Wolf Shadow Bd. 5 - Tödliche Versprechen
gelächelt. Er hatte wie Rule geklungen. Aber Toby meinte es todernst. »Das ist bewundernswert, aber damit hast du die Messlatte sehr hoch gehängt. Ist das ein Lupi-Grundsatz? Oder nur typisch für die Nokolai?«
»Das gilt für alle Lupi. Grandpa sagt, wir sollten nicht zu viele Versprechen machen, deshalb hätte ich Justin und Talia vielleicht lieber nicht versprechen sollen, ihr Geheimnis zu bewahren, ohne gewisse, sagen wir mal, Rahmenbedingungen festzulegen. Damals war ich noch klein«, sagte er mit der ganzen Lebenserfahrung seiner neun Jahre. »Ich wusste noch nicht, dass Rahmenbedingungen wichtig sind. Na ja, und als dann Justin anrief und sagte, die Geister würden Talia nicht in Ruhe lassen, konnte ich es keinem sagen, aber ich wollte, dass Dad es wusste, weil Talia Hilfe brauchte. Und du musstest erfahren, was die Geister dir sagen wollten. Deshalb habe ich, äh, eine Spur für Dad gelegt. Ich habe mein Wort gehalten und einen Weg gefunden, das Richtige zu tun. Aber ich musste die Regeln brechen.«
»Indem du dich aus dem Haus geschlichen hast.«
»Ja. Kinder dürfen sich die Regeln nicht aussuchen, die sie befolgen müssen, genauso wie der Clan sich nicht aussuchen kann, wann er dem Rho gehorcht. Und manchmal muss man einen Preis dafür bezahlen, wenn man das Richtige tut. Ich muss bereit sein, diesen Preis zu zahlen.«
»Ich verstehe«, sagte sie ernst. »Ist Mathe ein hoher Preis?«
»Na ja …« Er warf seinem Vater einen Seitenblick zu. »Nicht richtig hoch. Ich mag es nicht sehr, aber Bruchrechnen kann ich ganz gut, deshalb werde ich nicht sehr viel Zeit dafür brauchen. Hilft dir das, was die Geister gesagt haben, weiter?«
»Ja, obwohl ich noch nicht verstanden habe, was es zu bedeuten hat. Anscheinend ist der Täter ein Mann. Das müsste uns ein Stück weiterbringen.« Sie sah Rule an. »Ein Glück, dass mein Chef ein Präkog ist.«
Überrascht zog er die Brauen hoch. »Ruben hat dies vorausgesehen?«
»Nein, aber erinnerst du dich an den Untersuchungsausschuss, von dem ich dir erzählt habe? Den er eingesetzt hat, nachdem dieser Geist Cynnas Hochzeit gestört hatte?«
Toby wollte sofort alles über den Geist wissen. Lily überließ es Rule nur zu gern, ihm die Geschichte zu erzählen, während sie über Geister nachdachte … und Erinnerungen hervorholte.
Nach dem Vorfall bei der Hochzeit hatte Rubens präkognitive Gabe ihn veranlasst, mehr über Geister zu erfahren. Da die Einheit nicht über ein Medium verfügte, waren die Experten, die er konsultiert hatte, alle Zivilisten gewesen – ein, wie sich herausgestellt hatte, zusammengewürfelter Haufen, der sich aber in einem Punkt einig war: Niemand wusste, warum ein Geist entstand.
Mord war sicher ein Faktor, aber nicht alle gewaltsamen Tode brachten einen Geist hervor. Auch die Plötzlichkeit eines Todes war ein Faktor, aber manchmal entstand ein Geist selbst nach einem schleichenden Tod. Die alte Mär von dem Geist, den etwas Unerledigtes zurückhielt, war zwar wahr, aber viele Menschen mit ernsthaften, aber ungelösten Problemen starben und betraten das große Unbekannte, ohne einen geisterhaften Rückstand zu hinterlassen.
Die meisten Geister blieben nicht lange. Andere schon. Die meisten hatten keine Wirkung auf die physische Welt. Andere doch, mittels Telekinese – Türen, die knallten, Nippes, der aus Regalen fiel, und Ähnliches. Manche Geister waren traurig oder verwirrt. Und einige wenige waren tatsächlich feindselig.
Aber nicht ein Medium hatte von Geistern berichtet, die in seinem Kopf schrien.
Die Experten waren sich nicht einig darin, was ein Geist war. Einige – die, die nicht an ein Leben nach dem Tod glaubten – behaupteten, Geister seien eine Art fest gewordene Energie, die nicht verflog, wenn die Person, die sie hervorgebracht hat, starb. Sie waren nur Muster, keine Personen, ohne wirkliches Bewusstsein von sich selbst. Bis auf eine Frau – und ein Medium war immer eine Frau, warum, wusste niemand – waren alle anderer Meinung.
Lily musste in diesem Punkt den Esoterikern zustimmen. Etwas lebte weiter, wenn der Körper tot war. Man konnte es ebenso gut Seele nennen.
Was Lily Sorgen bereitete, war die Tatsache, dass nicht jedes Medium eine Gabe besaß. Auf Rubens Bitte hin hatte sie alle überprüft. Anscheinend konnten einige Menschen Geister sehen, ohne auch nur einen Hauch von Magie zu haben. Das war durch Doppelblindversuche bestätigt worden, in denen ihre Sichtungen mit denen anderer mit einer Gabe
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