein breche oder ein Tornado kommt. Bei einem Versprechen gibt es keine mildernden Umstände.«
    Fast hätte Lily über die »mildernden Umstände«

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