Wolf Shadow Bd. 6 - Blutmagie
Julia zog ein großes, spiralgebundenes Notizbuch aus ihrer sehr großen Handtasche und schob es Lily zusammen mit einem Stift hin. „Du schreibst auf. Ich fürchte, ich habe schon wieder meine Lesebrille verlegt.“
Wahrscheinlich würde sie sich in ihrer Handtasche finden, aber ihre Mutter wollte nicht damit gesehen werden. „Mutter, ich möchte dir danken. Ich war schwierig, ich weiß, aber ich … Zu Beginn hast du meine Beziehung zu Rule nicht gebilligt, aber dann hast du deine Meinung geändert. Du hast dich mit so viel Elan um die Organisation dieser Hochzeit gekümmert. Dafür möchte ich dir danken.“
„Ich billige eure Beziehung immer noch nicht. Er ist wahrscheinlich ein guter Mann, aber er passt nicht zu dir. Er ist ja nicht einmal Chinese.“
Lily zuckte zurück, als hätte man sie geschlagen. „Aber –“
„Lily.“ Ihre Mutter sah sie liebevoll, aber ungeduldig an. Ungefähr dieses Gesicht hatte sie auch gemacht, als Lily mit fünf Jahren zweimal hintereinander ihre Milch verschüttet hatte. „Ich muss nicht mit deinen Entscheidungen einverstanden sein, um dich zu unterstützen.“
„Oh. Dann … dann tust du das also, um mich zu unterstützen, obwohl du nicht mit meiner Wahl eines Ehemannes einverstanden bist?“
„Also wirklich, Lily, was glaubst du, wozu eine Hochzeit da ist?“
Da das genau die Frage war, die sie sich selbst stellte – und darüber hinaus noch einige andere –, war sie kurz sprachlos. „Sag mir, was du meinst, wozu eine Hochzeit da ist. Nein, ehrlich, ich will es wissen.“ Ihre Eltern führten eine glückliche Ehe. Was Lily zwar nicht verstand, aber so war es. Sie wagte eine Vermutung. „Um Kinder großzuziehen?“
„Das ist natürlich wichtig, aber Frauen haben seit Tausenden von Jahren Kinder auch ohne einen Trauschein großgezogen. Die Ehe“, sagte sie entschieden, „und vor allem die Zeremonie, mit der sie besiegelt wird, die Hochzeit … Damit sagen wir der Welt: ‚Diese beiden sind jetzt eine Familie, und mit dieser Verbindung wird auch aus unseren beiden Familien eine. Und das solltet ihr verdammt noch mal auch respektieren.‘“
„Du … Das … Du sagst nie ‚verdammt‘.“ Wärme durchströmte Lily. Ja . Ja, das war der Grund, warum sie Rule heiratete. Auch die anderen Gründe waren wahr, aber das war der Grund, warum das Band der Gefährten und ein gemeinsames Leben nicht dasselbe waren wie eine Ehe. „Danke, Mutter“, sagte sie und griff nach der Hand ihrer Mutter, um sie zu drücken. „Du hast mir geholfen.“
Julia Yu sah überrascht und erfreut aus. „Das hast du noch nicht sehr oft zu mir gesagt“, sagte sie trocken. „Nun, in unserer Situation … Ah, Sandra.“ Julia Yu hob den Blick, um die lächelnde Kellnerin anzusehen, die gerade erschienen war. „Lily nimmt das Orangenhuhn. Ich glaube, ich nehme heute Schwein Moo Shoo.“
Lily öffnete den Mund, um ihrer Mutter zu sagen, sie solle nicht für sie bestellen … und schloss ihn dann wieder. Reine Energieverschwendung. Sie aß wirklich gern Orangenhuhn.
„In deinem Fall“, fuhr Julia fort, als die Kellnerin gegangen war, „wenn die Ehe so, äh, so viel Konfliktpotenzial hat, ist es umso wichtiger, dass die Hochzeit schön wird. Jeder soll sehen, dass deine Familie ganz hinter dir und dieser Ehe steht.“
Selbst, wenn sie es nicht taten, nicht ganz. Aber zum ersten Mal erkannte Lily, dass es ihrer Mutter wichtig war. Und was es ihr bedeutete.
Liebe. Julia Yu wollte ihre Liebe und ihre Fürsorge für ihre Tochter zeigen – vielleicht nicht auf die Weise, die Lily erwartet hatte. Und es konnte sehr gut sein, dass ein paar Bedingungen damit verknüpft waren, die ihr nicht gefallen würden. Doch es geschah aus Liebe.
„Na gut“, sagte sie schwach. Und während sie miteinander sprachen, machte sie sich Notizen.
Als sie bei der wichtigsten Entscheidung ihres Treffens, dem Kleid, angekommen waren, hatten sie fertig gegessen. Ihre Mutter redete über verschiedene Designer, Brautmagazine, die sie gelesen hatte, und wo sie eventuell nach verschiedenen Modellen schauen könnten.
Da hatte Lily auf einmal eine Idee. Und sie fühlte, dass sie genau die richtige war. „Mutter, ich habe nachgedacht“, sagte sie, obwohl das nicht stimmte, nicht bis zu diesem Moment. „Oh, tut mir leid, ich habe dich unterbrochen. Aber ich glaube, ich hätte gern ein Kleid im chinesischen Stil, kein … kein Prinzessinnenkleid oder Ballkleid. Nichts dergleichen.“
Ihre Mutter verstummte. Sie
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